- - Feiern ohne Aufsicht? 47 Briefe B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T INHALT Fast erwachsen Mit 16 darf man den Mopedführerschein machen, Bier trinken und länger ausgehen. Für viele Jugendliche ist der 16. Geburtstag deshalb wie das Durchbrechen einer Schall mauer: „Endlich darf ich was!“ So manche Diskussion in der Familie muss nicht mehr geführt werden, weil der Ge Der 16. Geburtstag ist für vie- ation, zumal zu befürchten steht, Alter: 16–17 Jahre 1 „Ich mach ’ne Party“ 3 Homosexualität 5 Liebeskummer 6 Ihr Kind wird mobil 7 Piercing & Tattoo 9 Drogenprobleme 12 Auf Irrwegen 15 Ohne Eltern verreisen setzgeber nun vieles erlaubt. Allerdings längst noch nicht alles, und das ist auch gut so. Erwachsenwerden ist ein lang- samer Prozess, den man am besten in kleinen Schritten bewältigt. Geben Sie Ihrem Kind jedes Jahr ein bisschen mehr Freiheiten. So lernen Jugendliche, Verantwortung zu tragen und das eigene Leben immer stärker in die Hand zu nehmen. le Jugendliche eine willkommene Gelegenheit, endlich einmal eine Party ganz nach ihrem Geschmack auszurichten. Jetzt wollen sie Alkohol trinken und ohne die Erwachsenen feiern. Eine für Eltern nicht immer einfache Situdass dabei auch härtere Getränke getrunken werden. Das Wichtigste sind jetzt klare Absprachen: Wenn in Ihrer Wohnung gefeiert wird, legen Sie fest, welche Räume benutzt werden dürfen, wann die Party losgeht und wie lang sie
Keine Par ty-Einladungen über Facebook oder Instagram verschicken. dauern soll. Sprechen Sie auch beim Thema Alkohol unbedingt ein Wörtchen mit! 16-Jährige dürfen zwar jetzt in der Öffentlichkeit Bier und Wein trinken, aber hochprozentige Alkoholika sind vor dem 18. Lebensjahr nicht erlaubt. Daran sollten Sie sich auch bei einer privaten Party zu Hause halten. Sie sind verantwortlich – und zwar nicht nur für das eigene Kind, sondern auch für alle anderen minderjährigen Gäste. Noch ein Tipp – stellen Sie eine weitere Bedingung: keine Party-Einladungen über Facebook oder Instagram! Das kann unangenehm und möglicherweise auch teuer werden. Auf jeden Fall sollten Sie in der Nähe bleiben, um im Notfall für Ordnung sorgen zu können. Feiern die Jugendlichen außer Haus, dann begutachten Sie die Räumlichkeiten und legen Sie auch hier den Beginn und das Ende der Feier fest. Bleiben Sie in der Nähe, denn mit 16 sind Ihr Sohn oder Ihre Tochter noch zu jung, um die ganze Verantwortung allein zu übernehmen. © stux / Pixabay.com 2
Gleichgeschlechtliche Er fahrungen sind nichts Ungewöhnliches. Homosexualität In der Pubertät entwickelt sich Ihr Kind zum Erwachsenen – und dazu gehört auch das Entdecken der eigenen Sexualität. Die meisten Eltern gehen dabei automatisch davon aus, dass sich ihr Sohn in ein Mädchen oder ihre Tochter in einen Jungen verlieben wird. Doch es kann auch anders kommen. Im Laufe ihrer sexuellen Entwicklung machen auch heterosexuelle Jugendliche Erfahrungen mit dem gleichen Geschlecht. Experten gehen von etwa 40 Prozent der jungen Menschen aus. Das hat mit wirklicher Homosexualität wenig zu tun. Vielmehr handelt es sich eher um ein erstes Ausprobieren, nicht um eine ernsthafte Festlegung. Meist haben die Jugendlichen ihre gleichgeschlechtlichen Erlebnisse, bevor sie als Mädchen einen festen Freund oder