Hauptinhalt
Foto: Nahaufnahme einer Hosentasche, darin stecken ein Kondom und Verhütungspille.
Kriang kan / Shutterstock.com

Verhütung

Trotz Sexualkundeunterricht in der Schule und allgegenwärtiger Thematisierung des Themas Sex fehlt vielen Jugendlichen heute immer noch grundlegendes Wissen über Sexualität und Verhütung.

Warum das Thema Verhütung mehr denn je wichtig ist

Verhütung ist für viele Eltern noch ein Tabuthema, da es den Blick auf die Sexualität freilegt.

Egal ob es Unwissenheit, Leichtsinn, Schüchternheit der Partnerin oder dem Partner gegenüber, Romantik oder reine Selbstüberschätzung ist: Auch in Zeiten von AIDS und obwohl die meisten Jugendlichen wissen, wie schwer die psychischen Folgen einer zu frühen Elternschaft oder einer Abtreibung wiegen würden, verwendet rund ein Drittel von ihnen vor allem beim „ersten Mal“ keine Verhütungsmittel. 

Immer wieder kommt es zu ungewollten Schwangerschaften bei minderjährigen Mädchen.
Beim Thema Empfängnisverhütung und Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten sollten Eltern nicht ausschließlich auf den Aufklärungsunterricht in der Schule vertrauen, sondern sich einmischen, bevor ihr Kind seinen ersten Sex hat.

Jugendgerechte Informationen zum Thema Verhütung bietet loveline, das Aufklärungsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Doch fällt es ihnen oft schwer, das Thema anzusprechen oder beispielsweise die Zustimmung zur Pille zu geben. Mit Fragen wie „Warum denn jetzt schon?“ oder „Du bist doch noch so jung, denk an die hormonelle Belastung für den Körper“, ermahnen Eltern oft ihre Töchter.

So verständlich die Beweggründe dafür sind, so sollten sich Eltern immer darüber im Klaren sein, dass Jugendliche, die sexuelle Erfahrungen sammeln wollen, eine Gelegenheit dazu finden werden. Verhütung muss daher für Jugendliche eine Selbstverständlichkeit sein, denn sie hat mit Verantwortung sich selbst und der Sexualpartnerin bzw. dem Sexualpartner gegenüber zu tun.

Welche Rolle können wir als Eltern beim Thema Verhütung übernehmen?

Die meisten Jugendlichen geben an, ihr Sexualwissen aus der Schule zu haben. Doch die dort vermittelten meist rein biologischen Fakten reichen längst nicht aus, um Unsicherheiten, Ängste und ganz individuelle Fragen zur Verhütung zu klären. Schülerinnen und Schüler trauen sich nicht, im Rahmen des Unterrichts vor Lehrkräften und Mitschülerinnen und Mitschülern persönliche Fragen zu stellen. Nur in der Familie kann dem heranwachsenden Kind die nötige Intimsphäre geboten werden, die es ihm erleichtert, seine Unsicherheiten über Bord zu werfen. Sie als Eltern können daher nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Sexualität und Aufklärung Ihres Kindes leisten, sondern Sie sind hier an erster Stelle gefragt.

Aufklärung ab dem 10. Lebensjahr

Jungen und Mädchen können ab dem 10. Lebensjahr behutsam auf den Themenbereich Verhütung aufmerksam gemacht werden. Auch in der ständig wiederkehrenden familiären Sexualaufklärung sollte das Thema immer wieder angesprochen werden.

Liberal eingestellte Eltern haben meistens keine Schwierigkeiten, das Thema Empfängnisverhütung entspannt anzusprechen. Ihrem Kind muss klargemacht werden, dass jedes sexuelle Beisammensein ohne zuverlässigen Schutz zur Schwangerschaft führen kann. Dabei sollten Sie Ihrem Kind vermitteln, dass Verhütung nicht nur Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft und vor sexuell übertragbaren Krankheiten wie beispielsweise AIDS bietet, sondern auch Voraussetzung für ein entspanntes und lustvolles Liebesleben ist.

Die jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Verhütungsmethoden sollten im Klartext erwogen werden. Machen Sie Ihrem Kind dabei auch deutlich, dass Empfängnisverhütung nicht allein Frauensache ist.

Achten Sie darauf, Ihre Informationen nicht mit eigenen Schreckenserfahrungen zu bestücken, nur um Ihr Kind von zu frühem Sex fernzuhalten. Kein Mädchen wird auf Sex verzichten, nur weil die Eltern ihr beispielsweise die Pille verweigern. Daher sollte ein Gespräch zur Verhütung niemals mit strengen Maßnahmen oder mit Angstmacherei angegangen werden. Panikmache können bei einem Jugendlichen die Freude an der Sexualität ein Leben lang verderben.

Falls Sie sich befangen fühlen, können Sie auch Bücher hinzuziehen oder Ihre Tochter bzw. Ihren Sohn zu einer Männerärztin oder Männerarzt oder Frauenärztin oder Frauenarzt schicken, wo sie sich in einer neutralen Atmosphäre umfassend informieren können.

