Medienbrief 3 Pubertät und Medien I

BAYERISCHES LANDESJUGENDAMT MEDIENBRIEF 3 PUBERTÄT UND MEDIEN I 12 BIS 15 JAHRE Lootboxen Computerspielsucht Cybermobbing – FSK/USK ab 12 Freigegeben ab 12 Jahren und Inf luencer Influencerinnen YouTube und seine im Netz Körperbilder (Illegale) Downloads und Streams Sexting Sextortion

Brief von Tine FSK/USK ab 12 Jahren freigegeben Sextortion Linktipps Computerspielsucht • Faszination Computerspiel • Spielsucht vorbeugen • Spielsucht erkennen (Illegale) Downloads und Streams • Unterscheidung • Was ist mit YouTube? • Rechtliche Lage YouTube und seine Influencerinnen und Influencer • Faszination • Video-Produktion • Trolle und Hater • Geld verdienen Körperbilder im Netz • Faszination YouTube-Stars • Auswirkungen Cybermobbing • Alarmzeichen • Hilfe Sexting • Sicheres Sexting • Intimes Bild veröffentlicht Lootboxen • Gefahr • Rechtslage 3 4 7 10 12 15 22 19 23 28 31

3 LIEBE ELTERN, wie doch die Zeit vergeht. Mein kleinster Neffe Michi, der gefühlt ge rade erst laufen gelernt hat, ist nun schon 10 Jahre alt, meine Nichte ­ Katharina ist 12 und mein ältester Neffe Leo mit seinen 14 Jahren mitten in der Pubertät. Klar, dass mein Bruder Max und seine Frau Anne alle Hände voll zu tun haben, ihre dreiköpfige Rasselbande zu bändigen. ­ Die beiden interessieren sich sehr für die Mediennutzung ihrer Kinder, leider fehlt ihnen als Eltern oft die Zeit, um sich mit den Gefahren und dem Nutzen von Smartphone und Internet auseinanderzusetzen. Ihre Kinder probieren dafür umso mehr aus – und das ist nicht immer gut. Leo z. B. will sich gar nicht mehr vom Computer lösen, weil er endlich auch „Fortnite“ spielen darf und vor lauter Spielspaß alles um sich herum vergisst. Auch meine liebe Nachbarin Aylin kommt manchmal auf mich zu und bittet um Hilfe im Umgang mit der Mediennutzung ihrer 14-jährigen Tochter Sara. Die wird leider das Opfer von Cybermobbing, ist ein bisschen zu sehr mit „TikTok“ beschäftigt und steht vor der schwierigen Entscheidung, ob sie ihrem Freund erotische Bilder von sich schicken soll. Alle Erfahrungen und viele Tipps für Ihre eigenen Kinder habe ich für Sie in diesem Medienbrief Nummer 3 zusammengefasst. VIEL SPASS BEIM LESEN. IHRE TINE MICHI MAX ANNE LEO KATHARINA TINE AYLIN SARA SKYE

FSK 12 – Altersfreigabe von Filmen Freigegeben ab 12 Jahren Starten wir doch damit, was denn prinzipiell ab 12 Jahren in der Welt der Filme und der Computerspiele erlaubt ist. Generell können die meisten Kinder und Jugendlichen ab 12 Jahren zwischen Realität und Fantasie bei Filmen, Serien oder digitalen Spielen über Computer, Konsole und Smartphone unterscheiden. Allerdings können zu realistisch wirkende Gewaltdarstellungen auch in diesem Alter nach wie vor ängstigen oder sogar schädlich sein, denn natürlich jedes Kind nimmt anders wahr. Jugendliche ab 12 Jahren können in der Regel anspruchsvolle Handlungen verstehen und verarbeiten. Ihnen ist auch bewusst, dass die zaubernden Kinder und die kampfgestählten Serienheldinnen und -helden nicht aus unserer Welt sind. Trotzdem ist auch bei älteren Kindern noch Vorsicht bei verstörenden und brutalen Bildern geboten. Denn sie können die emotionale Ent wicklung negativ beeinflussen und zu Albträumen führen. Beson deres Augenmerk sollten Sie dabei auf die Sympathieträgerinnen und -träger des Films richten, mit denen die Kinder mitfiebern. Wird ihnen Gewalt angetan? Wenden sie selbst Gewalt an oder vertreten sie ein schädigendes Wertebild? - - Bereits Kinder ab 6 Jahren dürfen in Begleitung eines personen berechtigten Erwachsenen (meist Vater oder Mutter) oder aber einer erziehungsbeauftragten Person einen Kinofilm, der von der FSK erst ab 12 Jahren freigegeben wurde, besuchen. Hier ent scheiden Sie als Eltern, ob der Film schon passend für Ihr Kind ist und wer als Begleitperson in Frage kommt. - - i Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH (FSK) ist eine deutsche, von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft getragene Einrichtung, die die Altersfreigabe prüft. Filme und Serien ab 12 Jahren sind grün markiert und tragen den Zusatz „ab 12 Jahren freigegeben“. 4

Diese Gestaltungselemente sind u. a. in Filmen mit einer FSK 12 zu finden: • Bedrohungs- und Konfliktsituationen sind inhaltlich angebunden an die erzählte Geschichte, • es können schnelle Schnitte, düstere Farben und eine effektvolle Vertonung zum Einsatz kommen, • positive Figuren dominieren gegenüber Figuren mit antisozialem Verhalten und die Geschlechterrollen sind geprägt von partnerschaftlicher Beziehung, • Heldinnen und Helden mit Anreiz zur Identifikation werben nicht für ein gewalttätiges, zerstörerisches Verhalten, • Bilder von Gewalt oder Sexualität werden kritisch reflektiert. 5

USK 12 – Altersfreigabe von Computerspielen Spiele ab 12 Jahren sind meist action- und kampfbetont. Die Spielszenarien werden oft von einer historischen, futuristischen oder einer märchenhaft-mystischen Handlung gerahmt, sodass sie ausreichend Distanzierungsmöglichkeiten für Spielerinnen und Spieler bieten. Unter diese Altersfreigabe fallen Arcade-, Strategie- und Rollenspiele sowie klassische Adventuregames oder auch militärische Simulationen. Für entspannten Spielspaß achten Sie immer auf alters-­ gerechte Games! Denn Gewaltdarstellungen, sexualisierte Inhalte oder eine zu spannende Handlung können jungen Spielerinnen und Spielern noch Angst machen oder sie verstören. i Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (kurz: USK) ist die freiwillige Selbstkontrolle der Computerspielindustrie in Deutschland. Sie vergibt nach den Vorgaben des Jugendschutzgesetzes für Computerspiele und Computerspieltrailer die gesetzlichen Altersfreigaben. Kinder und Jugendliche dürfen nur Computerspiele kaufen und spielen, die für ihre Altersgruppe freigegeben sind. Spiele ab 12 Jahren sind grün markiert und tragen den Zusatz „ab 12 Jahren freigegeben“. TINES TIPPS 6

