Elternbrief Nr. 27

- - - - Nur nicht nervös nicht alles gleich werden, wenn per fekt klappt . B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Brief 27 INHALT Fördern, nicht überfordern! Die Schule ist für Ihr Kind jetzt schon Alltag. Sicher gibt es auch einmal Tage, an denen es nicht so gerne hingeht oder vielleicht auch Angst vor einer Lernzielkontrolle hat. Bleiben Sie gelassen, schimpfen Sie nicht und machen Sie vor allem keinen Druck. Ihr Kind braucht vielleicht eine Pause. Den Leistungsdruck in der Schule emp- findet jedes Kind anders. Während ihn das eine locker bewältigt, ist das andere dadurch ziemlich belastet. Schlechte Be wertungen kann niemand so leicht weg stecken. Bauen Sie Ihr Kind auf, auch wenn eine Arbeit einmal nicht so gut gelaufen ist. Ihre Tochter oder Ihr Sohn ist nicht nur ein Schulkind, es hat noch viele andere Facetten und Qualitä ten. Es ist wichtig, diese zu erkennen und zu fördern. Alter: 7 Jahre 1 Schulerfolge, Schulprobleme 4 Leistung & Bewertung 5 Kleine Helden 7 Was Jungen brauchen 8 Spielsachen für „Große“ 9 Hamburger & Co. Drachensteigen 10 Futter für den Bücherwurm 12 Die Sandwich- familie 14 Stottern 15 Die U 10 Während der Kindergartenzeit ihrer Kinder sind die meisten Eltern voller Zuversicht und Vertrauen in ihre Kinder. Das ändert sich bei einigen, sobald die Schule beginnt. Eltern reagieren angespannt, sobald in der Schule etwas nicht gleich so funktioniert, ihr Kind nicht immer ganz vorne mit dabei ist. Dabei entwickelt sich jedes Kind anders. Sie als Eltern haben es schon oft erlebt: Während die Tochter mit zwei Jahren schon munter drauflos plauderte, sprach e

Wird Ihr Kind zu Hause vielleicht zu oft abgelenkt? deren gleichaltriger Freund noch in Zwei-Wort-Sätzen, konnte dafür aber schon kleine Holzpuzzles legen. Und das hat Sie wahrscheinlich nicht besonders beunruhigt. Nun, da Ihr Kind in die Schule geht, ist es im Grunde nicht anders. Die Fähigkeiten von Kindern entwickeln sich in verschiedenen Bereichen unterschiedlich. Die Schule ist der Aufgabenbereich Ihres Kindes. Es muss lernen, diesen zu bewältigen. Vertrauen Sie darauf, dass es ihn so gut es kann meistert: Wenn die Schule Probleme macht Wenn nach Rücksprache mit der Lehrkraft klar wird, dass Ihr Kind tatsächlich dauerhaft Schwierigkeiten hat, dem Unterricht zu folgen, müssen die Ursachen geklärt werden. Dazu sollten Sie Ihr Kind am besten einer Schulpsychologin oder einem Schulpsychologen vorstellen. Dort wird nicht nur die Intelligenz Ihres Kindes getestet, sondern es werden noch weitere Faktoren, die die Schulleistungen einschränken können, in die Untersuchungen mit einbezogen: Liegt eine Teilleistungsstörung vor, oder könnte das Kind an AD(H)S leiden? Kann sich das Kind daheim bei den Hausaufgaben genügend konzentrieren, oder wird es von jüngeren Geschwistern, von der allgemeinen Unruhe in der Familie, dem laufenden Fernseher oder einem ständig läutenden Telefon zu sehr abgelenkt? Hat das Kind Sorgen? Macht es sich über irgendetwas zu viele Gedanken? Gibt es Probleme in der Familie oder Ärger mit Gleichaltrigen? Hat Ihr Kind genügend Bewegung und Freizeit, um auch entsprechendes „Sitzfleisch“ für die Schule und die Hausaufgaben aufzubringen? Hilfe für Ihr Kind und auch Sie finden Sie bei Schulpsychologen und Erziehungsberatungsstellen sowie bei Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen. 2

Schlechte Schulleistungen können ein Kind auf Dauer sehr belasten. Die Hausaufgaben sind Sache Ihres Kindes. Aber wenn es Sie um Unterstützung bittet, können Sie natürlich seine Fragen beantworten oder ihm etwas erklären. Es spricht auch nichts dagegen, gemeinsam zu üben. Aber greifen Sie nicht aktiv ein: Schriftliche Übungen sollte jedes Kind aus eigener Kraft erledigen. Wenn es Probleme gibt: Sprechen Sie mit Ihrem Kind. Fragen Sie es, was ihm so schwer fällt, welche Gedanken es vom Lernen abhalten, wie es sich besser motivieren könnte. Halten Sie guten Kontakt mit den Lehrkräften. So erfahren Sie, ob es tatsächlich Probleme gibt oder ob alles „im grünen Bereich“ ist. Schlechte Schulleistungen wirken sich negativ aufs Selbstbewusstsein aus. Verschaffen Sie Ihrem Kind andere Erfolgserlebnisse! Vielleicht beherrscht es eine Sportart besonders gut oder singt gerne im Chor. Damit helfen Sie ihm, die schulischen Aufgaben mit größerem Selbstbewusstsein und Elan anzupacken. Die Schule darf die gute Beziehung zu Ihrem Kind und das ganze Familienklima nicht vergiften. Ihr Kind ist viel mehr als die Summe seiner schulischen Leistungen! © Juraj Varga / Pixabay.com 3

Die Leistung wird bewer tet – nicht das Kind . Leistung & Bewertung Seit Ihr Kind zur Schule geht, wird es auch bewertet. Im ersten Schuljahr gab es noch keine Noten. Gute Leistungen wurden mit lustigen Stempeln oder Bildchen belohnt. Das Zeugnis bestand aus einer schriftlichen Beurteilung, die den Leistungsstand, den Lernfortschritt und den Förderbedarf Ihres Kindes beschrieb. In der zweiten Klasse gibt es im Jahreszeugnis nun „richtige“ Noten. Fallen diese schlecht aus, sollte aus dem Zeugnis auch ersichtlich sein, wie das Kind gefördert werden und wie es bessere Fortschritte beim Lernen erzielen könnte. Noten können Schüler motivieren, kränken oder entmutigen. Für Ihr Kind sind die ersten Noten eine wichtige Erfahrung, denn nun lernt es, sich an den eigenen Leistungen und an denen anderer messen zu lassen, stolz auf den eigenen Erfolg zu sein und Konsequenzen aus Misserfolgen zu ziehen. Für diese Entwicklungsschritte braucht es dringend Ihre liebevolle Unterstützung. Stärken Sie Ihr Kind und loben Sie es – aber nicht nur für schulische Leistungen! Denken Sie immer daran, dass eine Schulnote nur eine Momentaufnahme ist. Wenn sich schlechte Noten häufen, ist es wichtig, sich Gedanken zu machen, was die Ursache sein könnte. Suchen Sie zunächst das Gespräch mit der Lehrkraft. In den Fächern, in denen Ihr Kind Schwierigkeiten hat, kann es im Rahmen des Grundschulunterrichts Förderunterricht bekommen. Bei diesen Übungsstunden wird alles noch einmal besonders genau erklärt und geübt. Die Grundvoraussetzung für Lernerfolge ist der Spaß am Lernen. Gerade wenn Prüfungsangst der Grund für schlechte Noten ist, hilft kein Druck. Vergleichen Sie Ihr Kind nicht mit besseren Mitschülern, bestätigen Sie es vielmehr bei kleinen Erfolgen und zeigen Sie Anerkennung für seine Stärken. Bewerten Sie Ihr Kind nicht über seine Noten – es hat so viele liebenswerte Eigenschaften und wichtige Fähigkeiten, die nicht über ein Notensystem erfasst werden können. 4

wirklich nur die Sind Jungen Sorgenkinder? Kleine Helden „Jungen können nicht still sitzen, sie sind frech und aggressiv und schlagen gerne über die Stränge.“ So oder so ähnlich formuliert waren die gängigen Vorurteile in den letzten Jahren immer wieder zu lesen. Jungen gelten in den Medien gerne als die „Sorgenkinder der Nation“, denn vor allem in der Schule sind sie häufiger auffällig als Mädchen. Sie haben im Vergleich schlechtere Noten und brechen die Schule häufiger ab. Doch hat das wirklich nur etwas damit dazu tun, dass es eben Jungs sind? Und wie geht man mit ihnen am besten um, ohne die gängigen Vorurteile auch noch zu bestätigen? Mädchen haben in den Statistiken schon seit Jahren die Nase vorn. Sie erreichen höhere Schulabschlüsse und sind meist viel zielstrebiger. Mädchen sind oft kommunikativer, kooperationsbereiter und teamfähiger. Jungen dagegen gelten als weniger einfühlsam und noch weniger gesprächsbereit. In einer Welt, in der weibliche Eigenschaften immer mehr Gewicht bekommen, werden „typisch männliche“ Charaktereigenschaften wie etwa Vitalität, Gerechtigkeitssinn, Durchsetzungskraft oder Wettbewerbsfähigkeit immer weniger geschätzt. Jungen haben es zwar oft schwer, sich in der neuen Welt zurechtzufinden, aber besorgniserregend auffällig sind die wenigsten. Verhaltensauffälligkeiten und Schulversagen haben andere Gründe als die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht. Sorgenkinder können Jungen wie auch Mädchen sein, die in schwierigen sozialen Verhältnissen aufwachsen müssen. Schmusen noch erlaubt? Obwohl Ihr Kind schon so groß scheint und oft auch sehr erwachsen tut, ist es noch klein und braucht Ihre Zuwendung und Nähe. Wenn Sie gemeinsam lesen, kuscheln Sie sich zusammen auf das Sofa oder neh- men Sie Ihr Kind öfter mal in den Arm. Aber bitte nicht vor versammelter Mannschaft! Das ist nicht nur Jungs peinlich, auch Mädchen wollen oft nicht mehr vor ihren Freundinnen umarmt werden. 5

Ob Papa , Opa , oder Onkel – Buben brau chen au ch männliche Vorbilder. © Satya Tiwari / Pixabay.com US-Wissenschaftler haben festgestellt, dass mit Jungen anders umgegangen wird. So sprechen Eltern, Erzieherinnen oder Lehrer in einem strengeren Ton mit Jungen als mit Mädchen. Jungen werden häufiger kritisiert und weniger gelobt als Mädchen. Söhne brauchen Väter. Väter, die Vorbilder sind, die sich Zeit nehmen für gemeinsame Gespräche und gemeinsame Unternehmungen. Lassen Sie als Vater Ihren Sohn an sich heran, zeigen Sie ihm, dass auch Sie weiche Seiten haben. Wenn Sie selbst traurig und verunsichert sind, dann reden Sie darüber. Kinder spüren die Unsicherheiten der Eltern ohnehin. Und wenn Ihr Junge traurig ist, sollten Sie ihn auch mal in den Arm nehmen und trösten. Um ein gesundes Selbstwertgefühl und innere Stabilität zu entwickeln, brauchen Jungen einen authentischen Vater. Einen Vater, der stark ist, der aber auch einmal schwach sein kann. Jungen brauchen eine männliche Identifikationsfigur mit allen Facetten der Männlichkeit. Wenn Sie als Mutter keinen Partner haben, der dem Kind nahesteht, kann vielleicht der Onkel, Patenonkel oder auch ein Freund der Familie diese Rolle übernehmen. Wichtig ist nur, dass es eine Person ist, zu der Ihr Sohn Vertrauen hat. Jemand, mit dem er Zeit verbringen mag und zu dem sich eine gewisse Nähe entwickelt hat. Ganz wichtig: Lassen Sie Ihren Sohn nicht Ihren Ärger über den fehlenden Partner spüren! 6

Was Jungen besonders brauchen Zuwendung und Nähe Schenken Sie Ihrem Sohn die gleiche Aufmerksamkeit und Nähe, mit der Sie sich Ihrer Tochter zuwenden. Um sich gesund entwickeln zu können, braucht jeder Mensch die Gewissheit, dass er geliebt und geschätzt wird. Wertschätzung und Zuversicht Ihr Sohn braucht die Sicherheit, dass Sie ihn mit all seine Stärken und Schwächen annehmen. Wenn Sie ihm die Zuversicht signalisieren, dass er die an ihn gestellten Aufgaben gut bewältigen wird, wird ihm das helfen, sich selbst etwas zuzutrauen. Vertrauen und Gespräche Ein Kind, das sich von den Eltern angenommen fühlt, wird sich ihnen auch anvertrauen. Auch Jungen reden über ihre Gefühle, allerdings nicht unbedingt auf dem Sofa zu Hause, sondern lieber bei gemeinsamen Unternehmungen und Aktivitäten. Offenheit und Ehrlichkeit Sprechen Sie mit Ihrem Sohn auch über Ihre eigenen Erfahrungen und Unsicherheiten. Vielleicht hilft es ihm zu wissen, dass auch Sie manchmal Angst haben. Auseinandersetzung und Reibung Jungs müssen wissen, was die Eltern denken, was sie gut und weniger gut finden. Sie brauchen die Auseinandersetzung. Diese kann zwar auch einmal heftiger ausfallen, ist aber wichtig. Denn wer auf Distanz geht, signalisiert auch: „Kein Interesse!“ Letzteres ist übrigens ein Gefühl, das Sie weder Ihrem Sohn noch Ihrer Tochter vermitteln sollten. 7

Ist der Herzenswunsch wirklich von Dauer? Spielsachen für „Große“ Die Welt Ihres Kindes ist seit dem Schuleintritt sehr viel weiter geworden. Es fühlt sich zunehmend sicherer und stärker, auch sein Aktionsradius wird immer größer. Jetzt kann Ihre Tochter schon mal alleine auf den Spielplatz gehen oder der Sohn zusammen mit Freunden eine Entdeckungstour im nahen Park oder dem Wäldchen hinter der Siedlung machen. Auch das Spielverhalten Ihres Kindes hat sich verändert: Es beherrscht und liebt Regelspiele und manchmal klappt es auch mit dem Verlieren schon recht gut. Bausätze, Werkzeugkästen oder eine kleine Werkbank sind bei 7-Jährigen meist sehr willkommen. Auch Zauberkästen werden Ihr Kind begeistern, ebenso wie verschiedene Materialien zum Nähen, Basteln, Tonarbeiten oder Bauen. Jetzt ist auch der Zeitpunkt gekommen, um über Rollschuhe, Inline-Skates oder Einräder nachzudenken. Meistens kommen die Impulse dafür von den Kindern selbst. Finden Sie heraus, wie ernst gemeint diese Wünsche sind. Um sicher zu gehen, dass es sich nicht um eine Eintagsfliege handelt, können Sie sich vielleicht das eine oder andere Sportgerät zum Ausprobieren von einem Freund ausleihen. Bewährt es sich und hat das Kind tatsächlich Spaß daran, können Sie ihm diesen Wunsch vielleicht als nächstes Geburtstagsgeschenk erfüllen. Auch Großeltern oder andere Verwandte oder Paten kommen als Schenker infrage. Second-Hand-Läden oder spezielle Sport-Flohmärkte bieten gebrauchte Sportgeräte zu wesentlich günstigeren Preisen an. Achten Sie allerdings darauf, dass die Sachen technisch geprüft und gut gewartet sind. Der große Renner gerade bei den Jungen ist elektronisches Spielzeug. Aber Vorsicht: Bevor man Ihnen in einem Elektronikmarkt irgendetwas aufschwatzt, informieren Sie sich vorab im Internet, etwa über die Altersfreigabe bestimmter Spiele. Es gibt inzwischen verschiedene Webseiten, auf denen Computerspiele besprochen und bewertet sind. ... und vergessen Sie die Bücher nicht! (Siehe auch S. 10) 8

Drachen steigen zu lassen macht Groß und Klein gleichermaßen Spaß. Hamburger & Co. Nicht nur Kinder lieben Fastfood: In den bekannten Schnellrestaurants finden sich vor allem junge Familien. Man braucht nicht still zu sitzen, darf mit der Hand essen und keiner muss lange auf sein Essen warten. Auch wenn Sie ein erklärter Gegner von Fastfood sind, sollten Sie bedenken: Dinge, die Sie Ihren Kindern verweigern, reizen sie besonders. Doch einmal im Monat oder nur zu besonderen Anlässen ins Schnellrestaurant zu gehen ist genug. Fastfood ist nun mal der Dickmacher Nummer eins. Probieren Sie zu Hause doch einmal die gesündere Variante aus: Selbstgemachte Pommes schmecken prima und enthalten weniger Fett. Auch ein selbstgemachter saftiger Cheeseburger kann es jederzeit mit seinen vorgefertigten Namensverwandten aufnehmen. Pizza lässt sich sowieso relativ einfach im heimischen Herd zubereiten und nach eigenem Geschmack belegen. Der Vorteil ist: Wenn Ihr Kind die Zutaten aussuchen darf, schmeckt ihm das Endergebnis auch besser. Zeit zum Drachen steigen lassen! Ihr Kind ist jetzt genau im richtigen „Drachenalter“: Es kann schnell genug rennen, ist geschickt – und es kullern nicht gleich die Tränen, wenn etwas nicht sofort klappt. Mittlerweile gibt es sehr gute Drachen zu kaufen. Lassen Sie sich im Fachhandel beraten, das Geld ist gut investiert! Sie können natürlich mit Ihrem Kind den Drachen auch selbst basteln. Gute Anleitungen gibt es zum Beispiel im Internet. Zum Drachen steigen lassen eignet sich ein großer Platz oder ein freies Feld, auf dem man ungehindert laufen kann. Natürlich brauchen Sie auch genügend Wind. Am besten funktioniert der Start an einem Abhang oder am Strand. Dort sind die Aufwinde besonders günstig. Das Drachensteigenlassen bringt Sie und Ihr Kind in Bewegung, Sie sind an der frischen Luft und haben Spaß. An dieses gemeinsame Erlebnis werden Sie und Ihr Kind sich noch lange gerne erinnern! 9

sich wechselLesen Sie seitig vor. Futter für den Bücherwurm Liest Ihr Kind gerne? Und Sie, lesen Sie selbst auch gerne? Das Interesse an Büchern wird nicht allein in der Schule geweckt. Wenn zu Hause viel gelesen wird, kommt das kindliche Interesse oft ganz von alleine. Deshalb wäre es schön, wenn Ihrem Kind zu Hause interessante Bücher zur Verfügung stehen, in denen es gemütlich schmökern kann. Für die Leseeinsteiger eignen sich die sogenannten Erstlesebücher. Sie haben ein größeres Schriftbild und enthalten meist kurze, überschaubare Geschichten. Die Sätze sind knapp gehalten, sodass auch die langsam Lesenden nicht zwischendrin die Geduld verlieren oder vergessen, was am Anfang war. Nach und nach kann Ihr Kind dann auf längere Geschichten in kleinerer Schrift umsteigen. Nun gibt es wenige Kinder, die sich mit sieben Jahren von sich aus in eine Ecke zurückziehen, um ein gutes Buch zu lesen. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, regen Sie es zum Lesen an. Setzen Sie sich mit ihm zusammen aufs Sofa, um gemeinsam zu lesen. Oder tauschen Sie einmal die Rollen und lassen Sie sich von Ihrem Kind vorlesen! Sie können einander abwechselnd je eine Spalte oder Seite vorlesen. Bücher muss man auch nicht immer kaufen: Sicher gibt es in Ihrer Nähe eine Stadt-, Gemeinde- oder Pfarrbücherei. Diese Büchereien verleihen in der Regel kostenlos oder gegen ein minimales Entgelt Bücher, und auch andere Medien wie Filme, Musik, Hörspiele und mehr. Nehmen Sie Ihr Kind mit in die Bücherei, lassen Sie es in dem großen Angebot herumstöbern und sich selbst etwas aussuchen. Beraten Sie es ruhig ein wenig und wählen auch Sie Bücher aus, die Ihnen für Ihr Kind geeignet erscheinen. Auch für sich selbst könnten Sie das eine oder andere interessante Buch finden! Der Besuch in der Bücherei kann zu einer festen und schönen Routine in Ihrem Familienalltag werden. © Victoria Borodinova / Pixabay.com 10

im Bü cherschrank Märchen sollten nicht fehlen. Vielleicht möchten Sie auch einige der schönsten Bücher selbst zu Hause haben. Gerade in den Lieblingsbüchern würde Ihr Kind vielleicht gerne öfters schmökern. Beim manchem Klassiker der Kinderliteratur ist eine Anschaffung empfehlenswert, besonders wenn Ihr kleiner Leser auch noch jüngere Geschwister hat. Auch ein Märchenbuch sollte in einem Haushalt mit Kindern nicht fehlen. Über das Internet oder auf Kinderbasaren können Sie diese Bücher gebraucht oft sehr viel günstiger bekommen als gewöhnlich. Nutzen Sie diesen Preisvorteil, vor allem, wenn die Bücher noch gut erhalten sind. Was ist denn ein gutes Buch? Kinderbücher gibt es wie Sand am Meer, aber woran erkennt man ein wirklich gutes Buch? Achten Sie zum Beispiel auf den Deutschen Jugendliteraturpreis, der einmal im Jahr auf der Frankfurter Buchmesse vergeben wird. Ausgezeichnet werden die besten Bücher in den Kategorien Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch und Sachbuch. Welche Bücher prämiert wurden, erfahren Sie in jedem gut sortierten Buchladen oder auch im Internet. In größeren Städten gibt es oft spezielle Kinderbuchläden oder Buchhandlungen mit einer großen Kinderbuchabteilung. Dort können Sie sich gute Bücher empfehlen lassen. Eine weitere gute Informationsquelle sind die Grundschullehrer oder die Hort-Erzieherinnen. Sie sind ja ständig mit Kindern zusammen und müssen stets informiert sein. Auch Büchereien sind eine gute Anlaufstelle. Dort finden Sie Beratung und immer eine große Auswahl an geeigneten Büchern, die auch nach dem Alter sortiert sind. Kinder lieben lustige und spannende Geschichten. Geschichten, die eine Botschaft oder Moral haben, bieten darüber hinaus auch noch ein interessantes Gesprächsthema. Noch ein guter Tipp: Wenn das Buch Sie selbst fesselt, wird es auch Ihrem Kind gefallen – jede Wette! 11

