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Wenn Eltern die Erziehung nicht mehr schaffen

Kinder in der Familie bedeuten für die meisten Menschen eine große Bereicherung des Lebens. Allerdings weiß auch jeder, der bereits selbst Elternverantwortung übernommen hat, dass mit der Erziehung von Kindern auch Sorgen und Belastungen verbunden sein können.

Überforderung – beispielsweise alleinerziehender Mütter – durch Beruf, Haushalt und Kindererziehung, Schicksalsschläge wie Verlust eines Elternteils, schlechte finanzielle Verhältnisse oder psychische Probleme können dazu führen, dass Eltern es nicht mehr allein schaffen.

Das Jugendamt bietet diesen Eltern „Hilfe zur Erziehung“ an und überlegt gemeinsam mit ihnen, welche Hilfe geeignet ist.

Für Eltern in besonders schwierigen Situationen reichen Hilfen, die eine stundenweise Betreuung des Kindes anbieten, oft nicht aus und eine kurzzeitige oder länger andauernde Unterbringung außerhalb der Familie wird notwendig, um eine ausreichende Versorgung und Erziehung des Kindes sicherzustellen.

Gerade für jüngere Kinder bietet eine Pflegefamilie in solchen Fällen die große Chance, dennoch in einer Familie aufzuwachsen.

Was ist eine Pflegefamilie?

Pflegefamilien sind Familien, die ein fremdes Kind, das aus unterschiedlichen Gründen nicht (mehr) von seinen Eltern selbst erzogen werden kann, über einen längeren Zeitraum bei sich aufnehmen, betreuen und erziehen.

Die Entscheidung, ein Pflegekind aufzunehmen, hat weitreichende Folgen für Sie selbst, Ihre Familie, das Kind sowie seine leiblichen Eltern.

Wichtig für ein Gelingen ist die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und den Eltern des Kindes.

Was muss ich tun, damit ich ein Pflegekind bei mir aufnehmen kann?

Wenn Sie sich für die Aufnahme eines fremden Kindes in Ihrer Familie interessieren, sollten Sie sich an das Jugendamt an Ihrem Wohnort wenden.

Hier wird man Sie gerne über verschiedene Möglichkeiten beraten und Sie darüber informieren, für welche Kinder Pflegeeltern gesucht werden.

Auch wenn Sie sich noch nicht sicher sind, ob die Aufnahme eines Pflegekindes das Richtige für Sie ist, kann die zuständige Mitarbeiterin oder der zuständige Mitarbeiter Ihnen wertvolle Informationen geben oder Ihnen Pflegeeltern nennen, die Ihnen einen lebensnahen Einblick in den Alltag einer Pflegefamilie geben können.

Bedenken Sie die Konsequenzen Ihrer Entscheidung gründlich. Es darf nicht zu übereilten Schritten kommen, die großes Leid bei allen Beteiligten verursachen könnten. Daher sind eine sorgfältige Vorbereitung und reifliche Überlegung unbedingt notwendig.

Die Mitarbeitenden des Jugendamts werden aus diesem Grund einige Gespräche mit Ihnen führen und mit Ihnen gemeinsam überlegen, ob ein Pflegeverhältnis überhaupt für Sie und Ihre Familienangehörigen infrage kommt. Und welche Rahmenbedingungen für Sie erfüllt sein sollten, damit Sie Ihre Entscheidung später nicht bereuen.

Besonders wichtig ist es auch, frühzeitig zu überlegen, mit welchen Kindern Sie gut zurechtkommen können und welche Eigenschaften eines Kindes Sie nicht akzeptieren könnten.

Manche können sich besser die Betreuung eines Mädchens vorstellen, andere eher die eines Jungen. Einige Pflegeeltern würden am besten mit einem gesunden Säugling zurechtkommen, andere trauen sich auch den Umgang mit einem Kind zu, welches bereits eine Anzahl von negativen Erfahrungen machen musste und deshalb oft unverständliche und schwierige Verhaltensweisen zeigt. Vielleicht haben Sie auch besondere Fähigkeiten oder Erfahrungen im Umgang mit behinderten Kindern, und könnten sich vorstellen, ein solches bei sich aufzunehmen.