als Jungen eine feste Freundin haben. Für Eltern ist es oft keine angenehme Vorstellung, dass ihre Tochter lesbisch, ihr Sohn schwul sein könnte. Auch wenn sie selbst keine Vorurteile haben, so fürchten sie für ihre Kinder doch eine gesellschaftliche Benachteiligung und Diskriminierung. Und in der Tat ist es gerade für Jugendliche nicht leicht, homosexuell zu sein. Der Austausch mit Gleichaltrigen ist bei den ersten Liebeserfahrungen mit dem anderen Geschlecht sehr wichtig. Viele homosexuelle Jugendliche behalten ihre Wünsche und Erfahrungen aber eher für sich, weil sie befürchten, ausgegrenzt zu werden. Wenn Sie als Eltern vermuten, Ihr Kind könnte homosexuell sein, haben Sie sicher viele Fragen und Ängste. Vielleicht würden Sie Ihr Kind gerne von sich aus ansprechen, aber seien Sie vorsichtig und taktvoll. Schaffen Sie in Ihrer Familie lieber ein tolerantes Klima. Wenn Ihr Kind spürt, dass Sie dem Thema nicht ablehnend gegenüberstehen, kann es leichter von sich aus auf Sie zukommen. Warten Sie ab, bis es dazu bereit ist. Wenn Ihr Kind sich Ihnen anvertraut, reagieren Sie gelassen und offen. Denn für Ihren Sohn oder Ihre Tochter ist es nicht einfach, Sie einzuweihen. Jugendliche reden mit den Eltern ohnehin nicht gerne über ihr Liebesleben. Wie viel schwieriger ist es, den Eltern zu sagen, dass man wahrscheinlich schwul oder lesbisch ist! Betrachten Sie es also als einen großen Vertrauensbeweis. Wenn Sie sich allerdings unsicher 3
Ihr Kind ist jetzt sehr verletzbar. sind, wie Sie damit am besten umgehen sollen, kann Ihnen der Besuch einer Elternselbsthilfegruppe helfen. Mit ihren 16 oder 17 Jahren sind sich viele Jugendliche ihrer selbst noch nicht völlig sicher. Vor allem den hämischen Bemerkungen von Gleichaltrigen haben sie oft noch nicht genug entgegenzusetzen und fühlen sich in ihrer Persönlichkeit und ihrem Selbstwert zutiefst infrage gestellt. Und umgekehrt haben die Gleichaltrigen oft noch nicht die innere Reife, jemandem, der anders liebt als sie, ohne Vorurteil zu begegnen. In dieser Situation sind Sie als Eltern besonders wichtig. Stehen Sie zu Ihrem Kind und unterstützen Sie es – auch in der Entscheidung, ob es anderen seine Homosexualität offenbaren möchte oder nicht. Sich zum Beispiel in Schule oder Sportteam als schwul zu outen, kann Probleme mit sich bringen. Allerdings kann es auch genauso problematisch sein, mit dem Gefühl zu leben, sich vor anderen immer verstellen zu müssen. Ihr Sohn oder Ihre Tochter müssen sich erst Schritt für Schritt ein unterstützendes Umfeld aufbauen. Sie werden in ihrem Leben zwar manchmal auf Ablehnung stoßen, aber sie werden auch Menschen finden, die sie so akzeptieren, wie sie sind. In Begleitung solcher Menschen und mit Ihrer Liebe wird auch Ihr Kind in ein glückliches und erfülltes Leben finden. Beide Grafiken: © anjawbk / Pixabay.com 4
