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Foto: Klassenzimmer mit leeren Stuhlreihen und Tafel.
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Übertritt an eine weiterführende Schule

Auf die Realschule, das Gymnasium oder doch lieber die Mittelschule? Diese Frage beschäftigt spätestens ab der vierten Klasse nicht nur die Eltern, sondern immer mehr auch die Kinder.

Eine wichtige Entscheidung – Der Übertritt

Sie erinnern sich noch, wie Sie Ihr Kind am ersten Schultag begleitet haben? Wie sich Ihre Tochter auf den neuen Lebensabschnitt gefreut hat oder Ihr Sohn ein bisschen ängstlich war? Das ist nicht so lange her und doch scheinen Lichtjahre zwischen der ersten und vierten Klasse Grundschule zu liegen. Inzwischen geht Ihr Kind alleine in die Schule, ist in die Klasse integriert und hat Freunde gefunden. Doch nun steht eine wichtige Entscheidung an - der Übertritt an eine weiterführende Schule.

Ihr Kind wird bereits in der dritten, spätestens aber in der vierten Klasse die Veränderungen wahrnehmen. Denn Schule bedeutet jetzt nicht mehr so sehr spielerisches Lernen, sondern Stoffaneignung, erhöhtes Lerntempo und häufigere Proben - der Stress in der Schule nimmt deutlich zu. Und ein Thema tritt immer mehr in den Vordergrund - der Übertritt an eine weiterführende Schule.

Auf welche Schule soll das Kind gehen? Auf die Realschule, das Gymnasium oder doch lieber die Mittelschule? Diese Frage beschäftigt spätestens ab der vierten Klasse nicht nur die Eltern, sondern immer mehr auch die Kinder. Und jedes Kind reagiert anders. Während die Schulfreundin oder der Schulfreund den Stress vielleicht einfach locker wegsteckt, hat Ihre Tochter oder Ihr Sohn mit dem bevorstehenden Schulwechsel eventuell Probleme. Jetzt sind Sie als Eltern gefragt, jetzt braucht Ihr Kind Ihre Hilfe und Unterstützung.

Für welche Schule ist mein Kind wirklich geeignet?

Wenn die Frage nach der richtigen Schulart nicht so einfach zu beantworten ist, brauchen Sie als Eltern vor allem Informationen. Sie müssen erfahren, welche Wege und Möglichkeiten unser Bildungssystem bietet und welche Aussichten ihr Kind später hat, wenn es den einen oder den anderen Weg einschlägt. Neben einer umfassenden Information brauchen Sie aber auch Zeit. Die richtige Schulart für Ihr Kind zu finden, sollten Sie nicht übers Knie brechen, schließlich werden jetzt die ersten Weichen für sein späteres Leben gestellt.

Mehr zum Thema Schularten finden Sie in unserem Beitrag.

Natürlich kennen Sie Ihr Kind am besten, wissen, wo seine Stärken und Schwächen liegen. Sie wissen, dass Ihre Tochter wissbegierig ist und gerne liest, oder dass der Sohn eher praktisch veranlagt ist und mit Leidenschaft bastelt und tüftelt. Aber vielleicht wissen Sie nicht, wie sich diese Neigungen im Schulalltag auswirken oder welche Qualitäten für welche weiterführende Schule notwendig sind. Wie auch immer, Sie sollten sich in jedem Fall mit den Grundschullehrkräften in Verbindung setzen. Auch sie kennen Ihren Sohn oder Ihre Tochter, und sie haben einen objektiveren Blick, kennen das Kind aus anderen Zusammenhängen, wissen, wie es sich schriftlich ausdrücken kann und ob es konzentriert und selbstständig arbeitet. Gerade die Dritt- und Viertklasslehrkräfte sind darauf "geeicht", die Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf den bevorstehenden Schulwechsel zu beobachten. Zudem gibt es im Laufe des Schuljahres mehrere Leistungsnachweise (Zwischenzeugnis, Übertrittszeugnis), die die Entscheidung beeinflussen bzw. leichter machen.

Wie kann ich mein Kind unterstützen?

Egal, welche weiterführende Schule für Ihr Kind in Frage kommt, jetzt braucht es Ihre Unterstützung. Zeigen Sie Interesse, nehmen Sie sich Zeit und stehen Sie ihm zur Seite. Wenn nötig, helfen Sie beim Lernen, aber übertreiben Sie nicht - zu viel häusliche Unterstützung oder exzessive Nachhilfe schaden Ihrem Kind, denn in der Schule ist es auch auf sich allein gestellt.