Computerspielsucht Ob gemeinsam oder allein, ob Rennspiel, Strategiespiel oder Rollenspiel – Computerspiele machen vor allem online extrem viel Spaß, das steht außer Frage. Um einer Sucht vorzubeugen, sollten Eltern wie bei allen Medien darauf achten, dass sie mit ihren Kindern klare Nutzungszeiten vereinbaren, über die Inhalte sprechen und diese gemeinsam auswählen. Was macht die Faszination aus? Insbesondere bei Strategiespielen tauchen Spielerinnen und Spieler oft in Echtzeit tief in die Handlung ein und damit aus der echten Welt ab. Die spannende Handlung, das Gefühl von Macht und Kontrolle und auch die Zusammenarbeit mit anderen Spielern und Spielerinnen üben eine starke Anziehung aus. Durch den Rausch, den dieser Spielspaß mit sich bringt, passiert es allerdings allzu leicht, dass ein halber Tag oder die Nacht vor dem PC oder der Konsole verbracht wird. Wie kann ich einer Spielsucht entgegenwirken? Interesse zeigen Ihr Kind braucht das Gefühl, dass Sie sich für das interessieren, was es macht. Lassen Sie sich die Faszination erklären und schauen Sie auch mal längere Zeit zu. Denn nur so können Sie nachvollziehen, warum Ihr Kind so gerne und auch manchmal so lange spielt. Es ist wichtig, die Bedürfnisse und Interessen der Heranwachsenden wahrzunehmen und nicht den Medienkonsum von vornherein abzuwerten. Digitale Spiele sind Teil der aktuellen Jugendkultur. Gemeinsame Regeln vereinbaren und konsequent bleiben Starre Zeitvorgaben bringen bei den meisten Computerspielen nicht so viel, wie ein wöchentliches Zeitbudget, über das Ihr Kind selbst verfügen darf, wenn bestimmte Rahmenbedingungen, wie die Erledigung der Hausaufgaben, das Duschen, das gemeinsame Essen oder die Schlafenszeit eingehalten werden. Sie würden es doch auch nicht wollen, ein Buch an einer sehr spannenden Stelle weglegen zu müssen, weil sie die 30 Minuten Lesezeit erreicht haben. Machen Sie Ihrerseits aber deutlich, warum die Einhaltung der Regeln wichtig ist. Wenn allerdings die Prioritäten nicht mehr richtig gesetzt werden, so dass Verpflichtungen, wie die Hausaufgaben vergessen oder soziale Bindungen, wie Treffen mit den Freunden und Freundinnen vernachlässigt werden, sollten Sie ein ernstes Gespräch führen. 7

Nur noch Augen für „Fortnite“ Mein Neffe Leo liebt Computerspiele. Neben „Minecraft“ (hier können unter anderem eigene Welten gebaut werden) darf er nun endlich „Fortnite“ spielen. Leo ist ganz aufgeregt und spielt voller Begeisterung gleich mehrere Stunden am Stück. Am nächsten Tag geht er nach der Schule direkt wieder online, die Hausaufgaben hat er total vergessen. Im Spiel hat er einen anderen Gamer gefunden und die beiden verabreden sich zum Spielen fürs Wochenende. Dass Leo eigentlich mit seinem Freund Sebastian ins Schwimmbad wollte, ist ihm egal. Leider belügt er dann auch noch seine Mutter und behauptet, Sebastian hätte abgesagt. Als dessen Mama jedoch nachfragt, wird meine Schwägerin Anne stutzig und stellt Leo zur Rede. Mein Bruder Max ruft mich an und bittet mich um Hilfe. Gemeinsam sprechen wir mit Leo. Leo erklärt uns, warum er das Spiel so cool findet. Für mich als Gelegenheits-Gamerin klingt das wirklich alles sehr spannend. Aber wir machen Leo klar, dass er deswegen nicht die Hausaufgaben vergessen oder seine Freunde versetzen darf. Wir erstellen eine Art Computer-Zeitplan: Leo darf in Zukunft pro Woche eine gewisse Anzahl an Stunden spielen, die Zeit darf er sich selbst einteilen, so lange die Hausaufgaben erledigt sind und die echten Freunde nicht vergessen werden. Vorbild sein und Alternativen vorschlagen Legen auch Sie öfter Handy oder Tablet weg und schlagen Sie Alternativen fernab der digitalen Welt vor, z. B. ein spannendes Buch oder ein Brettspiel mit der Familie. i Suchtartiges, also übermäßiges Computer- oder Videospielen ist seit 2018 durch die Weltgesundheitsorganisation WHO als Krankheit („Gaming Disorder“) anerkannt. Damit ist bei Bedarf eine Behandlung, also eine Therapie, begründet und die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. Schon mal darüber nachgedacht, einen zusätzlichen Zeitbonus einzuführen? Ihr Kind liest zu wenig? Vielleicht lässt es sich motivieren, wenn es für 30 Minuten Lesezeit 15 Minuten zusätzlich spielen darf? So merkt es, dass ein spannendes Buch genauso fesseln kann wie ein Computerspiel. HEY LEO, KOMM DOCH RAUS ZUM SPIELEN! TINES TIPPS 8

Wie kann ich erkennen, ob mein Kind computerspielsüchtig ist? Nicht jedes Kind ist automatisch spielsüchtig, wenn es an mehreren Tagen hintereinander ein neues Computerspiel spielt! Phasen des exzessiven Spielens können gerade im Jugendalter normal sein: Diese Phase ist geprägt von exzessiven Verhaltensweisen sowie dem Ausloten von Grenzen. Konflikte mit den Eltern sind – auch mit Blick auf Medien – meist Ausdruck eines ganz normalen Prozesses der Ablösung und des Aufbaus einer eigenen Identität. Und das Spiel hat eine wichtige Funktion bei Heranwachsenden: Hier können sie sich gefahrlos ausprobieren und als selbst-­ wirksam erleben. Hilfs- und Beratungsstellen haben wir Ihnen am Ende des Hefts aufgelistet. Spielsucht kann dann vorliegen, wenn Ihr Kind über einen längeren Zeitraum Soziale und psychische Folgen können auftreten Spielsucht kann körperliche Auswirkungen haben � nur noch ans Spielen in der virtuellen Welt denkt, � die Zeit, die es am Computer verbringt, nicht mehr begrenzen kann oder will, � launisch oder aggressiv reagiert und auch bei eingeschränktem Zugang zu Computer oder Konsole heimlich weiterzuspielen versucht, � alle anderen sozialen Kontakte vernachlässigt, � das komplette Taschengeld (und/oder auch das Geld der Eltern) in ein bestimmtes Spiel investiert. � Probleme in der Schule oder Ausbildung bzw. im Job, � Konflikte mit Familie oder Freunden, � Verminderte Konzentrationsfähigkeit, � Depression/Ängste. � Schlafstörungen, � Erschöpfung/Antriebslosigkeit, � Verspannungen, � Essstörungen (Hungergefühl ignorieren,oder ungesunde Ernährung), � Vernachlässigte Körperpflege, � Einnässen durch komplettes Abtauchen in Spielwelt. i 9