Vieles bleibt an den Frauen nach wie vor hängen. Die Sandwichfamilie Hinter dem Begriff „Sandwichfamilie“ verbirgt sich eine Familiensituation, wie sie immer häufiger anzutreffen ist: In Sandwichfamilien muss zugleich mit der Kindererziehung auch die Betreuung und Pflege der Großeltern geleistet werden. Das betrifft besonders Eltern, die selbst spät Kinder bekommen haben und deren Eltern vielleicht auch nicht mehr ganz jung waren, als sie geboren wurden. Was bedeutet das ganz praktisch? Es bedeutet in erster Linie jede Menge Arbeit und erfordert großes Organisationstalent. Morgens Frühstück machen, die Kinder zur Schule schicken, selbst zur Arbeit hetzen, mittags Oma zum Arzt fahren, Kind eins zum Musikunterricht, Kind zwei zum Turnen, einkaufen gehen, Kind eins und Kind zwei abholen, Oma abholen und heimfahren, nach Hause hetzen. Ist es schon für eine „normale“ Familie schwierig, den Spagat zwischen Beruf und Kindererziehung zu schaffen, so kämpft die Sandwichfamilie sozusagen an drei Fronten. Besonders schwierig ist es, wenn ein Großelternteil pflegebedürftig ist und möglicherweise auch mit in der Wohnung oder im Haus lebt. Oft geht das stark zulasten der Frauen, und wenn alles nicht mehr zu schaffen ist, sind sie es, die auf die Ausübung ihres Berufs verzichten. Auch die Kinder müssen gelegentlich zurückstecken, wenn die Großeltern Pflege und Betreuung brauchen. Vielleicht werden sie nicht so oft mit dem Auto chauffiert, vielleicht kommen sie beim Erzählen zu kurz, wenn Oma oder Opa sehr viel Aufmerksamkeit fordert. Auf der anderen Seite können Kinder sehr mitfühlend und geduldig sein, wenn sie wissen, dass es Opa oder Oma nicht mehr so gut geht. Sie erleben, dass in der Familie alle füreinander da sind, auch wenn es manchmal stressig, chaotisch oder anstrengend sein kann. Sie lernen, dass auch Menschen, die nicht mehr viel leisten können, wertvoll sind und geliebt werden. Deshalb müssen Kinder auch aufgeklärt werden, wenn die Großeltern etwas wunderlich werden oder immer mehr vergessen: Typische Alterserkrankungen wie etwa die Demenz könnten Kinder sonst sehr verwirren, weil sie das, was sie an den Großeltern erleben, nicht einordnen können. 12

Kinder lernen durch Ihr Vorbild, geduldig und liebevoll mit hilfsbedür ftigen Menschen umzugehen. Alte Menschen, die unter großen Schmerzen leiden, sind meist nicht mehr so lieb und geduldig, wie sie das normalerweise mit ihren Enkeln wären. Um mögliche Kränkungen aufzufangen ist es wichtig, mit den Kindern im Gespräch zu bleiben und zu erklären, warum die Großeltern sich plötzlich anders verhalten. Das Zauberwort für alle Sandwichfamilien heißt Entlastung. Lassen Sie sich helfen. Sie müssen nicht alles alleine schaffen. Vielleicht wird ein Pflegedienst finanziert, vielleicht können sich mehrere Verwandte die Pflege eines alten Menschen teilen. Sorgen Sie auch innerhalb der Familie für eine gerechte Aufteilung der Alltagspflichten. Pflege ist nicht allein Frauensache! Wenn Sie eine Pause brauchen oder in Urlaub fahren wollen, gibt es die Möglichkeit der Kurzzeitpflege. Eine Sandwichfamilie hat sehr viel zu leisten. Vergessen Sie sich selber nicht! © Beeki® / Pixabay.com 13

