Hauptinhalt
Foto: Auf einem Teppich liegen die Buchstaben A D H S.
Eskemar / Shutterstock.com

ADHS/ADS – Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung

Auf jeden von uns treffen ständig eine Unmenge von Reizen ein. Das können Geräusche, Sprache, Texte, Bilder, eigene Gefühle, Gedanken, Schmerzen und vieles mehr sein.

Unsere Aufmerksamkeit

Damit wir uns nur den für uns wichtigen Reizen widmen und unsere Aufmerksamkeit auf unsere momentane Handlung richten können, benötigen wir eine Art Filter, durch den Botenstoffe im Gehirn aktiviert und gesteuert werden.

Jeder kennt von sich selbst, dass er sich manchmal besser und manchmal schlechter konzentrieren kann. Hier spielen die momentane körperliche Verfassung und seelische Belastungen eine bedeutende Rolle. Haben Sie schlecht oder zu wenig geschlafen, stehen Sie unter Zeitdruck oder erleben Sie erheblichen Stress, können Sie sich schlechter konzentrieren als sonst, Ihre Arbeit fällt Ihnen schwerer. So kennt jeder bei sich unterschiedliche Aufmerksamkeit.

Manche Menschen haben jedoch grundsätzlich, vor allem in der Kindheit, biologisch bedingte Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit zu steuern. Die Hauptschwierigkeit besteht darin, wichtige von unwichtigen Reizen zu unterscheiden. Das „Ausblenden“ unwichtiger Reize gelingt ihnen nicht und die Konzentration auf eine Tätigkeit ist somit nur schwer möglich.

Diese Störung wird als Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom bezeichnet und tritt vor allem in zwei unterscheidbaren Formen auf: Aufmerksamkeitsdefizitstörung mit extremer körperlicher und ohne extreme körperliche Unruhe (Hyperaktivität). Kinder, die auch hyperaktiv sind, fallen durch ihre außergewöhnliche Ruhelosigkeit besonders auf und wurden früher auch als „Zappelphilipp“ bezeichnet.

Die Hauptsymptome für ADHS sind:

  • Unaufmerksamkeit (schlechte Konzentrationsfähigkeit),
  • Impulsivität (Handlungen sind oft unüberlegt),
  • Hyperaktivität (der ständige Drang, sich zu bewegen).

Das Zusammenleben mit einem aufmerksamkeitsgestörten Kind ist für die betroffenen Eltern sehr anstrengend und belastet in vielen Fällen das familiäre Zusammenleben. Oft haben diese Kinder bei normaler Intelligenz große Schwierigkeiten in der Schule, zum Teil entwickeln sich auch ernsthafte Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen. Als Folge können die Kinder meist kein positives Selbstbewusstsein entwickeln.

Hat mein Kind eine Aufmerksamkeitsstörung?

Wenn Sie die meisten der folgenden Sätze mit „ja“ beantworten können, leidet Ihr Kind möglicherweise an einer Aufmerksamkeitsstörung:

  • Mein Kind macht bei den meisten Tätigkeiten viele Flüchtigkeitsfehler und beachtet Einzelheiten nicht.
  • Mein Kind kann bei Hausaufgaben oder beim Spielen nicht längere Zeit bei der Sache bleiben.
  • Mein Kind hört häufig nicht zu, wenn es von jemandem angesprochen wird.
  • Mein Kind macht seine Aufgaben häufig nur unvollständig.
  • Mein Kind hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren.
  • Mein Kind strengt sich nicht gerne über einen längeren Zeitraum an.
  • Mein Kind verliert häufig etwas.
  • Mein Kind lässt sich leicht ablenken.
  • Mein Kind ist sehr vergesslich.

Allerdings kann eine eindeutige Diagnose nur durch ausführliche ärztliche und psychologische Untersuchungen erstellt werden.

Ist mein Kind hyperaktiv?