Lootboxen Lootboxen (Beuteboxen) können in digitalen Spielen gefunden, freigeschaltet oder auch für echtes oder im Spiel erworbenes virtuelles Geld gekauft werden. Sie enthalten neben wenig attraktiven Inhalten auch besonders begehrte und seltene Überraschungen, wie z. B. Waffen, Tränke oder Verkleidungen, die für den Spielverlauf hilfreich sind. Die Käuferinnen und Käufer wissen jedoch vorher nicht, was in der Box ist. Sie werden so lange zum Kauf animiert, bis der gewünschte Gegenstand endlich dabei ist. Welche Gefahren gehen von Lootboxen aus? Lootboxen sind mit „Glücksspielen“ vergleichbar:­ Durch die Hoffnung, die gewünschten Inhalte zu erhalten, können sie zu unkalkulierbaren Ausgaben führen. Besonders Kinder, aber auch Jugendliche, sind dabei gefährdet. Sehr problematisch sind Spiele, bei denen die Lootboxen für den Spielerfolg entscheidend oder notwendig sind („Pay-to-win-Spiele“). Kinder und Jugendliche verwenden nicht selten ihr komplettes Taschengeld, um mit Lootboxen erfolg-­ reicher spielen zu können. Bei mobilen Spielen können Kosten entstehen, wenn die Eltern im App Store oder im Google Play Store ihre Kreditkarte hinterlegt haben. „In-Game-Käufe“ in den Einstellungen des Smartphones des Kindes ausschließen. Spezielle Apps helfen dabei, den Überblick zu behalten. i Für die Hersteller von kostenfreien Computerspielen sind diese Überraschungsboxen eine Möglichkeit, ihre Produktionskosten wieder zu erwirtschaften. TINES TIPPS 10

Wie ist die Rechtslage zu Lootboxen? Weil Lootboxen in den jeweiligen Spielen ganz unterschiedlich eingebunden und genutzt werden, ist es für den Gesetzgeber schwierig, eine einheitliche Reglung zu schaffen. Lootboxen sind in manchen Ländern stark reguliert oder verboten, da sie dem Glücksspiel zugeordnet werden. So hat Belgien sie aus Jugendschutzgründen verboten. Mit dieser Maßnahme soll auch die Spielsucht bekämpft werden. Das neue Jugendschutzgesetz in Deutschland kennt nun Schutz ziele für den Kinder- und Jugendmedienschutz. Diese sollen insbesondere auch Risiken durch Kommunikations-, Kontakt- und Kauffunktionen, exzessives Mediennutzungsverhalten und nicht altersgerechte Kaufaufforderungen verringern. - - So verhindern Sie die Lootbox-Falle � Lesen Sie gründlich die AGBs, bevor Sie oder Ihr Kind ein Online- oder mobiles Spiel herunterladen oder kaufen. � Vielleicht spielen Sie das Spiel eine Zeitlang mit Ihrem Kind, um zu sehen, welche möglichen Kostenfallen oder Risiken im Spiele lauern. � Stellen Sie die Smartphone-Sicherheitseinstellungen so ein, dass Ihr Kind keine kostenpflichtigen Spiele bzw. „In-AppKäufe“ ohne Ihre Zustimmung (durch die Eingabe eines Pins) erwerben kann. � Möglicherweise können Sie beim Mobilfunkprovider ein limitiertes Monatsbudget für mobile Spiele festlegen. Ihr Kind kann so in einem sicheren Rahmen lernen mit Geld umzugehen. � Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die Risiken, damit es sie versteht und lernt, mit den Gefahren dieser Angebote umzugehen. ­ i Bei Minderjährigen sind Zahlungsaufforderungen seitens der Spieleanbieter nur dann rechtskräftig, wenn die gesetzlichen Vertreterinnen bzw. Vertreter der Kinder dem Kaufvertrag (zwischen der/dem Minderjährigen und dem Spieleanbieter) vorab zugestimmt haben oder wenn die Kinder die Kosten komplett mit dem eigenen Taschengeld bezahlt haben. Was tun, wenn Ihr Kind in die Lootbox-Falle getappt ist? 11

Wodurch unterscheiden sich Download, Filesharing und Streaming? (Illegale) Downloads und Streams Den aktuellsten Kinofilm daheim anschauen und kostenlos runterladen – das erscheint auf den ersten Blick verlockend. Werden aber urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal heruntergeladen oder sogar geteilt, so ist das strafbar und kann zu hohen Geldstrafen führen. Für minderjährige Söhne und Töchter haften in solchen Fällen die Eltern. Download Das Video wird als Datei auf dem Gerät abgespeichert und kann jederzeit oder so oft abgespielt werden, bis die Downloadrechte abgelaufen sind. Filesharing Dateien werden zwischen einzelnen Personen im Internet ausgetauscht. Streaming Das Video wird direkt im Browserfenster wiedergegeben und kann nicht geteilt oder gespeichert werden. Natürlich sind nicht alle Streams illegal. Mittlerweile gibt es zahlreiche kostenpflichtige, aber auch kostenfreie Angebote, um Videos oder Musik bzw. Hörbücher zu genießen. Nicht immer ist jedoch auf den ersten Blick erkennbar, ob eine Seite illegal oder legal ist. 12