In jedem Fall sollten Sie gemeinsam überlegen, für welchen Zeitraum Sie bereit wären, Elternverantwortung für ein fremdes Kind zu übernehmen.

Da die Mehrzahl der Pflegekinder weiterhin regelmäßigen Kontakt zu seinen Eltern braucht, ist die Zusammenarbeit zwischen Pflegeeltern und Herkunftseltern unbedingt notwendig. Auch in diesem Bereich sollten Sie im Vorfeld überprüfen, unter welchen Umständen eine Zusammenarbeit für Sie vorstellbar wäre.

Wenn Sie sich für die Aufnahme eines Pflegekindes interessieren, sollten Sie sich an das Jugendamt an Ihrem Wohnort wenden.

Wodurch unterscheiden sich Pflegekinder von eigenen Kindern?

Auch wenn es nach einiger Zeit den Anschein hat, dass Ihr Pflegekind wie selbstverständlich zur Familie gehört, wird es doch immer ein besonderes Kind – ein Kind mit zwei Familien – bleiben.

Es muss sich in seiner neuen Umgebung zurechtfinden und lernen, neue und frühere Erfahrungen miteinander in Einklang zu bringen. Es geht neue Beziehungen ein, wird aber dabei gleichzeitig bestehende Bindungen an seine Familie beibehalten. Durch diese Situation werden die betroffenen Kinder sehr verunsichert.

Um diese schwierige Situation verarbeiten zu können, braucht das Pflegekind Unterstützung und Verständnis von seinen Pflegeeltern. Es muss die Chance erhalten, seine Lebenssituation zu verstehen.

Dazu ist es notwendig, dass Sie als Pflegeeltern mit dem Kind ehrlich darüber sprechen, warum es nicht mehr bei seinen Eltern leben kann, was weiter mit ihm geschehen soll und wie lange es bei Ihnen leben soll.

Auch wenn das Kind bereits seit längerer Zeit in der Pflegefamilie lebt, werden diese Themen immer wieder aktuell sein und Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Gesprächsbereitschaft fordern.

Welche Rechte und Pflichten haben Pflegeeltern?

  • Als Pflegeeltern sind Sie Vertragspartner des Jugendamts und übernehmen gemeinsam mit dem Jugendamt Verantwortung und Pflichten für die Erziehung und Entwicklung eines Kindes.
  • Pflegeeltern sind berechtigt, in Angelegenheiten des täglichen Lebens zu entscheiden und hier die Inhaber der elterlichen Sorge (meist die Eltern des Kindes) zu vertreten.
  • Allerdings können die Eltern des Kindes im Pflegevertrag festlegen, welche Entscheidungen sie auch in Zukunft selbst treffen wollen.
  • Sollten sich in Ihrer Familie entscheidende Veränderungen (wie beispielsweise Umzug, Geburt oder Tod eines Familienmitglieds, Trennung oder schwere Erkrankungen in der Familie) ergeben, sind Sie verpflichtet, diese dem Jugendamt mitzuteilen.

Was bedeutet Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie?

Pflegeeltern müssen sich darüber im Klaren sein, dass Ihr Pflegekind ein Kind mit zwei Familien ist und bleiben wird.

Auch Kinder, die unangenehme Erfahrungen in ihrer Herkunftsfamilie machen mussten, lieben ihre Eltern und haben eine starke Bindung an sie.

Nach der Trennung haben Eltern und Kinder in der Regel das Bedürfnis und das Recht, sich zu sehen, sich zu besuchen oder miteinander zu telefonieren.

Vor allem die Regelung der Besuchskontakte lebt dabei von der Bereitschaft beider Familien, aufeinander zuzugehen. Die Grundlage dafür ist eine gegenseitig wertschätzende und akzeptierende Haltung.

Die Mitarbeitenden des Jugendamts werden Sie auch bei dieser Aufgabe unterstützen und beraten.

Die Regelung der Kontakte zwischen Eltern und Kind sowie andere wichtige Entscheidungen, wie etwa über die schulische Laufbahn des Kindes oder über medizinische Eingriffe, werden nach Möglichkeit gemeinsam mit allen Beteiligten besprochen.