Elterliche Ratschläge zum eigenen Intimleben begeistern die wenigsten Jugendlichen. Bleiben Sie trotzdem am Ball, auch, wenn Ihr Kind sich abweisend und genervt zeigt. Ihre elterlichen Signale, dass Sie es nicht bremsen, sondern ihm helfen wollen, werden von ihm sicherlich verstanden werden.

Welche Verhütungsmittel sind für Jugendliche geeignet?

Aufpassen alleine reicht nicht!

Viele Jungen glauben, während des Geschlechtsverkehrs mit „Aufpassen“ genug zur Vorbeugung zu tun, was häufig ein fataler Irrtum ist, denn schon vor der Ejakulation kann aus dem Penis Samenflüssigkeit austreten und eine Schwangerschaft herbeiführen.

Die Anwendung eines Verhütungsmittels ist daher unerlässlich. Das optimale Verhütungsmittel müsste hundertprozentige Sicherheit bieten, leicht anwendbar, billig, ohne Nebenwirkungen und sowohl für Mädchen wie für Jungen anwendbar sein. Ein solches Verhütungsmittel gibt es leider nicht. Darum muss jeder nach seiner momentanen Lebenslage entscheiden, welche Methode für ihn geeignet ist.

Mädchen und Jungen müssen sich allerdings gleichermaßen für die Verhütung zuständig fühlen. Beide Jugendliche sollten daher gemeinsam überlegen, welches Verhütungsmittel für sie infrage kommt. Bei einer solchen Entscheidung kann es hilfreich sein, erfahrene Freundinnen oder  Freunde oder Eltern zu Rate zu ziehen.

Erfahrungsgemäß scheinen für Jugendliche Kondom und Pille die geeignetsten Verhütungsmittel zu sein.

Das Kondom ist das einzige Verhütungsmittel für Männer. Es ist ein hauchdünner Gummischutz, der vor dem Geschlechtsverkehr über das versteifte Glied gezogen wird. Der Samenguss wird aufgefangen. Ein Kondom kann nur einmal benutzt werden. Ein Kondom schützt vor Schwangerschaften, aber auch vor Ansteckungen mit sexuell übertragbaren Krankheiten wie AIDS oder Geschlechtskrankheiten wie Tripper oder Syphilis, es bietet also doppelten Schutz. Für homosexuelle Jungen ist die Benutzung eines Kondoms unverzichtbar.

Ein weiterer Vorteil des Kondoms ist, dass es nur dann zum Einsatz kommt, wenn es tatsächlich gebraucht wird. Nachteilig empfinden dabei allerdings manche Männer und Frauen eine Empfindungseinschränkung beim Geschlechtsverkehr und die störende Unterbrechung im Liebesspiel.

Trotz seiner einfachen Handhabung sollte das Benutzen eines Kondoms von einem Jugendlichen vor dem „ersten Mal“ unbedingt geübt werden. Ungeschickte Handhabung kann dazu führen, dass ein Kondom abrutscht oder reißt.

Kondome können von Jugendlichen in Automaten, Drogerien, Apotheken oder im Versandhandel gekauft werden. In einigen Supermärkten liegen sie an der Kasse aus. Kondome aus Automaten können allerdings spröde und brüchig sein, je nachdem wie lange sie dort schon lagern, daher sollte immer das Verfallsdatum geprüft werden. Außerdem sollten nur Markenkondome mit dem Prüfsiegel (CE) verwendet werden.

Die vermutlich beliebteste Verhütungsmethode ist die Pille, die aus zwei weiblichen Hormonen, dem Östrogen und dem Gestagen (Gelbkörperhormon) zusammengesetzt ist. Die Kombination dieser beiden Hormone stoppt die körpereigene Hormonproduktion, sodass keine Eizellen mehr freigesetzt werden.

Die Pille erfordert eine verantwortungsbewusste regelmäßige Einnahme. Dann bietet sie eine hohe Sicherheit vor Schwangerschaften. In der Vergangenheit wurde Frauen zu zwischenzeitlichen sog. Pillenpausen geraten. Da es die Pille heute in sehr niedrigen Dosierungen gibt, ist dies nicht mehr nötig. Ein Thrombose-Risiko besteht jedoch für Raucherinnen und für Frauen mit Bluthochdruck und Übergewicht. Diesen Frauen raten Gynäkologinnen und Gynäkologen in der Regel von der Einnahme der Pille ab. Die Pille gibt es nur nach Ausstellung eines ärztlichen Rezepts. Mädchen ab 16 Jahren erhalten dieses auch ohne Zustimmung der Eltern.

Junge Frauen, die bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, bekommen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel (Pille, Minipille, Verhütungspflaster, Vaginalring, Dreimonatsspritze, Hormonimplantat, Spirale und Notfallverhütung) erstattet. Ab dem 18. Geburtstag müssen sie eine Zuzahlung leisten.