bespricht seinen Mancher Kummer lieber mit Freunden. Liebeskummer Gibt es etwas Schlimmeres als Liebeskummer? Sicher erinnern Sie sich an Ihr eigenes erstes großes Herzeleid als Jugendliche. Auch als Erwachsene sind wir davor nicht gefeit. Wir nennen diesen Schmerz zwar jetzt „Beziehungskrise“, doch das Gefühl bleibt dasselbe. Nicht mehr geliebt zu werden, jemanden für immer zu verlieren – und sei es auch nur die Angst davor – tut in jedem Lebensalter weh. Als Erwachsene haben wir die Erfahrung gemacht, dass auch der schlimmste Liebeskummer irgendwann einmal wieder vorbei geht. Diese Erfahrung hat aber Ihr Sohn, Ihre Tochter noch nicht gemacht, wenn die erste Liebe zerbricht. Das erklärt das Elend und die Verzweiflung, die junge Menschen oft packt, wenn ihre tiefen Gefühle nicht (mehr) erwidert werden. Für Eltern ist das schwer mitanzusehen. Vielleicht sind Sie ja selbst so richtig wütend auf den untreuen Freund, oder auf die Freundin, die einfach Schluss gemacht hat. Auf jeden Fall macht es Sie traurig, dass Ihre Tochter oder Ihr Sohn so leiden muss. Stehen Sie Ihrem großen Kind bei. Nehmen Sie es in den Arm, bieten Sie sich als Gesprächspartner an. Seien Sie aber nicht gekränkt, wenn es Ihre Hilfe ablehnt. Vielleicht möchte es sich zunächst bei Freundinnen oder Freunden ausweinen. Versuchen Sie, ohne viele Worte einfach da zu sein. Ein kleines Mitbringsel oder das Lieblingsessen zeigen Ihrem Kind, dass Sie mitfühlen. Hören Sie zu, aber seien Sie vorsichtig in Ihrem Urteil. Bedenken Sie, dass die Beziehung auch wieder aufleben könnte. Schimpfen Sie also nicht allzu sehr über den Exfreund oder die Exfreundin, auch wenn Ihr Kind sehr verletzt wurde. Verzichten Sie auch auf Bemerkungen wie: „Ich habe ihn noch nie so recht leiden können.“ oder „Du weißt, wie wenig wir von dieser Beziehung begeistert waren.“ Jetzt ist nicht die Zeit für Rechthaberei. Versuchen Sie lieber, Ihr Kind mit seinen Gefühlen ernst zu nehmen. Lassen Sie sich auch nicht zu Sätzen wie „Das wird schon wieder!“ oder „Andere Mütter haben auch schöne Töchter!“ hinreißen. Sie signalisieren Ihrem Kind damit, dass Sie seine Trauer auf die leichte Schulter nehmen. So wird sich Ihr Kind zu Recht unverstanden fühlen. 5
Im AutoFührerschein ist der Mopedschein enthalten. Ihr Kind wird mobil Mit 16 Jahren beginnen die Jugendlichen, so richtig mobil zu werden. Haben sie erst den Mopedschein, dürfen sie mit bis zu 45 km/h durch die Stadt düsen – nicht immer zur Freude der besorgten Eltern. Mit 17 Jahren dann rückt der Autoführerschein in greifbare Nähe. Mopedführerschein (Führerschein mit Klasse AM) Mit 16 Jahren dürfen Jugendliche Moped oder Motorroller fahren, wenn sie dazu, mit Einverständnis der Erziehungsberechtigten, ihren Führerschein Klasse M erworben haben. Die Ausbildung umfasst theoretischen Unterricht und praktische Übungseinheiten. Entsprechend müssen eine Theorieprüfung und eine Fahrprüfung abgelegt werden. Begleitetes Fahren (Führerschein mit 17) Das Begleitete Fahren ist eine bewährte Möglichkeit, junge Menschen zu besonnenem Fahren zu erziehen. Es bedeutet, dass sie bereits ab dem Alter von 17 Jahren mit entsprechender Fahrerlaubnis Auto fahren dürfen – allerdings nur in Begleitung eines erwachsenen und erfahrenen Mitfahrers und nur innerhalb Deutschlands. Die Begleitperson (es können auch mehrere sein) muss im Führerscheinantrag angegeben werden. Sie muss mindestens 30 Jahre alt sein und seit mindestens fünf Jahren einen Führerschein Klasse B (PKW) haben. Außerdem darf sie nicht mehr als drei Punkte in der Verkehrssünderkartei in Flensburg haben. Jugendliche können bereits mit 16 ½ Jahren mit der Führerscheinausbildung beginnen und kurz vor ihrem 17. Geburtstag