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Foto: Trauriger kleiner Junge sitzt in der Hocke auf dem Fußboden und verschränkt seine Arme vor dem Gesicht
New Africa / Shutterstock.com

Vernachlässigung

Je jünger das Kind, umso mehr ist es auf die Ernährung, Pflege, gesundheitliche Versorgung, Aufsicht, Schutz und Anregung durch seine Erziehungspersonen angewiesen.

Was ist unter körperlicher Vernachlässigung zu verstehen?

Eltern, die bei ihrem Kind diese grundlegenden Lebensbedürfnisse nicht oder nicht ausreichend wahrnehmen, sie andauernd oder wiederholt nicht erfüllen, beeinträchtigen oder schädigen die Entwicklung ihres Kindes.

Um die grundlegenden körperlichen Lebensbedürfnisse eines Kindes sicherzustellen, müssen Eltern zum Beispiel auf folgende Dinge achten: Ausreichende und ausgewogene Ernährung, angemessene Körperpflege, ausreichend saubere und witterungsgerechte Kleidung, dem Alter des Kindes entsprechende und regelmäßige Schlafenszeiten. Wichtig ist zudem die Wahrnehmung der Früherkennungsuntersuchungen und das rechtzeitige Aufsuchen eines Kinderarztes im Krankheitsfall.

Körperliche Vernachlässigung ist Ausdruck einer Überforderung der Eltern im Hinblick auf die alltäglich notwendige Grundversorgung des Kindes.

Was ist unter seelischer Vernachlässigung zu verstehen?

Es gibt nicht nur körperliche Vernachlässigung, sondern auch emotionale Vernachlässigung, die sich in zu wenig Aufmerksamkeit, Liebesentzug, ständiger Gefühlskälte bis hin zu Feindseligkeit zeigen kann.

Beispiele hierfür sind: Das Kind erhält nur wenig Zuwendung und Förderung, es wird nicht altersentsprechend beaufsichtigt, nicht vor Gefahren geschützt, notwendige Regeln des Zusammenlebens werden nicht vermittelt. Oft fehlen dem Kind soziale Kontakte zu Gleichaltrigen und Erwachsenen. Vernachlässigte Kinder sind für einen längeren Zeitraum der fehlenden Versorgung, Nichtbeachtung oder Missachtung ausgesetzt.

Seelische Vernachlässigung kommt in allen sozialen Schichten vor. Manchmal kommt es hier zu einer Mischform: Auf der einen Seite werden einige Bedürfnisse im Überfluss erfüllt, auf der andere Seite andere Grundbedürfnisse nur unzureichend erfüllt. Ein typisches Beispiel ist hier, dass ein Kind mit Spielzeug oder anderen materiellen Angeboten überschüttet wird und gleichzeitig die emotionalen Bedürfnisse nur unzureichend erfüllt werden.

Welche Folgen können entstehen?

Körperliche Vernachlässigung wie beispielsweise nicht ausreichende Flüssigkeit und Nahrung können insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern von gesundheitsschädlicher bis hin zu lebensbedrohlicher Körperaustrocknung, Unterernährung oder bis zum Tode führen. Gesundheitsgefährdend können sich auch eine extreme Vernachlässigung der Körperpflege oder eine der Witterung unangepasste Kleidung auswirken.

Emotionale Vernachlässigung wie zu wenig Zuwendung, Gefühlskälte oder Feindseligkeit der Eltern können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, zu körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklungsstörungen führen.

Je jünger ein vernachlässigtes Kind ist, umso größer ist das Risiko bleibender Schäden in seiner körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklung bis hin zu lebensbedrohenden oder tödlichen Folgen.

Vernachlässigung im Säuglingsalter kann sich in einer Bindungsunfähigkeit, im Kleinkindalter in Beziehungsstörungen auswirken. Auch das ältere Kind kann in seinem Persönlichkeits- und Selbstwerterleben in schwerwiegender Weise angegriffen und geschädigt werden.