Da die Pille nur vor Schwangerschaften schützt, nicht aber vor sexuell übertragbaren Krankheiten wie beispielsweise AIDS, sollten Jugendliche in einer frischen Beziehung unbedingt zusätzlich zur Einnahme der Pille auch ein Kondom benutzen.

Die Minipille besteht im Gegensatz zur herkömmlichen Pille nur aus Gestagen und belastet den Körper weniger. Sie muss allerdings täglich zur selben Uhrzeit eingenommen werden, was bei jüngeren Mädchen eine hohe Disziplin und einen sehr geregelten Lebensrhythmus voraussetzt.

Als natürliche Methoden zur Empfängnisverhütung gelten das Temperaturmessen, die Kalendermethode, die Beobachtung des Zervixschleims und der Verhütungscomputer, bzw. eine Zyklus-App. Um ihre Sicherheit zu erhöhen, werden diese Methoden häufig in Kombination angewendet. Die Frau muss ihren Zyklus genau beobachten und oft ein Tagebuch führen, um ihre fruchtbaren Tage voraussagen zu können.

Bei jungen Mädchen sind natürliche Verhütungsmethoden wie etwa die Temperaturmessung sehr unsicher, da der Zyklus oft noch unregelmäßig ist und das Ausrechnen der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage daher nicht zuverlässig ist. Die relativ hohe Versagerquote dieser Methoden ist darauf zurückzuführen, dass sie zudem große Selbstdisziplin verlangen, denn die Temperatur muss jeden Tag und immer zur selben Zeit gemessen werden. Während der fruchtbaren Tage müssen zusätzliche Verhütungsmittel benutzt werden.

Es gibt eine Vielzahl von chemischen Verhütungspräparaten, die beispielsweise als Scheidenzäpfchen (Schaumovulum), Gel, Creme, Schaumspray und Vaginalschwämmchen angeboten werden. Sie alle werden vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt. Da die chemischen Substanzen, mit denen die Spermien abgetötet werden, bei dauerhafter Nutzung auch die Scheidenschleimhaut reizen können, sind sie eher für Frauen geeignet, die nur gelegentlichen Schutz brauchen.

Wie die Minipille enthält auch die Dreimonatsspritze nur Gestagen. Durch eine Spritze ins Gesäß wird der Wirkstoff in den Körper gebracht, wo er drei Monate lang verbleibt. Ein Vorteil gegenüber der Pille ist, dass die Frau nicht an eine tägliche Einnahme denken muss. Nachteilig ist, dass eine Frau, die die Dreimonatsspritze nicht gut verträgt, den Wirkstoff nicht sofort absetzen kann, sondern bis zum Ende der Wirkungszeit warten muss. Nach Absetzen der Behandlung braucht der monatliche Zyklus der betroffenen Frau oft lange, bis er sich normalisiert hat.

Die Spirale besteht aus Kunststoff und ist mit einem Kupferdraht umwickelt. Sie kann nur von der Gynäkologin oder vom Gynäkologen durch einen kleinen Eingriff direkt in die Gebärmutter eingesetzt werden. Das Kupfer macht die männlichen Spermien unfruchtbar. Sollte doch einmal ein Ei befruchtet werden, so verhindert das Kupfer dessen Einnisten in der Gebärmutter. Die Spirale ist eine recht zuverlässige Verhütungsmethode, jedoch kann es bei manchen Frauen zu Kupferallergien oder Unterleibsentzündungen kommen. Jüngeren Frauen mit späterem Kinderwunsch wird vom Einsetzen einer Kupferspirale in der Regel abgeraten, da beim Entfernen ein geringes Risiko einer späteren Unfruchtbarkeit besteht.
Hormonspiralen sind eine Weiterentwicklung der Kupferspirale und enthalten statt des Kupferdrahts ein Gestagen-Depot. Bei der Auswahl der richtigen Verhütungsmethode kann die Frauenärztin oder der Frauenarzt Ihrem Kind beratend zur Seite stehen.

Was können wir tun, wenn unser Kind uns sagt, dass die Verhütung nicht geklappt hat?

Wenn Ihr Kind Ihnen anvertraut, dass es vergessen hat zu verhüten oder die Verhütung aus irgendeinem Grunde nicht funktioniert hat, so sollten Sie auch im ersten Schrecken versuchen, Ruhe zu bewahren. Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass es nicht alleine mit diesem Problem da steht und dass Sie ihm helfen werden.

Bis maximal 72 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr kann ein Mädchen die „Pille danach“ nehmen und damit eine Schwangerschaft verhindern. Wenden Sie sich mit einem solchen Anliegen an die Frauenärztin oder den Frauenarzt oder an die Notfallambulanz einer Klinik.

Sollte Ihre Tochter ungewollt schwanger werden und womöglich auch noch minderjährig sein, so brauchen Sie und Ihr Kind in jedem Fall eine umfassende und professionelle Beratung in einer Schwangerschaftsberatungsstelle, wo ihm in seiner momentanen Konfliktsituation beigestanden wird und über Lösungen und Wege beraten wird.