Wenn Sie die meisten der folgenden Aussagen mit „ja“ beantworten können, ist Ihr Kind möglicherweise hyperaktiv, leidet also an einer extremen körperlichen Unruhe:

  • Mein Kind kann seine Hände und Füße oft nicht ruhig halten.
  • Mein Kind steht häufig auf, wenn es nicht angebracht ist.
  • Mein Kind läuft und klettert oft, auch wenn es unpassend ist.
  • Mein Kind kann sich nur schwer über längere Zeit ruhig beschäftigen.
  • Mein Kind wendet sich ständig für kurze Zeit anderen Dingen zu.
  • Mein Kind redet oft übermäßig viel.
  • Mein Kind wartet mit seiner Antwort oftmals nicht, bis die Frage zu Ende ist.
  • Mein Kind kann schlecht abwarten, bis es an die Reihe kommt.
  • Mein Kind unterbricht oder stört häufig andere.

Eine eindeutige Diagnose kann jedoch auch hier nur auf der Grundlage ärztlicher und psychologischer Untersuchungen erfolgen.

An wen kann ich mich wenden, wenn ich bei meinem Kind eine Aufmerksamkeitsstörung vermute?

Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom kann nicht durch einen kurzen medizinischen Test diagnostiziert werden. Die Diagnose erfordert vielmehr die genaue Beobachtung des Kindes in unterschiedlichen Situationen wie etwa in der Schule, zu Hause und in der Freizeit.

Dazu haben Fachleute einige Testverfahren entwickelt, die mehr Sicherheit in der Diagnose erbringen. Besonders geeignet sind auch Videoaufzeichnungen, die den Vorteil bieten, dass Einzelheiten sehr detailliert erfasst werden können.

Da die Diagnose sehr schwierig ist, sollte sie in jedem Fall nur durch speziell geschulte Fachleute wie Kinder- und Jugendpsychiaterinnen oder Kinder- und Jugendpsychiater und klinisch ausgebildete Kinderpsychologinnen oder Kinderpsychologen erfolgen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei ADHS?

Die Aufmerksamkeitsstörung (ADHS / ADS) kann in den meisten Fällen erfolgreich behandelt werden.

Eine Behebung der vermutlich zugrunde liegenden Stoffwechselstörung im Gehirn ist zwar nicht möglich, aber die Rahmenbedingungen können so verändert werden, dass die betroffenen Kinder lernen, mit ihrer Einschränkung in geeigneter Weise umzugehen.

In den letzten Jahren wurde eine ganze Reihe von Behandlungsansätzen für die Aufmerksamkeitsdefizitstörung entwickelt. Vor allem mithilfe verhaltenstherapeutischer Ansätze, bei denen das Einüben neuer Verhaltensweisen im Vordergrund steht, können die betroffenen Kinder und ihre Eltern lernen, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass eine deutliche Erleichterung eintritt.

Auch Spieltherapien, bei denen durch das Spiel belastende Erfahrungen bearbeitet werden können, ergotherapeutische Behandlungen, in denen die Kinder konkrete praktische Fertigkeiten einüben oder eine intensive Familienberatung sowie körperorientierte Verfahren – beispielsweise Entspannungsverfahren (autogenes Training) – können möglicherweise ergänzend deutliche Verbesserungen erbringen.

Umstritten, aber in vielen Fällen nicht ohne Erfolg, ist die medikamentöse Behandlung der Aufmerksamkeitsstörung. Allerdings kann den betroffenen Kindern leider manchmal ohne Medikamente nicht ausreichend geholfen werden. Manche Kinder können in der Therapie erst lernen, ihr Verhalten zu verändern, wenn sie begleitend medikamentös unterstützt werden.

Eine ausschließliche Behandlung mit Medikamenten ohne begleitende Verhaltens-, Spiel- oder Ergotherapie ist nicht sinnvoll und daher abzulehnen. Aufmerksamkeitsgestörte Kinder brauchen immer auch fachliche Unterstützung und Hilfen, um ihre Verhaltensweisen verändern und mehr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten aufbauen zu können.

Welche Behandlung für Ihr Kind am besten geeignet ist, kann nur in Absprache mit der behandelnden Fachärztin oder dem behandelnden Facharzt sowie Psychologin oder Psychologen geklärt werden.

Wie kann ich bei ADHS meinem Kind im Alltag helfen?

Aufgrund seiner Schwierigkeiten hört Ihr Kind sicher von vielen Seiten öfter Tadel oder Zurechtweisungen als Lob.

Um mit seinen Schwierigkeiten umgehen zu lernen, muss es jedoch in seine Fähigkeiten vertrauen können.