Jungs stottern häuf iger als Mädchen. g-oßes Eis! Ich mag ein Warum stottert mein Kind? Stottern ist keine eigentliche Sprachstörung, es ist vielmehr eine Störung im Sprachfluss. Der Sprechablauf wird dabei immer wieder unterbrochen. Einzelne Silben, Wörter oder Laute wollen einfach nicht über die Lippen kommen, oder sie werden mehrmals wiederholt. Manchmal kommen auch immer wieder dieselben Füllwörter wie „und“, „äh“ und ähnliche dazu, oder das Stottern wird begleitet von Tics wie Blinzeln. Etwa fünf Prozent aller Kinder sind vom Stottern betroffen. Stottern tritt unabhängig vom Bildungsgrad oder der sozialen Herkunft auf. Die Ursachen für das Stottern sind noch weitgehend unerforscht. Feststeht, dass mehr Jungen als Mädchen stottern und dass diese Störung in manchen Familien gehäuft auftritt. Stottern entwickelt sich in der Regel vor dem zwölften Lebensjahr. Belastende Erlebnisse wie der Tod eines nahen Familienangehörigen, eine traumatisch erlebte Trennung der Eltern oder ein Umzug können Stottern auslösen. Stotternde Kinder sind oft sehr feinfühlig – umso tragischer ist es, dass sie durch ihr Handicap oftmals den Hänseleien und dem Spott Gleichaltriger ausgesetzt sind. Bei kleineren Kindern ist Stottern nicht selten entwicklungsbedingt und dient dazu, die Sprache zu erlernen: Ein Wort wird so oft wiederholt, bis dem Kind das gesuchte darauf folgende Wort eingefallen ist. Das ist weder für das Kind noch für seine Eltern ein großes Problem. Spätestens im Schulalter jedoch wird das Stottern als Störung wahrgenommen. Im Rahmen des Unterrichts müssen die Kinder vor einer großen Gruppe Gleichaltriger sprechen und bauen entsprechend große Ängste auf. Oftmals entwickeln sie Vermeidungsstrategien, indem sie sich etwa immer mehr in sich zurückziehen. Damit können sie das Sprechen weitgehend umgehen. Wenn Ihr Kind über einen Zeitraum von einem halben Jahr hinweg stottert, sollten Sie Ihren Kinderarzt zurate ziehen. Er kann Ihr Kind zu einem Sprachtherapeuten, einer Logopädin oder auch einer Sprachheiltherapeutin überweisen. Diese Fachleute werden zunächst eine genaue Diagnose 14

Lassen Sie keine Untersu chung aus! stellen. Im Laufe der Behandlung lernen Kinder auch mithilfe rhythmischer Verse und Lieder eine neue Sprechweise. Die Bewältigung der Angst spielt dabei eine große Rolle. Bei vielen Kindern verschwindet das Stottern wieder völlig. Die Chancen sind umso größer, je früher mit einer Therapie begonnen wird. Vorsorgeuntersuchung U10 Die U10 schließt die Lücke zwischen der U9, die im Alter von fünf Jahren durchgeführt wird und der J 1, die zwischen zwölf und 14 Jahren stattfinden soll. Schwerpunkt der U10 ist das Erkennen von Entwicklungs- oder Verhaltensstörungen wie zum Beispiel AD(H)S, motorischen Störungen oder auch Teilleistungsstörungen, die manchmal erst auffallen, wenn ein Kind die Schule besucht. Wird eine entsprechende Störung festgestellt, kann der Arzt Sie über Hilfsmöglichkeiten und Therapieangebote informieren. Die Vorsorgeuntersuchung wird noch nicht von allen Krankenkassen übernommen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse oder Kinderärztin. © Semevent / Pixabay.com 15

B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim OnlineRatgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Schulprobleme Bei Schulproblemen kann Sie die Lehrkraft Ihres Kindes an den zuständigen Schulpsychologen vermitteln. Erziehungsberatungsstellen, www.erziehungsberatung.bayern.de, www.lag-bayern.de/erziehungsberatung/beratungsstellen, können Ihnen ebenfalls weiterhelfen. Computerspiele Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle: www.usk.de ComputerProjekt Köln e. V: Ein pädagogischer Ratgeber zu Computerspielen, www.spieleratgeber-nrw.de, mit Ergebnissen von Spieltestergruppen. Stottern Hier helfen Sprachtherapeutinnen und -therapeuten, Sprachheiltherapeutinnen und -therapeuten oder Logopädinnen und Logopäden weiter. Die behandelnde Kinderärztin oder der Kinderarzt kann Ihr Kind an eine geeignete Fachkraft überweisen. Im nächsten Elternbrief: – Was Mädchen und Jungs unterscheidet – Rund um die Schule: „Na, wie war‘s heute?“ – Mein Kind ist heute traurig – Kinder vor Missbrauch schützen – Was ist eigentlich Legasthenie? – Familie hat viele Gesichter: Die Regenbogenfamilie – Kinder und Konsum – Mit sieben Jahren beschränkt geschäftsfähig Die Elternbriefe werden gefördert durch: 27 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202127

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