die theoretische und praktische Fahrprüfung ablegen. Danach dürfen sie bis zu ihrem 18. Geburtstag nur in Begleitung fahren. Die reguläre Fahrerlaubnis muss beantragt werden, eine weitere Prüfung ist allerdings nicht mehr erforderlich. In das Begleitete Fahren der Führerscheinklasse B sind auch die Klassen L (Traktor), M (Moped oder Roller bis 50 ccm) und S (Trike, Quad) automatisch eingeschlossen. Für die Klassen L, M oder S sind keine Begleitpersonen erforderlich. Ihre Tochter oder Ihr Sohn dürfen also, wenn sie den Führerschein haben, mit 17 Jahren alleine Roller, Moped und natürlich auch Mofa fahren. 6
doch die anderen „So was haben au ch !“ Piercing & Tattoo Piercings in Nase oder Augenbraue, Zunge oder Bauchnabel sind nach wie vor sehr angesagt. Ebenso weitverbreitet sind alle Arten von Tattoos, die längst die Entwicklung vom simplen Anker auf dem Seemannsarm zur eleganten Rose auf der zarten Mädchenschulter geschafft haben. Was gefällt Jugendlichen so daran, ihre Körper dauerhaft durchlöchern und bebildern zu lassen? Zum einen sind Körperver- nerhalb der eigenen Clique, tun. zierungen gerade sehr in Mode. Ihr Selbstwertgefühl hängt von Und was man täglich auf Plaka- der Gruppe ab, in der sie sich beten, im Fernsehen und an ande- wegen. Auch Ihr Sohn oder Ihre ren Jugendlichen sieht, gefällt ei- Tochter wollen anerkannt werden nem mit der Zeit auch selbst. Zum und passen sich ihrer Gruppe äuanderen sind Jugendliche oft ßerlich an. Gleichzeitig wollen sie noch unsicher und labil und ori- sich von den Eltern abgrenzen. entieren sich stark an dem, was Diese Abgrenzung kann auch exdie Gleichaltrigen, vor allem in- trem ausfallen. © Hilary Clark / Pixabay.com 7
Findet man das Motiv au ch mit 50 noch schön? Wenn sich Ihr Kind ein Piercing oder Tattoo wünscht, sprechen Sie genauer darüber. Finden Sie heraus, was hinter diesem Wunsch steht. Vielleicht ist es ja möglich, einen Kompromiss zu finden? Zum Beispiel gibt es inzwischen Silberschmuck, der sich ankleben oder anklammern lässt und einem Piercing optisch sehr nahekommt. Auf jeden Fall sollten Sie darauf achten, dass Ihr Kind sich nicht selbst pierct oder das Tattoo mit Tinte und Nähnadeln selbst fabriziert, sondern sich an ein professionelles und vertrauenswürdiges Studio wendet. Im Idealfall sollte es zuerst einen Allergietest machen lassen. Generell sollte Ihr Kind auf Rot- und Gelbtöne verzichten, da deren Inhaltsstoffe als besonders bedenklich gelten. Besprechen Sie die gesundheitlichen Risiken und auch andere Langzeitfolgen: Wie reagiert ein Personalchef auf ein Nasenpiercing? Wie sieht ein Tattoo am Bauch mit 50 aus? Erinnern Sie daran, dass die Entfernung eines Tattoos langwierig, schmerzhaft und teuer werden kann und auch nicht immer ohne Narben abgeht. Wenn sich Ihr Kind trotz allem nicht von der Idee abbringen lässt, sprechen Sie ausführlich darüber, wie Sie weiter vorgehen wollen. Solange Jugendliche noch nicht 18 sind, brauchen sie die Zustimmung der Eltern. Werden Sie sich klar darüber, ob Sie einverstanden sind oder nicht, und stehen Sie zu Ihrer Entscheidung. Mögliche Risiken Piercings allergische Reaktionen Schwellungen, Ekzeme, Blutergüsse wuchernde Narben und Verwachsungen Teillähmung im Gesicht oder auf der Zunge Reizungen des Zahnfleisches Tattoos örtliche Infektionen Allergien Einige der Farbtöne enthalten Substanzen, die krebserregend sein können. Auch die in den Farben enthaltenen Schwermetalle wie Kadmium, Nickel und Chrom wirken im Körper giftig. 8