Wie erkenne ich illegale Streaminganbieter? Beispiele für legale Streamingplattformen Illegales Streaming: verboten Fragwürdige, meist kostenfreie Webseiten bieten sehr aktuelle Filme und Serien an. Die Qualität kann schlecht sein, da oft aus dem Kinosaal abgefilmt wird. Illegale Streamingseiten haben keine Nutzungserlaubnis der Urheberin/des Urhebers erworben. Illegale Streamingseiten haben oft ähnliche Namen und wechseln diese häufig, um der Strafverfolgung zu entgehen. Kostenpflichtige Video-Angebote: Netflix, Amazon Prime Video, Sky, Watchever, Maxdome, Joyn, Apple TV, Disney Plus, … (Kostenpflichtige) Streaming-Dienste für Musik, Hörbücher und Hörspiele: Spotify, Apple Music, Amazon Prime Music, Deezer, ardaudiothek, … Kostenlose Video-Angebote: Mediatheken aller öffentlich-rechtlichen TV-Sender: z. B. ARD oder ZDF. Legales Streaming: erlaubt Über einen eigenen Account auf einer kostenpflichtigen Seite oder über eine Mediathek können Filme, Serien, Dokus angesehen werden. Die Qualität ist gut. Die Urheberin/der Urheber hat der anbietenden Plattform eine Nutzungserlaubnis erteilt oder die Anbietenden besitzen selbst das Urheberrecht (z. B. bei Eigenproduktion). Der Name bleibt immer gleich. 13

Was ist mit Videos auf YouTube oder Vimeo? i i Auf YouTube oder Vimeo findet man immer wieder illegal hochgeladene Filme. Strafbar machen sich dabei diejenigen, die die Videos hochgeladen haben, für die sie keine Urheberrechte besitzen. Es machen sich aber auch Personen strafbar, die einen selbst erstellten Film hochladen, der mit einer Musik unterlegt ist, für die sie keine Rechte besitzen. Wer über diese Plattformen einen Film ansieht, muss sich keine Gedanken über die Urheberechte machen, da hier der Anbietende selbst, also YouTube bzw. Vimeo, die Verantwortung trägt. Laut dem Urteil vom EuGH (April 2017) ist schon das Anschauen von Filmen, Serien o. Ä. auf illegalen Streamingseiten strafbar. Zwar werden in der Regel nur diejenigen strafrechtlich verfolgt, die Inhalte auf die Streamingseiten hochladen oder diese Seiten betreiben; aber auch Nutzerinnen und Nutzer solcher Seiten können belangt werden. Wie kann man sich sicher sein, dass man sich im legalen Bereich bewegt? – Tipps für Eltern und Jugendliche � Bekannte Mediatheken und (kostenpflichtige) Streaming-­ seiten oder Video-on-demand Plattformen nutzen. Diese bieten in der Regel auch günstige Familienaccounts mit Altersbeschränkungen an. � Illegale Streamingseiten in den Sicherheitseinstellungen für Computer/Tablet/Smartphone Ihres Kindes sperren. � Jüngere Kinder mit Whitelists surfen lassen, d. h., es können nur die vorgeprüften, kindgerechten Webseiten der Whitelist aufgerufen werden. � Mit Kindern besprechen, warum illegales Streaming/­ Downloads gefährlich sind, denn • es kann Schadsoftware auf den Computer oder das Smartphone gelangen und • es drohen rechtliche Konsequenzen, da es strafbar ist. Illegales Streaming: rechtliche Lage 14

Cybermobbing Beim Cybermobbing werden Menschen online auf unterschiedlichen sozialen Plattformen oder in Chats von Einzelpersonen oder Gruppen seelisch schikaniert und verletzt. Was ist Cybermobbing? Die meisten Jugendlichen sind online und auf verschiedenen sozialen Netzwerken wie WhatsApp, Instagram, Snapchat oder TikTok sehr aktiv. Dass dieses vernetzte Leben nicht immer harmonisch verläuft, zeigen die steigenden Zahlen der Cybermobbing-Fälle.­ Die Täterinnen und Täter, sogenannte „Cyberbullies“, bleiben dabei meistens anonym und haben in der Netzgemeinde ein riesiges Publikum. Sie sind schwer zu fassen, weil sie sich hinter Nicknamen und gefälschten Benutzerprofilen verstecken können. Die Angegriffenen haben meist keinerlei Kontrolle darüber, was über sie geschrieben wird und welche ihrer Daten weitergeben werden. Die Ausprägungen reichen vom Verbreiten einer Lüge via Klassenchat über weitergeleitete private Fotos bis zu zusammengebastelten Videos. Mögliche Alarmzeichen bei den Opfern: � Leistungsabfall in der Schule:­ Konzentrationsschwierigkeiten, Schuleschwänzen � Plötzliche Verhaltensänderungen: Ängstlichkeit oder Aggression � Desinteresse am Hobby � Gesundheitliche Probleme: Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Unwohlsein � Sich zurückziehen � Niedriges Selbstwertgefühl � Selbstverletzendes Verhalten 15

Vor der Klasse bloßgestellt Leider ist auch Sara, mein Nachbarskind, Opfer von Cybermobbing geworden. Bei Sara fing das Ganze so an, dass sie auf ihrem eigenen Blog ein neues Video hochgeladen hat, in dem sie zu einem ihrer Lieblingslieder tanzt. Dafür hat sie sehr lange geübt, hat sich ein Outfit zusammengestellt, hat sogar eine Ecke ihres Zimmers dekoriert und ist nun zu Recht verdammt stolz auf ihr Video. Ganz allein hat sie alles geschnitten und ist nun sehr gespannt, wie das Video so ankommt. Doch bereits der erste Kommentar versetzt ihr einen Stich. „Dein Tanz ist voll lame!!“, steht da. Im nächsten „Du Lauch, lern erstmal tanzen“. So geht das immer weiter. Sara löscht das Video, doch kurze Zeit später vibriert ihr Handy. Jemand hat das Video gefunden, direkt in den WhatsApp-Klassenchat geladen und ihr Lied gegen ein peinliches Kinderlied ausgetauscht. Nun lacht fast die ganze Klasse über ihren Auftritt. Sara will vor Scham im Boden versinken. Sie fängt an zu weinen. „Haha, das lad‘ ich auf TikTok hoch, dann sieht’s die ganze Welt!“, schreibt jemand. Bitte nicht!!! Sara bekommt es immer mehr mit der Angst zu tun. Nein, in die Schule kann sie nun auf keinen Fall mehr gehen. Und auch nie wieder ein Video posten. Dabei liebt Sara das Tanzen so sehr. Beim Abendessen bin ich zufällig dabei, weil mich ihre Mutter Aylin zum Essen eingeladen hat. Wir bemerken, dass Sara sehr ruhig und in sich gekehrt ist, den Tränen nahe. Wir sprechen Sara an und erfahren, was passiert ist. Nun überlegen wir gemeinsam, was wir tun können, um noch Schlimmeres abzuwenden. OH GOTT, NEIN, WAS MACH ICH DENN JETZT? 16