Ihre Hilfe und Unterstützung braucht Ihr Kind natürlich auch bei der Wahl der Schulart. Sprechen Sie mit ihm, stellen Sie fest, ob und wenn ja welche Vorstellungen Ihr Kind von seiner Zukunft hat. Und überlegen Sie gemeinsam mit ihm, wo es diese am besten umsetzen kann. Wenn die Schulart feststeht, muss eine weitere Entscheidung getroffen werden. Soll Ihr Kind in die Schule um die Ecke gehen oder lieber eine in der nächsten Kreisstadt wählen, weil es dort ein besonderes Angebot gibt?

Überlassen Sie diese Entscheidung nicht ihrem Kind. Denn damit ist ein Viertklässler überfordert. Natürlich möchte es auf die gleiche Schule wechseln wie der beste Freund oder die beste Freundin. Wenn sich dieser Wunsch nicht mit Ihren Vorstellungen deckt, erklären Sie Ihrem Kind, dass es an einer anderen - geeigneteren - Schule ebenso Freunde finden wird. Bauen Sie Ihr Kind in dieser schwierigen Phase auf, vermitteln Sie ihm Selbstvertrauen und geizen Sie nicht mit Lob. Mit Ihrer Unterstützung wird Ihr Kind den Herausforderungen des Schulalltags besser begegnen können.

Was ab 2009/2010 neu geregelt wurde

Das seit Jahren kontrovers diskutierte Thema Schule hat in Bayern dazu geführt, dass mit Beginn des Schuljahres 2009/10 das Übertrittsverfahren weiterentwickelt und die Schularten durchlässiger werden sollten. Während bisher "nur" der Notendurchschnitt des Übertrittszeugnisses bzw. der bestandene Probeunterricht entscheidend für die weitere Schullaufbahn ihres Kindes war, haben jetzt die Eltern mehr Mitspracherecht.

Bereits ab der dritten Klasse sollen die Eltern mit der Lehrerinn oder dem Lehrer ins Gespräch kommen. In Beratungsgesprächen sollen sie gemeinsam überlegen, für welche Schule das Kind geeignet ist. In der vierten Klasse soll klarer zwischen Lern- und Prüfungsphasen unterschieden werden. So könnte es beispielsweise von September bis Oktober eine Lernphase geben und danach eine zweiwöchige Phase für Prüfungen. Zudem wird es eine Richtzahl für Leistungsnachweise geben und die schriftliche Proben müssen angesagt werden. Auch eine zusätzliche Förderstunde ist geplant. In dieser werden die Klassen ab 25 SchülernInnen getrennt, und die stärkeren und die schwächeren Schülerinnen und Schüler getrennt unterrichtet.

Zum Halbjahr erhält jede Schülerinn und jeder Schüler eine sogenannte Zwischeninformation zum Leistungsstand, das Zwischenzeugnis. Im Mai schließlich bekommen alle Schülerinnen und Schüler eine sogenannte Schullaufbahnempfehlung, die sich ähnlich wie das frühere Übertrittszeugnis am Notendurchschnitt der Fächer Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachkunde orientiert. Spätestens dann zeichnet sich also ab, wo die Reise hingeht.

Wer einen Schnitt von 2,33 (Deutsch mindestens 2, Mathematik 2 oder 3 und Heimat- und Sachkunde 2 oder 3, die Summe der Einzelnoten geteilt durch 3) oder besser erreicht, kann auf das Gymnasium bzw. die Realschule übertreten. Schülerinnen und Schüler mit einem Notenschnitt bis 2,66 (Deutsch 2 oder 3, Mathematik 2 oder 3 und Heimat- und Sachkunde 3) sind noch bedingt für die Realschule geeignet. Sie brauchen zwar nicht am Probeunterricht teilnehmen, aber die Eltern müssen an einer Beratungsveranstaltung bzw. einem -gespräch an der jeweiligen Realschule teilnehmen. Wer den nötigen Schnitt nicht erreicht und dennoch an eine Realschule bzw. Gymnasium überwechseln möchte, muss am Probeunterricht der Schule seiner Wahl teilnehmen.