Hirnentwicklung bei Cannabis stör t die Jugendlichen. Drogenprobleme Jugendliche sind risikofreudig und wollen alles ausprobieren. Gleichzeitig sind sie unsicher und leicht beeinflussbar. Auf ihrer Suche nach Halt und Geborgenheit schließen sie sich oft in Cliquen zusammen. Bei Gleichaltrigen fühlen sie sich wohl und verstanden. Sie hören die gleiche Musik, sprechen die gleiche Sprache, kleiden sich im gleichen Stil und teilen die gleichen Ansichten. Das ist normal und völlig in Ordnung. Nicht jede Jugendclique ist harmlos. Während Jugendliche in der einen Gruppe einfach nur miteinander „abhängen“ und Musik hören, muss man in der anderen mehr oder weniger freiwillig Marihuana oder andere Drogen ausprobieren, um dazuzugehören. Was ist „Kiffen“? Beim Kiffen wird Cannabis in Form von Haschisch (CannabisHarz) oder Marihuana (Cannabisblätter) geraucht. Meist wird das Rauschmittel mit Tabak vermischt und zu einer Art großer Zigarette, dem Joint, gerollt. Cannabis kann auch in Form von Tee, Bonbons oder eingebacken in Plätzchen konsumiert werden. Cannabis zählt zu den sogenannten „weichen“ Drogen. Auch manche Eltern haben in ihrer Jugend damit Erfahrungen gesammelt. Allerdings ist das Cannabis, das heute angebaut wird, wesentlich stärker konzentriert als das, was zum Beispiel in den 1980erJahren auf dem Markt war. Kiffen ist darum alles andere als harmlos. Das Denken wird auf lange Sicht schwerfälliger, Gedächtnis und Reaktionsfähigkeit leiden. Was sind die Folgen? Zum einen macht Kiffen psychisch abhängig. Zum anderen behindert Cannabiskonsum laut neuesten Forschungen die Entwicklung des jugendlichen Gehirns, die in diesem Alter noch nicht abgeschlossen ist. Auch in der seelischen und sozialen Entwicklung bleiben jugendliche Kiffer oft stehen. Sie haben außerdem ein deutlich erhöhtes Risiko, an einer Psychose zu erkranken. 9
Drogenkonsum ist niemals eine harmlose Sache! © Matvevna / Pixabay.com Längerfristig kann es zu Motivationsverlust, Labilität und sogar zum „Aussteigen“ aus Schule und Ausbildung kommen. Begleiterscheinungen, die gerade bei Jugendlichen gravierende Folgen haben können, denn diese befinden sich in einer Lebensphase, in der sie eine Menge Entwicklungsschritte leisten müssen. Jetzt werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Ausfälle in dieser Phase sind später nur sehr schwer nachzuholen. Ecstasy Während der Konsum von Cannabis eher beruhigend wirkt, ist das als Partydroge bekannte Ecstasy ein Aufputschmittel. Es wird in Form von Tabletten oder Pillen konsumiert. Die sozialen Folgen sind ähnlich wie bei Cannabis. Für den Körper ist Ecstasy möglicherweise noch gefährlicher, weil junge Menschen unter Ecstasy-Einfluss über ihre Grenzen gehen und beispielsweise viele Stunden lang durchtanzen, bis sie zusammenbrechen. Übrigens belegen neuere wissenschaftliche Studien, dass schon geringe Mengen von Ecstasy das Risiko einer späteren Parkinson-Erkrankung erhöhen können. Andere Gefahren Eine andere Gefährdung – nämlich die, straffällig zu werden – entsteht durch den Besitz und das Handeln (Dealen) bzw. Verschenken von illegalen Drogen. 10
