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Streiten will gelernt sein
Gestritten wird überall: In der Ehe mit dem Partner, in der Familie mit den Kindern, im Bekanntenkreis mit Freunden und im Beruf mit Kollegen.
Inhaltsverzeichnis
- Wie Streit entsteht
- Warum ist für Ihr Kind ein positives Streiterlebnis in der Familie so wichtig?
- Wie reagieren Kinder bei Streitigkeiten zwischen den Eltern?
- Können Kinder vom Streit ihrer Eltern auch profitieren?
- Was ist das eigentliche Problem beim Streiten?
- Welche Regeln für faires Streiten sollen beachtet werden?
- Was tun, wenn sich häufiges Streiten zum schweren Beziehungsproblem entwickelt?
Wie Streit entsteht
Überall dort, wo es unterschiedliche Meinungen und Haltungen gibt, wird diskutiert und zuweilen auch heftig gestritten.
Wer hat nicht schon erlebt, dass sich eine zunächst kleine, "wohl gemeinte?" Bemerkung später zu einem großen Streit entwickelt hat? Ein falscher Ton, ein falsches Wort ergibt das andere; schnell wird einer ausfallend oder zieht sich zurück. Worte können durchaus wie Bomben einschlagen und den anderen vernichten. Streiten ist jedoch unvermeidbar und gehört zum Leben.
Streiten muss nicht negativ sein, sondern kann wie ein Gewitter die Luft in einer Beziehung reinigen. Doch damit ein Streit sich positiv und konstruktiv auswirken kann, sind ein paar Grundregeln der Kommunikation zu berücksichtigen - und es ist auch ein gewisses Maß an Streit-"Kultur" notwendig.
Warum ist für Ihr Kind ein positives Streit-Erleben in der Familie so wichtig?
Insbesondere für Kinder ist die Art und Weise der Auseinandersetzung zwischen den eigenen Eltern prägend und dient als gutes oder schlechtes Vorbild für die spätere, eigene Konfliktbewältigung.
Kinder verfolgen meist sehr aufmerksam die Streitereien von Erwachsenen, wobei sie das "Wie" des Streitens weit mehr interessiert als das "Worüber".
Wie reagieren Kinder bei Streitigkeiten zwischen den Eltern?
Unterschätzen Sie nie, was Ihre Kinder alles hören und mitbekommen. Bei Streitigkeiten zwischen den Eltern können sie sehr sensibel reagieren.
Kleine Kinder bekommen Angst, wenn es zwischen den Eltern plötzlich zu einem lautstarken und heftigen Schlagabtausch kommt und große Kinder fühlen sich hilflos, haben Schuldgefühle und Angst vor Konsequenzen für ihre Familie wie zum Beispiel eine mögliche Trennung und Scheidung der Eltern.
Können Kinder vom Streit ihrer Eltern aber auch profitieren?
Ihre Kinder können von Ihnen lernen, dass zwei Menschen, die sich gegenseitig wertschätzen, auch durchaus einmal richtig aneinander geraten können und sich hinterher wieder gut vertragen. Das Beispiel, das Sie Ihren Kindern in Streitsituationen geben, kann für sie später eine Vorbildfunktion einnehmen.
Es ist erwiesen, dass zum Beispiel Aggressivität, die vor den eigenen Kindern ausgetragen wird, später deren Gewaltbereitschaft fördert. Deshalb sollten Sie sich sehr bemühen, Ihren Kindern auch beim Streiten ein gutes Vorbild zu sein. Dass dies ganz einfach ist, wird keiner behaupten. Aber man kann es durchaus lernen.
Was ist das eigentliche Problem beim Streiten?
Das eigentliche Problem beim Streiten liegt meist nicht am Inhalt oder Thema des Gesprächs, sondern daran, wie miteinander gesprochen wird.
Konflikte werden häufig so angegangen, dass das Ergebnis in keinerlei Verhältnis zum Ausgangspunkt steht. Aus einer ursprünglich kleinen Mücke ist ein riesiger Elefant geworden.
Jeder Mensch geht, entsprechend der eigenen Lerngeschichte und dem persönlichen Temperament anders mit Problemen um. Die einen leben ihre Streitlust hemmungslos aus und bombardieren den anderen mit Vorwürfen, andere wiederum vermeiden Streitigkeiten um jeden Preis und schweigen nur, eine dritte Sorte hat den Zwang, immer und alles offen anzusprechen.
Die Gefahr des nervtötenden Zerredens und Aneinander-vorbei-Redens und damit die Schaffung neuer Probleme ist unvermeidlich. Das heißt: Um konstruktiv zu streiten, müssen einige grundlegende Regeln berücksichtigt werden.
Welche Regeln für faires Streiten sollen beachtet werden?
- Stellen Sie sich dem Konflikt, anstatt ihn zu vermeiden oder vorschnell abzubrechen.
- Sprechen Sie das Problem möglichst schnell an. Denn Probleme, die verdrängt oder runtergeschluckt werden, werden - ebenso wie Ihre Wut und Ihr Zorn - nur noch größer.
- Wichtig ist der richtige Zeitpunkt für eine Aussprache (nicht unbedingt dann, wenn der andere gerade im Stress steht oder einen wichtigen Termin vor sich hat).
- Überlegen Sie sich unbedingt schon vorher, was Sie in etwa sagen wollen.
- Vermeiden Sie Verallgemeinerungen und Übertreibungen (d. h. also Worte wie "nie" oder "immer"). Sagen Sie nicht "Nie hast du Zeit für mich!", sondern "Ich würde gerne mehr Zeit mit dir verbringen!".
- Sprechen Sie von sich und möglichst viel von Ihren Gefühlen. Formulieren Sie so genannte "Ich-Botschaften" und beschreiben Sie, wie ein bestimmtes Verhalten des Partners/der Partnerin auf Sie wirkt.
- Machen Sie keine Vorwürfe, sondern äußern Sie konkret Ihre Wünsche.
- Sprechen Sie eine konkrete Situation an. Dadurch wird Ihr Anliegen leichter verständlich und der andere kann sich konkret dazu äußern.
- Wärmen Sie nicht Vergangenes auf.
- Lassen Sie den anderen ausreden und zwingen Sie sich, ihm gut zuzuhören.
- Vergewissern Sie sich, ob Sie Ihren Partner auch wirklich richtig verstanden haben. Fragen Sie ruhig nach, denn häufig ist es so, dass wir dem Gehörten unseren eigenen Sinn und unsere eigene Bedeutung geben. Dies muss aber nicht mit dem übereinstimmen, was der andere gesagt hat und ausdrücken wollte.
- Merke: Es gibt keinen Schuldigen und keinen Sieger!
Was tun, wenn sich häufiges Streiten zum schweren Beziehungsproblem entwickelt?
Wird Ihr Streiten zur Dauerbelastung für die Familie, so ist es notwendig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Wenden Sie sich an eine geeignete Beratungsstelle und vereinbaren Sie einen Termin für ein Beratungsgespräch. Dieses kostet nichts und hilft Ihnen vielleicht in einer schwierigen Situation weiter.