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Foto: Kleiner Junge und kleines Mädchen sitzen am Fußboden und spielen mit einem Teddybär
veryulissa / Shutterstock.com

Lernen

Kinder sind geborene Lerner. Ihre Neugier treibt sie an. Sie fordern vom Erwachsenen: zeige, erkläre, antworte mir.

Von klein auf Lernen

Kinder und Lernen: sie tun es vom ersten Tag ihres Lebens an, und wenn sie Glück haben, hält ihre Neugier an für immer. Glück haben heißt, dass sie Antworten bekommen auf ihre Fragen, dass ihnen ermöglicht wird, ihre draufgängerische Erfinderlust, ihre Begeisterung für Neues, ihren Wissensdrang zu befriedigen, die Welt zu erfahren.

Wir wissen längst, dass die Voraussetzungen für die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen, zur Problemlösung, zur Fähigkeit zum Umgang mit anderen bereits in der frühesten Kindheit ausgebildet werden. Die Möglichkeiten dazu kann sich ein Säugling noch nicht selbst schaffen. Dazu ist er angewiesen auf die Erwachsenen. Nur sie können seine Bedürfnisse nach Wärme, Geborgenheit, nach Zugehörigkeit und Sicherheit befriedigen, ein Umfeld, das die Lernlust eines Kindes am Leben erhält.

Lernen: Erste wichtige Informationen

In einer zunächst überschaubaren, verlässlichen Umgebung, in enger Nähe zum Erwachsenen, bei der Nahrungsaufnahme, lernt das Kind über erste Gefühlserfahrungen die Welt kennen. Über das Riechen (Brustgeruch der Mutter), Schmecken (Milch), Tasten und über den Hautkontakt (an der Mutterbrust beziehungsweise im Arm des Erwachsenen bei Flaschennahrung) bekommt es wichtige Informationen vermittelt.

Lernlust fördern und erhalten

Sobald das Baby sich selbst fortbewegen kann, erkundet es mehr und mehr die Welt auch auf diese Weise, bis sein Erfahrungsfeld mit zunehmendem Alter und der damit einhergehenden Beweglichkeit immer größer wird. Dabei bleibt das Kind immer darauf angewiesen, dass es seine Erkundungszüge in die Welt in einem geschützten Rahmen machen kann, sodass seine Neugier, seine Lernlust, sein Interesse nicht nur befriedigt, sondern auch erhalten bleiben.

Erste Lernerfahrungen, was geschieht?

Jeder Mensch lernt vom ersten Tag seines Lebens an. Behilflich ist ihm dabei die Fähigkeit, die eine der wichtigsten Formen des Lernens ist: nämlich die der Nachahmung. Mimik, Gestik, Sprache, alles was er sieht und hört, möchte der Säugling auch tun.

Vorausgesetzt, Sie lassen Ihr Kind an Ihrem Leben teilhaben, lernt es bestimmte Dinge von allein. Geben Sie ihm Gelegenheit, sich mit Gegenständen zu beschäftigen, so lernt es sie kennen. Indem es sie betastet, in den Mund steckt, sie herumwirft, findet es ohne Hilfe heraus, was man damit machen kann. Mit seinen Lippen, seiner Zunge und seinen Händen erfasst es die Größe und das Material der Dinge und lernt so ihre Unterschiedlichkeit, ihre Eigenschaften und Merkmale kennen.

Die Muttersprache lernen

Die Sprache der Erwachsenen nachahmend, lallt das Baby, gibt es singend gehörte Laute von sich, bis das Kind schließlich, je größer es wird, zu mehr und mehr Namen, Worten und der Grammatik seiner Muttersprache findet. Das gelingt ihm umso besser, je mehr, deutlicher und korrekter Sie von Beginn seines Lebens an mit ihm sprechen.

Körperliche Geschicklichkeit lernen

Beim Basteln oder beim Teilen mit anderen lernt das Kind etwas über Mengen, beim Malen und in der Bewegung verfeinert es seine körperliche Geschicklichkeit. Ihr Nachwuchs macht in frühester Kindheit unzählige Erfahrungen, die schließlich die Grundlage für weiteres Lernen bilden.

Je mehr Mut Sie ihm dabei machen, indem Sie sich ihm zuwenden, ihn loben, ihn selbstständig tun lassen, umso eher wird er sich seine Neugier erhalten, die schließlich seine Lernlust antreibt und erhält.

Mein Kind lernt nichts!?

Dass ein Mensch nichts lernt, gibt es nicht. Wohl aber können bestimmte Gegebenheiten sein Lernen erleichtern, unterstützen, behindern oder auch stören.