Was können Eltern tun, wenn das eigene Kind zum Opfer wird? � Wenden Sie sich nach Rücksprache mit Ihrem Kind gemeinsam an die entsprechenden Fachkräfte (z. B. Klassenlehrerin und -lehrer, Schulpsycholo ginnen und -psychologen, Beratungs- und Ver trauenslehrkräfte, schulische Sozialarbeiterinnen und -arbeiter). So kann u. U. auch das persönliche Gespräch in einem geschützten bzw. betreuten Rahmen mit der Täterin oder dem Täter hergestellt und verdeutlicht werden, wie sehr die Attacken - - verletzen. � Sperren und ignorieren Sie die Täterinnen und Täter. � Dokumentieren Sie alles. Screenshots der Nach richten und Chatverläufe können als Beweismittel verwendet werden! - � Erstatten Sie im schlimmsten Fall Anzeige, wenn Sie nicht weiterkommen. Cybermobbing kann strafrechtlich verfolgt werden. i Aktuell gibt es noch keinen eigenen Straftatbe stand für Cybermobbing. Werden jedoch andere Straftatbestände wie Be leidigung, Nachstellung, Nötigung oder Verletzung des Persönlichkeitsrechts erfüllt, können Freiheits oder auch Geldstrafen drohen. - - - Unterschied: Mobbing – Cybermobbing Mobbing � In der Schule oder am Arbeitsplatz, � Überschaubare Reichweite, � Verbale, psychische und auch physische Gewalt, � Täterinnen und Täter sind bekannt (z. B. aus der Klasse) und somit greifbar. � Auch außerhalb der Schule bzw. dem Arbeitsplatz in den sozialen Netzwerken/Foren, � Größere Reichweite, � Verbale, psychische Gewalt, � Täterinnen und Täter können oft schwer „gefasst“ werden, wenn sie in den sozialen Medien anonym bleiben. Cybermobbing 17

Die Täterinnen und Täter sind in der Klasse oft sehr beliebt und geachtet. So schaffen sie es, andere auf ihre Seite zu ziehen und sich gegen eine Person oder eine Gruppe zu verbünden. Zusammen in der Gruppe wird dann das Opfer beleidigt und beschimpft. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind selbst andere mobbt, müssen Sie sofort eingreifen und dieses Verhalten stoppen. Je früher Sie aktiv werden, desto besser! Machen Sie Ihrem Kind deutlich, wie sich sein Opfer durch ein solches Verhalten nun fühlt. Dass es traurig und verzweifelt ist und auch Angst hat. Mobbing ist kein Spiel und kann ernsthafte (rechtliche) Konsequenzen haben. Ein Smartphone- oder Computerverbot kann zusätzlich helfen. So hat Ihr Kind nicht die Möglichkeit, das Mobbing fortzusetzen. Anbieter von Plattformen haben eine Melde- oder Beschwer defunktion, mit welcher man unangemessene Kommentare melden kann. - Cybermobbing oder Mobbing verleiht den Täterinnen und Tätern ein gewisses Machtgefühl. Manchmal geschieht es aus Langeweile, manchmal ist es eine Art Wettbewerb oder auch Rache für selbst erlittene Demütigungen. Die Opfer sind oft die Klassenaußenseiterinnen und -außenseiter oder Kinder/ Jugendliche, die in der Klasse oder in der Chatgruppe besonders auffallen bzw. nicht gut integriert sind und weniger Rückhalt in der Gemeinschaft finden. Wer sind Cyberbullies? Warum werden manche Kinder zu Cyberbullies? Fragen/Antwort Wie bringt man sie zum Aufhören? 18

Sexting Beim Sexting geht es darum, erotische Bilder, Bilder in Bikini oder Badehose und Nacktbilder in aufreizenden Posen an den Freund oder die Freundin zu verschicken. Sara, schick mir ein Foto! Mein Nachbarskind Sara hat einen Freund. Wunderschöne Augen hat ihr Jonas und perfekte Locken. In der Schule treffen sich die beiden immer auf dem Pausenhof und schreiben sich täglich Nachrichten. Auch Memes (witzige Bilder oder Videos) sind dabei und Fotos. Jonas findet es toll, wenn Sara ihm Fotos mit Bikini aus dem Schwimmbad schickt. Die kommentiert er dann immer mit Herzsmileys und wünscht sich, Sara möge doch beim nächsten Bild das Bikinioberteil ganz weglassen. Sara ist sich aber unsicher. Mit ihrer Mutter hat sie schon häufiger über Gefahren bei der Smartphone-Nutzung gesprochen, aber dieses Thema ist ihr etwas unangenehm. Deshalb wollte sie nun von mir wissen, was sie tun soll. Sara erzählt mir, dass sie es ja aufregend findet und sich freut, dass Jonas sie so sexy findet. Sie fürchtet, Jonas könnte das Interesse an ihr verlieren, wenn sie nicht einen Schritt weitergeht. Sara tanzt sehr gerne und posiert auch oft vor dem Spiegel, aber nackt hat sie das bisher noch nicht gemacht. Ich äußere meine Bedenken: Was, wenn Jonas und Sara plötzlich Schluss machen und Jonas sauer auf Sara sein sollte? Was, wenn Jonas die Bilder seinen Freunden zeigt oder irgendwo postet, um Sara zu ärgern? Warum ist Sexting bei Jugendlichen beliebt? Sexting kann ein Liebes- oder ein Vertrauensbeweis sein. Oft werden die Bilder verschickt, um der Beziehung mehr Pep zu verleihen. Einige Jugendliche nutzen Sexting zur Selbstdarstellung im Freundeskreis, denn Sexting befriedigt den Wunsch nach Austausch und auch den Vergleich unter Gleichaltrigen. Zudem ist es Ausdruck der eigenen Selbstbestimmung und des Experimentierens mit der eigenen Sexualität. 19

Gibt es „sicheres“ Sexting? � Sprechen Sie mit Ihren Kindern über den sicheren Umgang mit sozialen Netzwerken. Überprüfen Sie regelmäßig gemeinsam die Sicherheits- und Privatsphären-Einstellungen der Profile. � „Einmal im Netz ist immer im Netz.“ – Bilder können zwar auf den Plattformen oder in den Chats gelöscht werden, jedoch ist nicht nachvollziehbar, ob und wo sie dann immer noch auffindbar sind. � Es sollten nie Ganzkörperbilder verschickt werden, auf denen das Gesicht klar erkennbar ist. � Sprechen Sie mit Ihrem Kind auch darüber, niemals ohne Erlaubnis Bilder von anderen weiterzugegeben. Das ist verboten! Wenn überhaupt, dann zeigen, statt senden! Denn so behält Ihr Kind sein Bild für sich.  SCHICK MIR MAL EIN BILD OBEN OHNE :) HMM, SOLL ICH? TINES TIPPS 20