Die Folgen können das ganze Leben beeinflussen. Viele Jugendliche ignorieren oder bagatellisieren diesen Umstand, insbesondere beim Konsum von Cannabis oder Ecstasy. Für manche macht die drohende Strafe auch gerade den Reiz aus. Spätestens dann aber, wenn sie erwischt werden, kommt das böse Erwachen. Der weitere Lebensweg kann durch mögliche Vorstrafen und andere Konsequenzen für immer belastet sein. Was können Sie als Eltern tun? Informieren Sie sich über die Drogen, die Ihr Kind konsumiert. Suchen Sie Hilfe. Suchtberatungsstellen oder Suchtambulanzen gibt es in nahezu jeder Stadt. Lassen Sie sich zunächst alleine beraten. Lassen Sie Ihr Kind erklären, was so reizvoll daran ist, zu kiffen oder Ecstasy einzunehmen. Hören Sie den Argumenten und Ausführungen genau zu! Sprechen Sie auch über Ihre Ängste und Sorgen. Konfrontieren Sie Ihr Kind mit den möglichen Folgen seines Drogenkonsums. Versuchen Sie, Ihre Tochter oder Ihren Sohn zu einem Gespräch in einer der Sucht- oder Drogenberatungsstellen zu bewegen. Geben Sie Ihrem Kind keinesfalls Geld, um Drogen zu kaufen. Unterschreiben Sie keine Entschuldigungen für die Schule oder Arbeit und unterstützen Sie den Konsum auch sonst in keiner Weise. Sagen Sie Ihrem Kind, dass es von Ihnen jede nur mögliche Unterstützung bekommt, wenn es versuchen will, drogenfrei zu leben. Bleiben Sie auch dann in Kontakt, wenn Ihr Kind sich seinen Problemen noch nicht stellen will. Irgendwann findet es den Mut, und dann wird es Sie brauchen. 11
Das starke Gemeinschaftsgefühl ist verlockend . Auf Irrwegen Junge Menschen sind Suchende. Sie stellen sich und die Welt infrage. Sie haben das tiefe Bedürfnis nach Sinn in ihrem Leben, nach Gemeinschaft und einer geistigen Führung, der sie vertrauen können. Im jetzigen Alter sind Jugendliche besonders zugänglich für verlockenden Angebote und einfache Antworten. Sektenartige Gruppierungen Sogenannte Sekten, Psychogruppen oder andere fragwürdige religiöse Gruppierungen verfügen über ausgeklügelte Methoden, um gerade junge Menschen für sich einzunehmen. Sie sprechen Jugendliche auf der Straße an, sind offen und zugewandt, sie hören genau zu und wissen so innerhalb kürzester Zeit, wo die Probleme des Gesprächspartners liegen – zu erkennen geben sie sich aber oftmals nicht. Nach einem solchen Erstkontakt erfolgt oft die Einladung zu einem Infoabend. Dort werden die Neuankömmlinge herzlich in der Gruppe aufgenommen. Sie erfahren mehr über die Gemeinschaft, den geistigen Führer und nach und nach die gesamte Philosophie der Gruppe. Unsichere junge Menschen fühlen sich von dem ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl angezogen. Sie fühlen sich verstanden und aufgehoben. Sie erkennen nicht die Gefahr, die diesen Gruppierungen innewohnt. Woran merken Eltern, dass ihr Kind an eine „Sekte“ geraten ist? Erscheint Ihnen das Verhalten Ihrer Tochter sehr verändert? Spricht Ihr Sohn plötzlich darüber, dass jetzt sein Leben völlig anders werden wird? Ist die Gruppe für Ihre Tochter wichtiger als die bisherigen Freunde oder die Familie? Verbringt Ihr Sohn dort sehr viel mehr Zeit als zu Hause? Kleidet und ernährt sich Ihre Tochter neuerdings nach den Regeln der Gruppe? Verändert sich die Sprache Ihres Sohnes, gebraucht er unbekannte Wortschöpfungen? Lässt Ihre Tochter keine Kritik an der Gruppe gelten? Fühlt sich Ihr Sohn durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe plötzlich als auserwählt? Ordnet sich Ihre Tochter widerspruchslos einer Führerpersönlichkeit unter und findet das völlig in Ordnung? 12