Das eine Kind ist eher ruhig, träumt in den Tag hinein, ein anderes ist lebhaft und ständig in Bewegung. So unterschiedlich sie sind, so verschieden sind auch Neugier, Lernlust, Lernverhalten und Lerntempo der Kinder. Lernen tun sie aber alle.

Entdecken ist Lernen

Beobachten Sie Ihr Kind, wenn es auf der Babydecke liegt. Vielleicht bemerken Sie, dass seine Äuglein hin- und herfliegen. Vielleicht betrachtet es ausdauernd seine Finger oder spielt mit seinen Füßen. Das mag bei Ihnen den Eindruck erwecken, dass es "nichts tut", schon gar nicht etwas lernt. Und doch geschieht genau das. Denn Ihr Kind entdeckt Dinge, die seinem Blick erreichbar sind. Seine Augen folgen vielleicht einem winzigen Staubfussel, der sich in der Luft bewegt, es lernt die Beweglichkeit seiner Finger und Füße kennen, wie sie sich biegen und strecken lassen.

Beobachten ist auch Lernen

Möglicherweise beunruhigt Sie das Verhalten Ihres Kindergartenkindes. Seine Freunde, die zu Besuch sind, vergnügen sich gemeinsam, während Ihre Tochter oder Ihr Sohn abseits sitzt. Sie oder er schaut "nur", sieht vielleicht völlig unbeteiligt aus. Dennoch kann es sein, dass die Tochter oder der Sohn genau beobachten, was die anderen tun. Das unbeteiligt scheinende Zusehen Ihres Kindes liefert eine Menge an Informationen. Es entdeckt, wie unterschiedlich sich seine Freunde verhalten, wie verschieden sie miteinander umgehen. Ihr Kind macht neue Erfahrungen mit seinen Freunden, die wiederum sein Verhalten ihnen gegenüber beeinflussen. Kurz, es lernt.

Mit dem Lieblingsbuch Lernen

Immer wieder blättert Ihr Kind in seinem bereits stark abgegriffenen Lieblingsbilderbuch. Sie finden, es könnte sich endlich einmal etwas anderes ansehen, schließlich besitzt es doch längst eine Reihe weitere Bücher, die es weitgehend unbeachtet lässt. Was kann ihm das alte Buch denn noch bieten? Seien Sie sicher, dass Ihr Kind immer wieder Neues darin entdecken wird, das sein Interesse auf sich zieht. Vielleicht ist es genauer, sorgfältiger als andere Kinder, die sich schon längst einem anderen Buch zugewandt hätten. Sie können darauf vertrauen, dass Ihr Kind, solange es sein Lieblingsbuch immer wieder in die Hand nehmen will, immer noch neue Erfahrungen damit macht.

Zu wenig Lernlust erkennen

Wenn Sie unruhig sind, weil Ihnen Ihr Kind zu wenig neugierig erscheint, weil Sie glauben, dass sich seine Lernlust mehr und mehr in Lernunlust verwandelt, suchen Sie sich Rat und Hilfe in einer Erziehungsberatungsstelle. Es gibt Verhaltensweisen, die bei näherem Hinsehen erkennen lassen, dass ein bestimmtes Benehmen Ihres Kindes nicht auf Lernunlust verweist, es lernt vielleicht nur anders als andere. Möglicherweise wird aber auch deutlich, dass das Lernverhalten Ihres Kindes tatsächlich auffällig ist. In der Beratungsstelle wird man Sie dann darauf hinweisen, wie Sie damit umgehen, wie Sie einer möglichen Lernunlust Ihres Kindes entgegenwirken können.

Manchmal sind es übrigens nur kleine Gegebenheiten, die in der Umgebung des Kindes geändert werden müssen, damit es zu seiner ursprünglichen Lernlust zurückfindet.

Wie kann Lernlust unterstützt oder auch gesteigert werden?

Lernen wird immer auch durch die äußere Situation beeinflusst. Eine Umgebung, in der Gefühle der Wärme und der Geborgenheit vorherrschen, die dem Kind Sicherheit vermittelt, hat einen positiven Einfluss auf sein Lernverhalten (das gilt sowohl für zu Hause als auch für Kindergarten und Schule).

Lernen ändert sich mit zunehmenden Alter

Während bei einem Baby seine Neugier noch auf alles gerichtet ist, das in sein Blickfeld beziehungsweise seine Reichweite gelangt, ändern sich Neugier und damit Lernverhalten mit zunehmendem Alter mehr und mehr. Bei älteren Kindern und Jugendlichen wird beides weitgehend durch bis dahin entwickelte Interessen bestimmt.