Wohin können sich betroffene Eltern und Mitbürgerinnen und Mitbürger wenden?

Informationen, Beratung und Hilfe werden sowohl von den Kinderschutzeinrichtungen, Erziehungs- und Familienberatungsstellen als auch von dem jeweils örtlichen Kreis- oder Stadtjugendamt angeboten.

Ratsuchende oder betroffene Eltern, die sich nicht an eine Beratungsstelle wenden wollen, können sich vertrauensvoll und anonym über das Elterntelefon beraten lassen. Das gebührenfreie montags bis freitags von 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr und dienstags und donnerstags von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr erreichbar unter: Telefon 0800 1110550.

Die Internetseite www.kein-kind-alleine-lassen.de bündelt Informationen zu Beratungsangeboten. Hierbei handelt es sich um eine Initiative des Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung.

Rund um die Uhr erreichbar sind die evangelische und katholische Telefonseelsorge unter Telefon 0800 1110111 bzw. 0800 1110222. Ebenso das muslimische Seelsorgetelefon: 030 443509821 und die Beratungshotline Zentralwohlfahrt der Juden in Deutschland e. V.: 069 94437163.

Wenden Sie sich an das örtliche Kreis- oder Stadtjugendamt

An diese Beratungsstellen können sich auch Mitbürgerinnen und Mitbürger wenden, die vernachlässigte Kinder beobachten. Besonders Säuglinge und Kleinkinder sind auf das Wahrnehmen und auf die Mithilfe ihrer Umwelt angewiesen.

Schutz und Hilfe für Kinder hat auch das örtliche Kreis- oder Stadtjugendamt zu gewähren. Bei Verdacht auf eine akute Gefahr für Leib und Leben des Kindes oder Jugendlichen zögern sie nicht die Polizei unter 110 zu rufen.

Jeder, insbesondere auch Kinder und Jugendliche in Notsituationen, kann sich an das Jugendamt wenden. Das Jugendamt hat eine gesetzliche Verpflichtung Hinweisen auf eine sogenannte "Kindswohlgefährdung" nachzugehen. Bei der Entscheidung, welche Hilfen und Maßnahmen für die Kinder und Jugendlichen und deren Familien getroffen werden, werden dabei sowohl die Elternrechte, als auch das Kindswohl berücksichtigt. Hier kann es zu einer sogenannten Inobhutnahme kommen, das heißt, das Kind wird vorübergehend an einem anderen Ort untergebracht.

Das Jugendamt hat aber noch viele weitere Möglichkeiten die Familie zu unterstützen und das Wohl des Kindes oder Jugendlichen sicherzustellen. Eine Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt ist nur in akuten Notsituationen zum Schutze des Minderjährigen möglich. Ist der Schutz des Kindes gewährleistet, stellt sich vorrangig die Aufgabe, die Eltern in ihrer Erziehungsfähigkeit zu stärken und ihnen Hilfen zur Erziehung anzubieten.

Eine Inobhutnahme des Kindes sowie eine Entscheidung gegen den Willen der Eltern kann letztendlich nur durch das Familiengericht erfolgen. Auch das Gericht kann Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der Familie verbunden ist, nur anordnen, wenn die Gefährdung nicht auf andere Weise, insbesondere durch öffentliche Hilfen, durch gerichtlich angeordnete Ge- oder Verbote beseitigt werden kann.

Können sich Kinder und Jugendliche selbst Hilfe holen?

Hilfesuchende Kinder und Jugendliche, die sich keiner vertrauten Person öffnen können oder wollen, finden Information und Beratung unter der gebührenfreien "Nummer gegen Kummer", von Montag bis Samstag, 14 bis 20 Uhr, Telefon 116117 oder 0800 1110333.

Jedes Kind und jeder Jugendliche hat das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden. Sie können dort auch ohne Kenntnis der Personensorgeberechtigten beraten werden, wenn die Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist.