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Foto: Rose, die auf einem Holzboden liegt.
AndreyCherkasov / Shutterstock.com

Tod eines Familienmitglieds

Trauer tut weh. Sie kennt keine Zeit, keine Grenzen, keine Gesetzmäßigkeit. Sie ist allgegenwärtig. Sie macht klein, wehrlos und hilfsbedürftig.

Wie geht man mit Trauer um?

Trauer tut weh. Sie kennt keine Zeit, keine Grenzen, keine Gesetzmäßigkeit. Sie ist allgegenwärtig. Sie macht klein, wehrlos und hilfsbedürftig.

Der Tod eines Kindes oder Elternteils bedeutet eine Familienkrise in kaum zu überblickender Dramatik. Das bestehende Geflecht von Beziehungen wird zerstört. Das seelische Gleichgewicht der Familie als Ganzes wird tiefgreifend verändert. Das gestorbene Familienmitglied hinterlässt eine große Lücke – jeder Einzelne wird lernen müssen, mit diesem Verlust zu leben.

Hört es sich auch für trauernde Menschen noch so seltsam an – doch in der Trauer liegen auch heilsame Kräfte. Die Trauer führt manchmal dazu, dass sich die Familie enger zusammenschließt. Tiefe Gefühle werden offener gezeigt. Rollen werden überprüft. Neue Werte entstehen. Die Familienmitglieder können ihre eigene Stärke neu entdecken oder wiederfinden. Sie spüren, dass sie nicht in der Trauer versinken. Sie erfahren, dass man Gefühle bewältigen kann.

Suchen Sie Hilfe!

Trauernde Familien sollten sich keinesfalls scheuen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Gespräche in Gruppen mit ebenfalls Betroffenen oder therapeutische Unterstützung helfen, die Krise zu überwinden. Auf der Webseite der Nicolaidis YoungWings Stiftung finden Sie professionelle Hilfe bei der Trauerarbeit.

Tod einer Partnerin oder eines Partners und Elternteils

Der Tod einer Partnerin oder des Partners, der Mutter oder des Vaters ist in seiner Tragweite nicht übersehbar. Nicht nur die überwältigende Trauer nimmt die Familienmitglieder gefangen. Jeder trauert für sich und muss doch für die anderen da sein.

Für den zurückbleibenden Elternteil und die Kinder bedeutet der Todesfall nicht nur den Verlust eines geliebten Menschen. Auch die unterstützende Partnerschaft ist verloren. Entscheidungen müssen nun allein getroffen werden.

Die Partnerin oder der Partner hinterlässt eine Lücke, die nicht zu schließen ist. Sie oder er war ein außerordentlich wichtiger Teil der Familie. Darum ist wichtig, ihr oder sein Andenken zu bewahren. Auch wenn ein Elternteil gestorben ist, die Familienmitglieder behalten es immer in Gedanken. Darum tun Gespräche über den verlorenen Menschen gut – auch, wenn es wehtut.

Tod eines Kindes

Der Tod eines Kindes stürzt Eltern in tiefste Verzweiflung. Die Gefühle, die sie in voller Intensität erleben, sind schier unerträglich. Trauer und Angst, Schuldgefühle, aber auch Wut und Ohnmachtsgefühle angesichts der Endgültigkeit des Todes prägen den Alltag. Alle Hoffnungen und Träume für die Zukunft werden jäh zerstört. Der Sinn des Lebens scheint plötzlich verloren gegangen.

Der Verlust eines Kindes wird als so einschneidend erlebt, dass Eltern meinen, es wäre ein Stück von ihnen gestorben. Es ist ein Schmerz, der niemals aufhört.

Jeder Mensch trauert anders. Dennoch gibt es Ähnlichkeiten: Die Eltern erstarren direkt nach dem Tod des Kindes wie in einem Schock. Es wirkt ein Schutzmechanismus, der die zerstörerische Wirklichkeit von der Seele fernhält.

Erst nach längerer Zeit können Eltern beginnen, sich mit dem Verlust auseinander zu setzen. Meist dauert dies so lange, dass Menschen in ihrer Umgebung erwarten, dass der Tod langsam verarbeitet sein müsste. Das Gegenteil ist der Fall. Den Tod eines Kindes zu verkraften, dauert für manche Eltern ein Leben lang.

Viele Eltern ziehen sich zurück und isolieren sich. Sie fühlen sich unendlich einsam. Erst nach einiger Zeit können sie wieder auf andere Menschen zugehen und am Leben teilnehmen.

Es dauert viele Jahre, bis Eltern wieder einen Sinn in ihrem Leben sehen – bis sie spüren, dass ihr eigenes Leben weitergehen kann. Sie gewinnen ein neues inneres Gleichgewicht.

Das bedeutet nicht, dass sie ihr Kind vergessen haben. Die Geburtstage des verstorbenen Kindes werden weitergezählt. Erleben Eltern andere Kinder im Alter ihres toten Kindes, denken sie unwillkürlich daran, wie es nun wohl aussähe, welche Fähigkeiten es hätte... Das gestorbene Kind fehlt in der Familie. Das bleibt so.

Kinder können auf unterschiedliche Art und Weise verloren werden:

Schon während der Schwangerschaft stellt sich eine enge Beziehung zwischen Mutter und Kind her. Ist eine Fehl- oder Totgeburt zu erwarten, ist diese Diagnose für die Eltern ein enormer Schock.

Lebt der Embryo bis zur 12. Schwangerschaftswoche nicht mehr, wird eine Ausschabung bei der Frau vorgenommen. Nach der 12. bis 14. Schwangerschaftswoche müssen die Frauen den ganzen Prozess einer Geburt durchmachen und dies in dem Wissen, ein totes Kind zu gebären. Die psychische Belastung ist enorm.

Die Eltern müssen sich damit abfinden, dass das Leben mit einem Baby, auf das sie sich monatelang eingestellt haben, nicht stattfinden wird. Oft wurde bereits Kinderkleidung besorgt, vielleicht steht die Wiege schon im Kinderzimmer...

Sind Kinder in der Familie, muss ihnen erklärt werden, dass sie nun kein Brüderchen oder Schwesterchen bekommen. Die Nachfragen der Umwelt sind belastend.

Hilfreich ist, wenn Eltern von dem toten Kind Abschied nehmen können. Es sollte einen Namen bekommen. Manchmal wird in der Klinik ein Fußabdruck gemacht. All dies hilft, dem Kind einen Platz in der Familie zu geben.

Wichtig ist, dass Eltern miteinander über ihre Gefühle sprechen.

Trauer braucht Zeit. Das sollten auch die Familienangehörigen beherzigen. Sprüche wie "ihr seid ja noch so jung und könnt noch viele Kinder bekommen" klingen grausam in den Ohren von Eltern, die gerade ein einzigartiges Kind verloren haben.

Eltern, die ein todkrankes Kind betreut haben, erleben den Verlust anders als Eltern, deren Kind plötzlich aus dem Leben gerissen wird. Die Begleitung eines kranken Kindes über längere Zeit lässt immer wieder Hoffnung aufkeimen.

Die Eltern sind durch die Krankheit gezwungen, sich mit seinem Tod auseinander zu setzen. Unter Umständen können Eltern es als etwas tröstlich empfinden, dass der Tod eine Erlösung für ihr Kind sei.

Vielleicht gelingt es, sich zu verabschieden und sein Kind bis zuletzt zu begleiten.

Hilfe finden Eltern bei einem Kinderhospiz.

Der unvorhersehbare Tod ihres Kindes kann beispielsweise durch plötzlichen Kindstod oder einen Unfall geschehen. Er ist für Eltern ein furchtbarer Schock. Von einer Minute auf die andere ist jemand, der ihnen ganz nahe stand, mit dem Lebensfreude und Lebenspläne verbunden waren, nicht mehr da.

Es vergeht einige Zeit, bis sie wissen, wie die äußeren Umstände des Unglücksfalls waren. Sie denken daran, dass das Kind vielleicht am Morgen noch fröhlich in die Schule gegangen ist oder dass es Streitereien wegen Kleinigkeiten gegeben hat...

Eltern, deren Kind sein Leben selbst beendet hat, sind in einer besonderen Situation. Nicht nur der Verlust des Kindes muss verarbeitet werden, hinzu kommen ausgesprochene oder unausgesprochene Vorwürfe der Umwelt.

Natürlich versuchen Eltern verzweifelt zu verstehen, warum ihr Kind keinen anderen Ausweg gesehen hat. Sie überlegen, was sie hätten anders machen können. Die Frage nach dem "Warum?" bleibt meist unbeantwortet: Die wenigsten jugendlichen Selbstmörder hinterlassen einen Abschiedsbrief.

Eltern, die ein Kind verloren haben, sollten nicht zögern, Hilfe anzunehmen. Sehr hilfreich für trauernde Eltern sind Gruppen mit ebenfalls Betroffenen. Auch therapeutische Hilfe sollte ohne Zögern angenommen werden.