Dem Lernen Anreize und Anregungen geben

Grundsätzlich gilt, dass Kinder Anregungen brauchen, die ihre Aufmerksamkeit wecken, ihre Nachahmungsfähigkeit schärfen, ihre Lernlust steigern. Das sind in jeder Altersstufe natürlich andere.

Während einen Säugling sich im Wind bewegende Blätter faszinieren oder ein Gegenstand, der in Sichtweite über seinem Bett angebracht ist, ist es bei einem größeren Kind der Ball, mit dem es allein oder mit anderen zusammen spielen kann. Oder es sind Kastanien, die es sammelt, deren glatte Haut es gern spürt, die es zum Basteln verwenden kann. Der Umgang mit Büchern kann für ein kleineres Kind Anreiz sein, unbedingt Lesen lernen zu wollen, während es dem größeren eine Möglichkeit bietet, allein in andere Welten "abzutauchen", darin seiner Phantasie freien Lauf zu lassen.

Loben gehört dazu

Unabhängig vom Alter sind alle Kinder darauf angewiesen, dass sie für ihr Tun gelobt werden, also Anerkennung bekommen (sie kann auch durchaus kritisch sein, dabei sollten Sie nicht vergessen, auch das Positive hervorzuheben). Damit vermittelt man ihnen ein Gefühl des Erfolgs - und der ist unabdingbar für den Erhalt lustvollen Lernens.

Wodurch kann Lernlust gestört werden?

Kinder machen ungeheure Erfahrungen über eigenes Tun und Ausprobieren. Sie hören wie es "quatscht", wenn sie durch Matsch laufen, sie spüren wie sie nass werden, wenn sie sich bei Regen ungeschützt draußen aufhalten. Laufen sie barfuß über Holzböden, Fliesen oder Teppichböden, erfahren sie, wie unterschiedlich sich die verschiedenen Bodenbeläge anfühlen. Sie lernen, den glatten vom rauen Boden zu unterscheiden, den die einen als angenehm, die anderen als unangenehm empfinden. Tausende von Möglichkeiten gibt es zu erkunden, um die Welt kennen zu lernen. Und diese erscheinen fast jedem Kind grundsätzlich verheißungsvoll.

Dennoch kann dieser Wille zum Lernen durch Umstände in einer Weise gestört werden, die dafür sorgen, dass sich die ursprüngliche Lernlust in Lernunlust verwandelt. Dieser Wechsel kann während jeder Entwicklungsstufe auftreten. Manchmal wundern sich Eltern zum Beispiel, dass ihr Kind plötzlich nicht mehr in den geliebten Kindergarten gehen will oder sie verstehen nicht, dass ihr in den Grundschuljahren so lernbegieriges Kind keine Hausaufgaben mehr machen möchte.

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die die Lernlust eines Kindes beeinträchtigen können. Dazu gehört zum Beispiel, dass

  • ihm die persönliche Zuwendung und das Interesse von Eltern, Erzieherinnen oder Erzieher im Kindergarten, Lehrkräften fehlt,
  • ihm keine Anregungen geboten werden,
  • das Familienklima zu belastend ist (Streit zwischen den Eltern oder zwischen Eltern und Kind, Unruhe und Lärm),
  • es zu hoch gesteckte Ziele erfüllen soll (das Kind besucht auf Wunsch der Eltern eine Schule, für die es nicht geeignet ist),
  • Ihr Kind sich in der Pubertät befindet (es ist eine Lebensphase, in dem es intensiv mit sich selbst beschäftigt ist und gleichzeitig große Anforderungen von der Schule an es herangetragen werden),
  • das Klassenklima nicht stimmt (kein Zusammenhalt in der Gemeinschaft)
  • Ihr Kind von gewalttätigen Mitschülern bedrängt wird,
  • Ihr Kind Lehrkfräfte hat, die ihm Angst einflößen.

Was auch der Grund für die Lernunlust Ihres Kindes sein mag, bemühen Sie sich frühzeitig um Rat und Hilfe. Tauschen Sie sich mit anderen Eltern aus, die mit ihren Kindern ähnliche Erfahrungen machen wie Sie. Wenden Sie sich an Erzieherinnen und Erzieher im Kindergarten, Vertrauenslehrer*innen in der Schule oder an eine Erziehungsberatungsstelle.

Je eher Sie herausfinden, welcher Umstand die Lernlust Ihres Kindes stört, umso besser kann ihm geholfen werden.