Ist Sexting gefährlich oder sogar verboten? Was tun, wenn intime Bilder meines Kindes veröffentlicht wurden? � Machen Sie Ihrem Kind keine Vorwürfe und geben Sie ihm nicht die Schuld. Die Situation ist schon belastend genug. � Falls die Bilder auf einem sozialen Netzwerk veröffentlicht wurden, wenden Sie sich an den Service und veranlassen Sie das Löschen der Bilder. � Falls sich der Vorfall im Schulkontext ereignet hat, können Sie in Rücksprache mit Ihrem Kind gemeinsam die Vertrauenslehr kraft und den schulpsychologischen Dienst kontaktieren. - � Generell gilt: Wenn persönliche Bilder ohne Einverständnis weitergegeben werden, verletzt dies das Recht am eigenen Bild und stellt eine Straftat dar. Täterinnen und Täter können dafür mit einer Geld- oder auch Freiheitsstrafe belangt werden. � Sie können sich auch an die Polizei wenden. Die Weitergabe von intimen, erotischen Bildern und Videos ist eine Straftat, insbesondere wenn das Opfer minderjährig ist. Hier müssen dann die Eltern eine Anzeige erstatten. i Sexuelle Darstellungen von Kindern (bis 13 Jahre) sind aus nahmslos verboten. Bei Erwachsenen ist Sexting nicht verbo ten, solange die eigenen, persönlichen Bilder oder Videos nur für den privaten Gebrauch einvernehmlich und freiwillig an das Gegenüber versendet wurden und keine Persönlichkeitsrechte dabei verletzt werden. Das Tauschen von eigenen Fotos oder Videos, Posenfotos oder pornografischen Aufnahmen unter zwei Jugendlichen ab 14 Jah ren ist ebenfalls straffrei, wenn beide damit einverstanden sind und die Aufnahmen nicht weitergeleitet werden. Allerdings ist es grundsätzlich verboten, solche Videos und Bil der von Minderjährigen zu verbreiten. Hier drohen hohe Strafen wegen der Verbreitung von Kinder- oder Jugendpornografie! Zudem ist es verboten, Aufnahmen ohne das Einverständnis der Abgebildeten an Dritte weiterzuleiten. Dies geschieht nicht selten aus „Spaß“ oder aus Rache bei Beziehungsproblemen. - - - - 21

22 Sextortion Bei Sextortion („sexuelle Erpressung“) werden die Opfer mit intimen Bildern von sich erpresst. Diese Aufnahmen kann sich die oder der Erpressende beschafft oder auch geschickt bekommen haben. Es wird gedroht, die Bilder zu veröffentlichen oder weiterzuleiten, wenn ein geforderter Geldbetrag oder eine andere Gegenleistung nicht recht zeitig gezahlt bzw. erbracht wird. Tendenziell sind eher Erwachsene betroffen, da von ihnen höhere Geld beträge erpresst werden können. Dennoch können auch Jugendliche Opfer von Sextortion werden, das mehr und mehr im Schulkontext statt findet. Dabei gehen Cybermobbing und Sextortion oft Hand in Hand. -­ - - Wie kann man bei Sextortion vorgehen? ­ � Wenden Sie sich an eine Vertrauensperson und holen Sie sich Unterstützung, z. B. durch eine Beratungsstelle. � Keinesfalls das geforderte Geld überweisen, da die Er pressung nach der Zahlung meist nicht aufhört. - � Kontakt zur Erpresserin bzw. zum Erpresser abbrechen, keine Nachrichten beantworten und diese Person blockieren. ­ � Chatverläufe und Erpressermails oder -nachrichten nicht löschen, sondern zur Beweislast sichern. � Anzeige bei der Polizei erstatten.

YouTube und seine Influencerinnen und Influencer Das Videoportal YouTube ist eine der beliebtesten Social-Media-Plattformen bei Kindern und Jugendlichen. Die Video-Plattform TikTok wächst aktuell am stärksten bei dieser Zielgruppe. Aber auch Instagram und Snapchat, beides Plattformen für Videos und Fotos, sind nach wie vor sehr beliebt. Auf all diesen Plattformen können selbstgedrehte Videos und Fotos hochgeladen werden. Zudem finden Kinder und Jugendliche dort Anregungen für die Entwicklung ihrer Identität. Warum will mein Kind YouTuberin bzw. YouTuber werden? Für viele fühlt es sich so an, als könnte man mit vermeintlich wenig Aufwand den großen Traum leben. War früher der Berufswunsch „Popstar“ oder „Profifußballer“, ist es heute „YouTuberin“ bzw. „YouTuber“. Das eigene Leben abfilmen, dafür von der Welt gefeiert und von Werbepartnern fürstlich entlohnt werden – für wen klingt das nicht traumhaft? Und es kann doch wirklich nicht so schwer sein: Das Schmink-Tutorial, das macht man doch vor dem Frühstück, das Abfilmen des Computerspiels, das man eh jeden Abend zockt, die Dokumentation der Reise in den Freizeitpark, bei der man sowieso viele Videos und Fotos machen wollte? Alles ein großer Spaß und fast kein Arbeitsaufwand, oder? Was sind Influencerinnen und Influencer? Einige der dort vertretenen Video-Produzentinnen und Produzenten haben einen so hohen Zuspruch (Reichweite), dass sie in der Lage sind, andere Kinder, Jugendliche und Erwachsene in ihrer Meinungsbildung und bei Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Aufgrund diesen großen Einflusses nennt man diese Personen Influencerinnen und Influencer. Gerade in der Pubertät können sie zudem als Vorbild dienen; sie können helfen, die eigene Identität zu finden und zu festigen, sowie eine Orientierungshilfe sein, gerade bei Themen wie der ersten Liebe, die viele Kinder nicht so gerne mit den eigenen Eltern besprechen. 23