Bei der Anmeldung an der Realschule oder dem Gymnasium muss das Übertrittszeugnis bzw. die Schullaufbahnempfehlung vorgelegt werden. Das gilt auch dann, wenn Ihr Kind seine Fähigkeiten im Probeunterricht erst unter Beweis stellen muss. An den bayerischen Realschulen und Gymnasien wird der Probeunterricht immer Ende Mai, Anfang Juni durchgeführt. Er dauert drei Tage und die Kinder, die in kleinen Gruppen eingeteilt werden, müssen sowohl schriftlich als auch mündlich in den Fächern Deutsch und Mathematik ihre Eignung unter Beweis stellen. Die Aufgaben, die den Stoff des vierten Grundschuljahres umfassen, werden zentral erstellt. Bestanden ist der Probeunterricht mit mindestens einer 3 und einer 4 in beiden Fächern. Aber ab dem Schuljahr 2009/10 gilt auch hier eine neue Regelung. Auch Schülerinnen und Schüler mit den Noten 4/4 (Deutsch und Mathematik) können auf die Realschule oder das Gymnasium ihrer Wahl wechseln. Die Entscheidung liegt bei den Eltern.

Ab dem Schuljahr 2009/10 wird es auch sogenannte Gelenkklassen geben. Das sind die fünften Klassen aller Schularten. Sie sind als eine Art "Pufferzone" gedacht und sollen die Durchlässigkeit des Schulsystems gewährleisten. In den Gelenkklassen der Mittel- und Realschulen und der Gymnasien ist dann ein Jahr lang Zeit, um zu überprüfen, ob die richtige Schule gewählt wurde. Zu diesem Zweck werden Förderstunden mit zwei Zielsetzungen eingeführt: Zum einen sollen leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler, die dem Anforderungsniveau grundsätzlich gewachsen sind, stabilisiert werden, damit sie an der gewählten Schule verbleiben können. Zum anderen kann zum Beispiel eine leistungsstarke Mittel- oder Realschülerin für den Übertritt an eine andere Schulart vorbereitet werden. Grundsätzlich lässt sich festhalten, das neue Verfahren eröffnet mehr Wege, sich begabungsgerecht zu entfalten.

 

Ist die Mittelschule eine Einbahnstraße?

Viele Eltern haben Angst, wenn sich herausstellt, dass ihr Kind "nur" auf die Mittelschule gehen soll. Aber das ist falsch. Die Mittelschule ist keine Einbahnstraße, auch von hier gibt es verschiedene Möglichkeiten für den Einstieg in ein erfolgreiches Berufsleben:

  • Auch die Mittelschule kann zu einem qualifizierten Abschluss (den sogenannten Quali) führen. Er ermöglicht zu einem späteren Zeitpunkt den zweiten Bildungsweg, also das Nachholen bestimmter Schulabschlüsse, wie die Mittlere Reife oder das Abitur.
  • Für Spätentwickler, also für Kinder, die erst in der Mittelschule Geschmack an intensiverem Lernen finden, bieten viele Mittelschulen im sogenannten Mittlere-Reife-Zweig die Möglichkeit an, die Mittlere Reife zu erreichen.
  • In vielen Mittelschulen gibt es auch sogenannte Praxisklassen. Sie fördern insbesondere Kinder, die mit den Fächern Deutsch und Mathematik größere Schwierigkeiten haben. In Kooperation mit der Wirtschaft und Betrieben bekommen die Schüler durch Praktika die Möglichkeit, ins Berufsleben hineinzuschnuppern.

Für Ihr Kind ist es wichtig, auch den Wechsel an die Mittelschule als einen positiven Entwicklungsschritt sehen zu können. Und tatsächlich geht es ja vor allem um Ihr Kind. Wirklich erfolgreich im Leben wird es nur sein, wenn es einen Beruf ergreift, der ihm auch Spaß macht. Und kann eine gute Handwerkerin oder Handwerker nicht genauso glücklich werden wie eine erfolgreiche Ingenieurin oder Ingenieur? Vergessen Sie nicht, jeder Mensch hat seine ganz individuellen Talente und Begabungen. Helfen Sie Ihrem Kind, diese zu finden, schließlich steht das Glück Ihres Kindes im Mittelpunkt.

Hilfreiche Tipps und eine Gesamtübersicht über das bayerische Schulsystem finden Sie auf der Webseite des Bayerischesn Staatsministerium für Unterricht und Kultus.