Der Verein "Verwaiste Eltern e. V." bietet fundierte Unterstützung an. Die Adresse für München: Verwaiste Eltern München e. V., St.-Wolfgangs-Platz 9, 81669 München, Tel. 089 48088990 oder besuchen Sie die Webseite des Vereines.

Kinder und Trauer

Jeder Mensch trauert anders. Das gilt auch für Kinder. Je nach Alter setzen sie sich unterschiedlich mit dem Verlust auseinander.

Eltern können nicht erwarten, dass ihre Kinder in der gleichen Art und Weise trauern wie sie selbst. Das kann auch dazu führen, dass Kinder Witze oder ein unangemessenes Verhalten zeigen. Dies ist völlig normal.

Wichtig ist, den anderen in seiner Trauer anzunehmen und zu unterstützen – das gilt für alle Familienmitglieder.

Einige Anmerkungen zum besseren Verständnis:

  • Kleinere Kinder sind ihren Gefühlen hilflos ausgeliefert.
  • Kinder trauern sprunghaft. Sie sind sehr traurig und können im nächsten Moment schon wieder lachen. Dieses Verhalten ist völlig normal.
  • Kinder zeigen ihre Gefühle in körperlichen Reaktionen wie beispielsweise Schlaflosigkeit, plötzlicher Aggressivität oder Rückzug.
  • Kinder wünschen sich nach einem Verlust nichts sehnlicher, als ihre heile Welt zurückzubekommen.
  • Kinder brauchen Alltagsroutine.
  • Kinder führen ungern lange Gespräche. Sie brauchen das Angebot, immer wieder über ihre Gefühle zu sprechen.
  • Kinder möchten alles ganz genau wissen. Sie fragen sehr genau über den Unfall oder die Krankheit, wo der oder die Tote nun hinkommt ...
  • Kinder neigen dazu, Verstorbene zu idealisieren.

Kinder spüren, wie die Erwachsenen trauern. Je offener in einer Familie Gefühle gezeigt werden können, desto leichter ist es, Trauer, Schmerz und Aggression zu zeigen. Sie sehen, dass man auch mal lachen kann und für kurze Momente den Schmerz vergessen kann.

Mit Kindern über den Verlust sprechen

Besonders wichtig ist, mit dem Kind altersgerecht über den Verlust zu sprechen. Mit Sätzen wie "Das verstehst du noch nicht." nimmt man dem Kind die Möglichkeit, den großen Verlust zu verarbeiten.

Unter Umständen übernimmt das Kind Verhaltensweisen, die nicht mehr altersgerecht sind. Es möchte im Bett der Eltern schlafen oder ist besonders anlehnungsbedürftig. Es braucht ganz besondere Zuwendung und Geduld. Zum Trösten gehört auch: In den Arm nehmen, auf den Schoß nehmen ...

Kinder wollen die trauernden Eltern entlasten. Darum unterdrücken sie ihre eigenen Gefühle. Doch sie geben dafür die Nähe zu den Eltern auf und fühlen sich einsam. Das trauernde Kind fühlt sich verstanden, wenn klar ist, dass auch sein Verlust ganz einzigartig und schwer ist.

Manchmal ist es für die Kinder einfacher, mit jemandem zu sprechen, der nicht zur Familie gehört. Verwandte oder Freunde der Familie sollten ein Gespräch zumindest anbieten.

Finden Kinder keine Möglichkeit, über ihre Trauer zu sprechen, sind andere Wege hilfreich. Zeichnen, Malen oder Tagebuch schreiben helfen, Gefühlen Ausdruck zu verleihen.

Das Umfeld gibt halt

Ebenso wie Erwachsene brauchen Kinder ein soziales Umfeld, das sie stärkt und auffängt. Je älter die Kinder werden, desto wichtiger werden gleichaltrige Freunde. In diesem Sinne kann für Jugendliche eine Gruppe mit Betroffenen unterstützend sein. Hier können Gefühle ausgelebt werden, die vor Eltern oder Freunden nie gezeigt würden. So kann neben dem Schmerz um den Verlust auch Wut darüber entstehen, wie sehr der Tod die ganze Familie aus den Angeln gehoben hat. "Wäre ich nur netter gewesen" oder "Hätte ich nur besser aufgepasst" sind Gedanken, die ebenfalls auftauchen können. Manche Jugendliche erleben auch eine starke Gier nach Lebendigkeit, die mit tiefer Traurigkeit wechseln kann.

Was bedeutet der Tod von Bruder oder Schwester für die Geschwister?