Einvernehmliche Lösungen in wichtigen Fragen sind vor allem für das betroffene Kind dringend notwendig, da es nicht das Gefühl bekommen sollte, es müsse sich zwischen zwei Konkurrenten entscheiden.

Wie lange dauert ein Pflegeverhältnis?

Bei einigen Kindern ist zu erwarten, dass sich die Situation in der Herkunftsfamilie über einen absehbaren Zeitraum hinweg stabilisieren wird und die Eltern ihr Kind wieder selbst betreuen können.

Bei anderen Familien ist die Perspektive äußerst unklar und es wird unter Umständen eine dauerhafte Unterbringung bis zur Volljährigkeit des Kindes notwendig.

Für Pflegeeltern ist diese Unsicherheit oft schwer zu verkraften.

Die Fachkraft des Jugendamts wird jedoch im Vorfeld ausgiebig mit Ihnen darüber sprechen, welche Zeitperspektive für Sie denkbar ist, und ob womöglich eine erhebliche Unsicherheit über die Dauer des Pflegeverhältnisses für Sie tolerierbar wäre.

Wo bekommen Pflegeeltern Unterstützung?

Die Fachkräfte des Jugendamts sind nicht nur vor Ihrer Entscheidung zur Aufnahme eines Pflegekindes und bei der Vermittlung für Sie da. Sie stehen Ihnen vielmehr beratend und begleitend während der gesamten Dauer des Pflegeverhältnisses zur Verfügung.

Sie sollten keine Scheu davor haben, rechtzeitig über problematische Entwicklungen und Schwierigkeiten mit Ihrer Ansprechpartnerin oder Ihrem Ansprechpartner beim Jugendamt zu sprechen.

Als sehr hilfreich empfinden die meisten Familien auch den Kontakt zu anderen Pflegefamilien. Sicher gibt es auch in Ihrer Nähe Pflegeelterngruppen oder -vereine. Die Mitarbeitenden Ihres Jugendamts werden Ihnen Adressen und Kontaktstellen in Ihrer Nähe nennen.

Wer entscheidet, ob und wann das Kind wieder in seine Herkunftsfamilie zurückkehrt?

In den meisten Fällen verbleibt das Sorgerecht für ein Pflegekind bei seinen Eltern. Aus diesem Grund können die Herkunftseltern letztendlich auch entscheiden, wann sie ihr Kind wieder selbst erziehen wollen und können.

Da die Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie jedoch in der Regel über das zuständige Jugendamt erfolgt, ist es in jedem Fall an der Entscheidung beteiligt.

Aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung, ihrer Erfahrung und ihrer besonderen Kenntnisse über die Lebenssituation des Kindes und seiner Eltern sind die Mitarbeitenden des Jugendamts in der Lage, sich ein objektives Bild darüber zu verschaffen, ob und wann sich die Situation der Eltern tatsächlich so weit stabilisiert hat, dass das Kind dauerhaft wieder bei ihnen leben kann.

Bekomme ich die Kosten erstattet?

Wenn das Jugendamt ein Kind an Pflegeeltern vermittelt, haben diese Anspruch auf Pflegegeld.

Das Pflegegeld ist nach dem Alter des Pflegekindes gestaffelt und setzt sich aus dem Betrag für den Lebensunterhalt des Kindes und den Kosten der Erziehung zusammen. Die Kosten der Erziehung sind ein Beitrag als Anerkennung für die besondere Erziehungsleistung der Pflegeeltern.

Das Pflegegeld wird Ihnen durch das Jugendamt ausgezahlt und ist steuerfrei. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Pflegekind auch in die Steuerkarte von Pflegemutter oder Pflegevater eingetragen werden.

Die aktuelle Empfehlung des Bayerischen Landkreistags und des Bayerischen Städtetags regeln die Höhe der Pflegepauschale.

Aktuelle und genaue Angaben über die Höhe des Pflegegelds können Ihnen die Mitarbeitenden des für Sie zuständigen Jugendamts mitteilen.

Auch über Versicherungsfragen erkundigen Sie sich am besten bei Ihrem Jugendamt, da es regional unterschiedliche Regelungen gibt.