So viel Aufwand steckt hinter einem Video Dass vor jedem Video ein anstrengender Weg liegt, wird oft übersehen. Bloggerinnen und Blogger – also diejenigen, die Videos professionell produzieren, Texte schreiben, Bilder bearbeiten etc. – müssen jeden Tag aufs Neue kreativ sein. Recherche: Sie recherchieren stunden- oder auch tagelang nach neuen Themen und überlegen sich eine Art Drehbuch für ihr Video. Geht es im neuen Video um einen Produkttest? Wird es ein Unboxing (Auspacken eines neuen Geräts), ein Haul (Vorstellen der letzten Einkaufstour), ist es ein Tutorial (ein Anleitungsvideo), ein Interview, ein Sketch oder wird es ein Video-Tagebuch (Vlog)? Dreh: Ist das Genre entschieden, dann wird gedreht. Dafür ist es wichtig, wo die Kamera platziert ist, ob sie auf einem Stativ steht oder gehalten wird. Es werden oft mehrere Versionen einer Szene gefilmt, um diese hinterher gut schneiden zu können. Schnitt und Post-Production: Beim Schnitt werden Effekte eingebaut und Filter darüber gelegt oder auch einige Stellen neu vertont. Dafür braucht es ein gutes und leicht bedienbares Schnittprogramm. Veröffentlichung: Ist das Video fertig bearbeitet, kann es gepostet (hochgeladen) werden. Hier ist es wichtig, die Sicherheitseinstellungen zu beachten, also festzulegen, wer das Video später einmal sehen darf. Diese kann „privat“ sein, damit nur ausgewählte, befreundete Personen es sehen können, oder „öffentlich“, sodass es alle sehen können. Bewerbung: Danach geht es an die Verbreitung über die verschiedenen Plattformen. Ausschnitte oder Verlinkungen des Videos landen auf Facebook, Instagram, TikTok oder Snapchat. Moderation: Wird das Video von anderen bewertet und kommentiert, geht es ans Moderieren der Kommentare, ans Beantworten von Fragen, aber auch ans Blockieren von Trollen und Löschen von Hasskommentaren. 24

Als Trolle werden Personen bezeichnet, die andere absichtlich durch ihre Kommentare auf Blogs, Chats oder Foren provozieren, um die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner aufzuregen und um sie zu wütenden oder gar beleidigenden Reaktionen zu bringen. Im Gegensatz zu Trollen, die aus Spaß stören und provozieren, sind Hater von ihren eigenen Ansichten überzeugt. Das Gegenüber wird verbal attackiert und psychisch verletzt, weil es andere Ansichten hat. Was tun? Am besten werden Trolle und Hater ingnoriert und ihren bewusst gesetzten Provokationen keine Aufmerksamkeit geschenkt. LASST MIR EIN LIKE DA. Was sind Trolle und Hater? 25

Darf mein Kind mit dem eigenen Kanal Geld verdienen? Geld lässt sich mit den Videos oder Foto-Posts über Werbepart nerschaften verdienen. Während bei den berühmten Influencerin nen und Influencern das Management die Werbeverträge aushandelt, müssen sich Neulinge und weniger bekannte Personen selbst um alles kümmern. Wenn also Influencerin XY plötzlich für ein bestimmtes Pflegemittel wirbt und auf die Produktseite des Herstellers verlinkt, dann wahrscheinlich nicht, weil sie es so über zeugend findet – sondern weil sie Geld dafür bekommt. Wenn YouTuber XY berichtet, in einem bestimmten Hotel einen sehr ent spannten Urlaub verbracht zu haben, hat er wahrscheinlich vom Hotel eine entsprechende Gegenleistung bekommen. - - - - Wichtig ist: Ein Post, für den die oder der Bloggende Geld oder auch den geldwerten Vorteil (eine Reise, Markenkleidung oder eine neue Uhr) bekommt, muss immer als Werbung gekennzeich net werden, sonst droht eine Abmahnung. - Von Werbung kann immer dann ausgegangen werden, wenn das Produkt so platziert wird, dass der Hersteller einen Vorteil daraus ziehen kann, also seine Bekanntheit oder seine Verkaufs zahlen mit Hilfe des Posts steigern könnte. Eine Abmahnung kann auch drohen, wenn die Schokocreme eines bestimmten Herstellers prominent auf dem Frühstückstisch steht, ohne dass sie direkt benannt wird. - Bis ein Internetauftritt, ein Kanal erfolgreich wird, bis man sich eine starke Online-Präsenz aufgebaut hat, vergehen oft Monate – falls es überhaupt gelingt. Die Konkurrenz ist sehr, sehr groß. Nur wenige YouTuberinnen und YouTuber schaffen es bis an die Spitze und können ihren Lebensunterhalt damit verdienen. Von Bedeutung ist dabei immer die Reichweite des Kanals. Erst ab einer erheblichen Anzahl Followerinnen und Follower ist ein Kanal für ein Unternehmen interessant und erst dann bieten sie eine Kooperation (und damit Werbeeinnahmen) an. 26

� Helfen Sie Ihrem Kind im Anschluss dabei, mit den Reaktionen umzugehen. Moderieren Sie die Kommentare auf den Kanälen. Sie können z. B. im Videomanager einstellen, dass Kommentare freigeschaltet werden müssen. � Ziehen Sie die Konsequenzen: Löschen Sie ein Video wieder, sollten die Reaktionen darauf für Ihr Kind schädigend sein, und blockieren bzw. melden Sie störende Nutzerinnen und Nutzer. � Kinderrechte beachten! Kinder haben insbesondere ein Recht auf: • Schutz ihrer Privatsphäre, • Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte, • Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung, • Schutz vor den negativen Auswirkungen ihrer medialen Präsenz. � Falls ihr Kind tatsächlich erfolgreich ist und mit dem Kanal Geld verdient, dürfen diese Rechte nicht in den Hintergrund treten. � Daneben müssen Sie sicherstellen, dass die mediale Anerkennung, die Ihr Kind erfährt, keine negativen Folgen hat. � Das Jugendarbeitsschutzgesetz verbietet die Beschäftigung von Kindern unter 13 Jahren. Ab 13 Jahren ist die Beschäftigung nur unter bestimmten stark eingeschränkten Auflagen erlaubt. Mein Kind möchte Videos auf YouTube stellen. Was gibt es zu beachten? � Legen Sie Im Vorfeld über die Einstellungen in den jeweiligen Plattformen fest, wer die Videos der eigenen Kinder sehen kann. � Lassen Sie nie das (jüngere) Kind allein Videos hochladen! � Prüfen Sie immer genau, was gezeigt werden kann und was nicht. � Denken Sie immer an die Persönlichkeitsrechte aller Gefilmten und holen Sie sich deren (schriftliches) Einverständnis ein! Soll das Video wirklich gezeigt werden? Die „Marktplatz“- oder „Oma“-Metapher kann hier hilfreich sein. Stellen Sie sich die Frage, ob Sie das Video öffentlich auf dem Marktplatz oder auf dem Geburtstag der Oma zeigen würden? TINES TIPPS 27