Jedes auch noch so schwierige Kind hat auch positive Seiten, die Sie hervorheben können. Loben Sie Ihr Kind immer dann, wenn es etwas gut gemacht. Dabei ist es wichtig, auch dann zu loben, wenn sich deutliche Verbesserungen ergeben, und nicht erst, wenn ihm etwas perfekt gelungen ist.

Ein klarer Zeitplan hilft bei ADHS

Weiterhin können Sie Ihrem Kind helfen, den durch die Vielzahl der Eindrücke unübersichtlichen Alltag überschaubarer zu machen. Ein klarer Zeitplan für den Alltag hilft Ihrem Kind, sich zu orientieren und diese Strukturen mit der Zeit zu verinnerlichen.

Erstellen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind einen geeigneten Tagesplan, in dem genau festgelegt wird, in welchem Zeitraum es welche Aufgaben erledigen muss. Vergessen Sie nicht mit Ihrem Kind auch festzulegen, wann es Zeit für Freizeitbeschäftigung und zum Spielen hat. Von diesem Plan sollten möglichst keine Abweichungen geduldet werden.

Hausaufgaben sollten immer am gleichen Platz, zur gleichen Zeit und möglichst ohne Ablenkung angefertigt werden. Bei Ablenkungen durch Fernsehen, Smartphone oder spielende Geschwister kann sich Ihr Kind nicht auf seine Arbeit konzentrieren.

Wie kann mein Kind lernen, sich an einen bestimmten Tagesplan zu halten?

Ihr Kind kann nur lernen, sich an die aufgestellten Regeln zu halten, wenn diese klar formuliert sind und Sie erwünschtes Verhalten deutlich loben.

Auf der anderen Seite sollten Sie ebenso konsequent auf unerwünschtes Verhalten oder die Nichteinhaltung der erstellten Regeln reagieren.

Besonders wichtig ist dabei auch die Abstimmung zwischen den beiden Elternteilen. Reagieren Sie als Eltern unterschiedlich oder gar gegensätzlich, weiß Ihr Kind nicht, was genau von ihm erwartet wird und kann nicht lernen, wie es sich richtig verhalten soll.

Erwarten Sie nicht zu viel auf einmal von Ihrem Kind, sondern gehen Sie schrittweise vor. Sie können zunächst eine ganz bestimmte eng umgrenzte Situation herausgreifen, in der Sie das Verhalten Ihres Kindes stört.

Dies könnte beispielsweise das Einhalten der abendlichen Schlafenszeit sein. Besprechen Sie mit Ihrem Kind, was genau Sie von ihm erwarten. Stellen Sie ihm eine Belohnung (gemeinsamer Ausflug, Spielzeug o. Ä.) in Aussicht, wenn es ohne seine üblichen Verzögerungstaktiken zur richtigen Zeit ins Bett geht.

Reichen solche positiven Anreize nicht aus, um Ihr Kind an die erwünschten Verhaltensweisen heranzuführen, sollten Sie sich unangenehme Konsequenzen für Ihr Kind überlegen und ihm mitteilen. Am wirksamsten und einfachsten durchzuführen ist der Entzug einer Vergünstigung (beispielsweise eine beliebte Fernsehsendung nicht anschauen).

Soll ich mit den Lehrkräften über die Schwierigkeiten meines Kindes sprechen?

Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen fallen sehr oft in der Schule auf.

Wenn Sie bei Ihrem Kind das Vorliegen einer Aufmerksamkeitsstörung vermuten, ist das Gespräch mit der Lehrkraft Ihres Kindes unumgänglich, denn nur sie kann wichtige Eindrücke aus dem Schulalltag schildern.

Diese können die Vermutung einer Aufmerksamkeitsstörung bestätigen oder entkräften und sind deshalb auch für die Diagnose von erheblicher Bedeutung.

Wurde bereits ärztlich und psychologisch eine Aufmerksamkeitsstörung festgestellt, ist die Einbeziehung der Lehrkraft ebenfalls notwendig. Die geplanten Vorgehensweisen müssen mit der Lehrkraft abgestimmt werden.

Vor allem, wenn Ihr Kind Medikamente erhält, sollte auch die Schule informiert werden. Manchmal ist es auch notwendig, dass die Lehrkraft zu einer bestimmten Tageszeit das Medikament verabreicht.