vermittelt das GeDie Gruppe fühl von Stärke und Macht . Treffen mehrere Punkte auf Ihr Kind zu, sollten Sie hellhörig werden. Aber Vorsicht: Fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus. Gehen Sie behutsam mit dem Thema um. Äußern Sie Ihren Verdacht erst einmal nicht konkret. Sprechen Sie mit Ihrem Kind, versuchen Sie so viel wie möglich herauszufinden. Fragen Sie, was ihm dort besonders gefällt. Falls sich Ihre Befürchtungen bestätigen und Ihr Kind dabei ist, Mitglied einer Sekte zu werden, sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen. Mithilfe von Experten kann es Ihnen gelingen, Ihr Kind zurückzuholen. © tillburmann / Pixabay.com Extremistische Gruppen Auch die politisch motivierten Gruppen grenzen sich massiv nach außen ab. Sie haben klare Feindbilder und behaupten, einfache Antworten auf wichtige gesellschaftliche und politische Fragen zu haben. In diesen Gruppen werden Kameradschaft und Zusammenhalt großgeschrieben. Das vermittelt ein Gefühl von Zugehörigkeit, Stärke und Macht. Die Gruppenmitglieder fühlen sich den anderen gegenüber überlegen. Sie werten Andersdenkende massiv ab und sind nicht selten bereit, ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen. Erste Kontakte werden zum Beispiel über Musik geknüpft: etwa durch kostenlose Schulhof-CDs, die auf 13
dem Schulweg oder vor der Schule verteilt werden. Darauf befinden sich Songs radikaler Gruppen mit fragwürdigen Ideen und Weltanschauungen. Die Musik ist gut gemacht und soll das Interesse der Jugendlichen wecken. Laut Experten ist dabei die politische Ausrichtung zumindest am Anfang nicht ausschlaggebend. Auch das Internet spielt eine wichtige Rolle, denn im Netz können extremistische Gruppen ihre Inhalte ungehindert verbreiten. Auch für das Ansprechen möglicher neuer Mitglieder sind soziale Netzwerke wie Facebook nützlich. Zuerst werden unverfängliche E-Mails verschickt, dann folgt die Einladung zu einem Konzert, einer Sportveranstaltung oder einem Freizeitangebot. So kommt ein persönlicher Kontakt zustanAnlaufstellen Neureligiöse Gruppierungen de, der dann über Wochen und Monate langsam ausgebaut werden kann. Wenn Sie den Verdacht haben, Ihr Kind könnte sich einer extremistischen Gruppe angeschlossen haben, sollten Sie handeln: Machen Sie sich ein klares Bild von seinen Ansichten. Verurteilen Sie aber nicht Ihr Kind als Person, sondern nur seine Überzeugungen. Bieten Sie sachliche Aufklärung, zum Beispiel Bücher. Ziehen Sie klare Grenzen. Sagen Sie Ihrem Kind, dass Sie es lieben, aber keinen Extremismus in Ihrer Familie dulden werden. Suchen Sie Unterstützung. Scientology-Krisenberatungsstelle des Bayerischen Landesjugendamts: Tel. 0180 / 100 00 42. Fachleute und Beratungsstellen in ganz Bayern finden sie auf www.blja.bayern.de (Unterpunkt Schutz/Konfliktträchtige religiöse weltanschauliche Gruppierungen) Extremismus www.bayern-gegen-rechtsextremismus.bayern.de www.bayern-gegen-linksextremismus.bayern.de Bayerischer Jugendring: www.lks-bayern.de 14