Alles ist nicht mehr, wie es einmal war. Durch den Tod eines Kindes ist die ganze Familie aus den Fugen geraten.

Die zurückbleibenden Geschwister müssen sich nicht nur mit dem Verlust eines Bruders oder einer Schwester auseinandersetzen, sie erleben auch die Eltern in tiefer Trauer.

Diese können durch ihren eigenen Schmerz ihre Kinder nicht unterstützen. Trauernde Geschwister sind häufig auf sich selbst gestellt und müssen mit ihren Gefühlen und Phantasien zurechtkommen.

Geschwister haben eine enge Beziehung zueinander, auch wenn sie sich im Alltag manchmal nicht besonders gut verstehen. Nicht selten entsteht bei Kindern der Gedanke, ein Streit hätte dazu geführt, dass der Bruder oder die Schwester gestorben ist. Dieses Missverständnis muss klar und offen ausgeräumt werden. Das Kind kommt sonst mit den Schuldgefühlen nicht zurecht.

Eltern müssen unmissverständlich klarstellen, dass sie das lebende Kind genauso lieben wie das verstorbene Geschwisterkind.

Von Eltern und Umfeld angestellte Vergleiche zwischen lebendem und verstorbenem Kind sind sehr ungünstig. "Ich lebe noch, obwohl mein Bruder viel netter war." – eine einfache Logik, die fatale Folgen haben kann. Sie mindert das Selbstwertgefühl und weckt Schuldgefühle.

Für Geschwister ist es sehr wichtig, etwas von ihrem verstorbenen Geschwisterkind zu behalten. Fotografien, eine Haarspange, das liebste Kuscheltier ... Denn das gestorbene Kind ist in den Gedanken immer noch da, es bleibt ein Teil der Familie.

Wie geht's weiter? Nach Verlust eines Kindes neigen Eltern vielleicht dazu, dass das lebende Kind überbehütet wird. Sicher ist das lebende Kind ein wertvoller Schatz.

Die vor dem Tod des Geschwisterkinds bestandenen Erziehungsmaßstäbe beizubehalten, ist nicht ganz einfach, da sich durch den Verlust die gesamte Familie verändert hat. Doch muss sich das lebende Kind entwickeln können und braucht altersgemäßen Freiraum.

Wie können nahestehende Personen trauernden Eltern helfen?

Das Thema Tod wird von vielen Menschen eher umgangen. Nun tritt es in voller Wucht in das Leben. Jeder Mensch muss selbst entscheiden, wieweit er die Trauernden begleiten möchte und kann.

Fühlen Sie sich überfordert, ist ein offenes Wort auf jeden Fall hilfreicher als ein langsamer Rückzug.

Einige Hinweise, wie man sich gegenüber trauernden Eltern verhalten kann:

  • Die Eltern brauchen Freunde. Sie haben zwar besonders in der ersten Zeit das Gefühl, sie befänden sich wie hinter einer Nebelwand. Trotzdem – oder gerade deshalb – ist es wichtig, dass Freunde mit ihnen sprechen, bei Besorgungen helfen oder einfach nur da sind.
  • Kein Mensch – außer er hat es selbst erlebt – kann sich vorstellen, was es bedeutet, ein Kind zu verlieren. Für Außenstehende ist schwer nachzuvollziehen, wie groß der Schmerz ist. Wichtig ist, ehrliche Gefühle zu zeigen.
  • Trauer braucht Zeit. Freunde können schwer zusehen, wenn geliebte Menschen in Trauer versinken. Auch lange Zeit nach dem Verlust des Kindes wird es Momente von großer Traurigkeit geben.
  • Freunde sollten mit den Eltern über das Kind sprechen. Das Kind ist zwar tot, aber nicht tabu. Die Eltern denken ohnehin die ganze Zeit an ihr Kind. Es tut ihnen weh und trotzdem gut, darüber zu sprechen.
  • Kein Kind ist ersetzbar. Der Hinweis auf die anderen eigenen Kinder ist kein Trost.
  • Die Geschwister eines gestorbenen Kindes trauern jedes auf seine eigene Weise. Sie brauchen besondere Aufmerksamkeit, die ihnen die Eltern vielleicht in ihrer eigenen Trauer nicht geben können.

Menschen, die trauernde Eltern begleiten, müssen damit rechnen, dass der Verlust immer wieder – auch Jahre nach dem Tod des Kindes – schmerzhaft zutage tritt. Sie müssen sich auf überwältigende Gefühlsausbrüche, unstillbare Tränen, Worte der Verzweiflung oder stille Depression einstellen.