Körperbilder im Netz Kinder und Jugendliche suchen gerade in der Pubertät verstärkt nach Vorbildern, um sich an deren Verhalten und auch Körperbildern zu orientieren. Dabei greifen sie stark auf die Medienwelt zurück und suchen sich ihre Stars auf YouTube, Instagram, Snapchat und TikTok. i Deutschlands beliebteste YouTuberinnen und YouTuber 2020* (*repräsentative IZI-Befragung) Laut einer aktuellen Umfrage sind die beliebtesten YouTuberinnen der weiblichen Jugendlichen Dagi Bee und Bibi, gefolgt von Julien Bam, Heidi Klum und Shirin David. Diese bringen ihnen die Themen Mode, Make-up, Lifestyle und Beziehung näher. Die männlichen Jugendlichen folgen am liebsten Gronkh, Rezo, Julien Bam, Oliver Pocher und Sami Slimani. Neben dem aktuellen Weltgeschehen und Politik sind es die Bereiche Games, Comedy, Musik, Tanz, Lifestyle, aber auch Beauty und Mode, die ihnen die Blogger näherbringen. Die TikTok-Challenge Seitdem sie 13 Jahre alt ist, ist meine Nachbarstochter Sara, wie fast alle Teenager, auf vielen Social-Media-Kanälen unterwegs. Neben Snapchat und Instagram liebt sie TikTok. Sara postet regelmäßig neue Fotos und Bilder von sich und genießt es, wenn sie viele Likes und nette Kommentare bekommt. Was Sara jedoch gerade beschäftigt, ist der Hashtag „Skinny girl“, also „dünnes Mädchen“. Hier präsentieren hübsche, junge Frauen stolz ihre oft viel zu dünnen Arme und Beine und dokumentieren über Wochen ihren Abnehmfortschritt. Sara zeigt mir begeistert einige dieser Videos. Sie will meine Meinung dazu hören und wissen, ob ich ihr helfen kann, auch solche Videos zu drehen. Ich bin ziemlich entsetzt und hole Saras Mutter Aylin mit dazu. Im Gespräch erklären wir Sara, warum uns diese Challenge Angst macht: Was diese Frauen ihrem Körper mit Diäten antun, ist extrem ungesund und sogar gefährlich. Magersucht ist eine grausame Krankheit, die man nur schwer heilen kann. Wir versichern Sara, dass sie ein wunderhübsches Mädchen ist, 28

das es nicht nötig hat, diesem Trend nachzueifern. In Zukunft wird Aylin häufiger mit ihrer Tochter über neue TikTok-Trends sprechen und sie noch mehr darin stärken, ihren eigenen Körper so zu akzeptieren, wie er ist. Mögliche Auswirkungen der Selbstdarstellung im Netz Kreativität wird gefördert Wer ein Video, ein Foto oder einen Text ins Netz stellen will, muss zwangsläufig kreativ sein. Kinder und Jugendliche lernen schnell, wie sie Filter verwenden, Videos schneiden und diese mit Musik unterlegen, um gut dazustehen. Neue Kontakte werden geknüpft Die Selbstdarstellung im Netz, das Sich-selbst-Ausprobieren und die direkte Rückmeldung gerade von Gleichaltrigen, sind für die eigene Identitätsbildung sehr wichtig. Dafür werden über die verschiedenen Communitys neue Kontakte geknüpft, das soziale Miteinander wird im Netz gefördert. SARA, DU BIST GANZ WUNDERBAR, SO WIE DU BIST! GLAUB NICHT ALLES, WAS DIR DIE INFLUENCERINNEN ERZÄHLEN! 29

Die Angst, etwas zu verpassen Da fast jeder Star auf mindestens einem Online-Kanal unterwegs ist, können Fans gefühlt live dabei sein, wenn sie oder er einen Ausflug macht, ein neues Produkt testet oder etwas erzählt. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn Ihr Kind ständig kontrollieren muss, wer gerade etwas Neues hochgeladen hat. Das Phänomen heißt „Fomo“ („fear of missing out“): die Angst, etwas zu verpassen. Oder wenn das Bedürfnis nach eigener Aufmerksamkeit durch das ständige Posten neuer Videos oder Bilder im Netz überhand nimmt. Nachbearbeitete Bilder können Selbstzweifel verstärken Der „mediale Körperkult“ kann Zweifel am eigenen Körper und damit das Risiko von Essstörungen fördern, da die durch gezielte Bildauswahl und Bildbearbeitungsprogramme vermittelten Ideale nicht zu erreichen sind. Viele Kinder und Jugendliche sehen die verzerrte Medienrealität als Wirklichkeit an und durchschauen den „werbenden“ Charakter gerade bei den attraktiven und begehrenswerten Influencerinnen und Influencern nicht. Ihnen ist nicht bewusst, dass die Wespentaille und der ebenmäßige Teint nur durch den Einsatz diverser Filter ermöglicht wurden. Fatal ist auch, dass Jugendliche diese Filter ebenso anwenden und sich „aufhübschen“ können. Da wird es schwierig für das „echte“ Selbst, mit dem „virtuellen“ Selbst mitzuhalten. 30

Medienerziehung • Schau Hin! informiert Eltern und Erziehende über aktuelle Entwicklungen der Medienwelt. • Klicksafe beantwortet Fragen von Eltern zum Thema Medienerziehung. • webhelm ist ein Infoangebot für pädagogische Fachkräfte und interessierte Erwachsene. Online-Beratung für Eltern und Jugendliche • Eltern können sich mit ihren Fragen und bei Problemen an die bke-Online-Beratung wenden. • JUUUPORT ist eine bundesweite Beratungsplattform für Jugendliche, auf der sich Jugendliche gegenseitig helfen. • ELTERNTALK bietet moderierte Gesprächsrunden für Eltern zu den Themen Medien, Konsum, Suchtvorbeugung und gesundes Aufwachsen in der Familie. • Nummer gegen Kummer e. V. ist die Dachorganisation des größten, kostenfreien, telefonischen Beratungsangebotes für Kinder, Jugendliche und Eltern in Deutschland. Sicherheitseinstellungen und Jugendmedienschutz • Medien kindersicher informiert Eltern über technische Schutzlösungen für die Geräte ihrer Kinder. • Das Jugendschutzprogramm bietet Jugendschutzfilter für alle gängigen Smartphone- und Tabletsysteme. Zum Weiterlesen empfehlen wir diese Fachartikel auf www.baer.bayern.de: • Alterskennzeichen für Internet, Computer- und Videospiele • E-Sports und Computerspielsucht • Snapchat • TikTok • Sexting • Cybermobbing bLINKTIPPS 31

ÜBERBLICK Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.baer.bayern.de Infos zum Copyright Layout und Illustrationen: sandruschka, www.sandruschka.de © ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt, Stand: 2021 Artikelnummer: 1020 2005 gefördert durch:

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