Ein Urlaub ohne Eltern muss gut vorbereitet sein. Ohne Eltern verreisen Je älter Ihr Kind wird, desto weniger reizvoll ist die Aussicht auf einen Urlaub mit den Eltern. Viele Jugendliche möchten gerne einmal ohne Eltern verreisen, noch bevor sie volljährig sind. Die Eltern befürchten allerdings, dass Sohn oder Tochter in eine Situation geraten könnte, denen er oder sie noch nicht gewachsen ist. Was wäre der Kompromiss? Natürlich sollte sich kein Jugendlicher ohne Erfahrung in einen mehrwöchigen Abenteuerurlaub im Ausland stürzen. Es ist sinnvoll, „klein“ anzufangen. Vielleicht hat Ihre Tochter Spaß daran, ein paar Tage mit Freundinnen in der näheren Region zu radeln und zu zelten. Oder Ihr Sohn fährt über ein verlängertes Wochenende mit Freunden in die Jugendherberge in einer interessanten Stadt. Solche Unternehmungen machen Spaß und sind eine gute Möglichkeit, Reiseerfahrung zu sammeln. Danach reichen die Urlaubsmöglichkeiten, je nach Interesse und Geldbeutel, von der Reise an einen Badeort bis hin zur Zugreise mit InterRail auf eigene Faust, vom organisierten Urlaub in einem Sport- oder Musikcamp bis hin zum mehrwöchigen Sprachaufenthalt. Die Freunde, mit denen Ihr Kind unterwegs ist, sollten Ihnen bekannt, vertrauenswürdig und zuverlässig sein. Auch deren Eltern sollten Sie kennengelernt haben. Wenn es ins Ausland geht, muss Ihr Kind eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern dabeihaben, möglichst mit Kopie Ihres Ausweises. Das ist auch innerhalb Deutschlands sinnvoll. Wenn Ihre Tochter oder Ihr Sohn die erste eigene Reise plant, ist das eine große Sache. Seien Sie als Eltern die Ratgeber im Hintergrund, aber geben Sie, besonders wenn Ihr Kind noch minderjährig ist, Grenzen vor. Nehmen Sie Ihrem Kind die Planung nicht aus der Hand! Ohne Eltern wegzufahren ist ein großer Schritt in die Selbstständigkeit. Gönnen Sie Ihrem Kind dieses Erfolgserlebnis und lassen Sie es seine eigenen Erfahrungen machen. Es wird Ihnen Ihr Vertrauen danken und Sie nicht enttäuschen. © rawpixel / Pixabay.com 15
B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Erziehungsberatung Erziehungs-, Familien- oder psychologische Beratungsstellen gibt es in nahezu jeder Stadt. Auf der Webseite www.erziehungsberatung.bayern.de sowie www.lag-bayern.de/erziehungsberatung finden Sie eine regionale Übersicht. Sexuelle Orientierung / Homosexualität pro familia, www.profamilia.de, betreibt das größte Beratungsnetz zu Sexualität, Partnerschaft und Familienplanung in Deutschland. Weitere Informationen finden Sie auf: www.befah.de, dem Bundesverband der Eltern von homosexuellen Kindern. Sucht und Drogengefährdung Hilfe finden Sie auf der Webseite, www.kbs-bayern.de, der Bayerischen Suchthilfe sowie unter www.kmdd.de, Keine Macht den Drogen e. V. Im nächsten Elternbrief: – Erwachsene Kinder loslassen – Wann ist man erwachsen? – Besser zusammenleben – Der Ernst des Lebens – Eigenes Einkommen – Vorsicht, Schuldenfalle! – Was ist eigentlich Bulimie? – HIV – die unterschätzte Gefahr – Minderjährige Studenten Die Elternbriefe werden gefördert durch: 47 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202147
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