17. Elternbrief Erziehungsratgeber Bayerisches Landesjugenda

12 „Ich will nicht ins Bett!“ Kinder lernen, in einer Gemeinschaft zu leben. Briefe B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T 17 INHALT 3 Jahre 9 Monate 1 Endspurt für den Kindergarten 3 Kreativität 4 Kinder vor dem Fernseher und PC 5 Kindergeburtstag 8 Tausend und ein Wunsch 10 Gewinnen und verlieren 13 Schnarchen 14 Besondere Kinder „Ananas – deine Hose ist nass“ Haben Sie auch einen kleinen Scherzkeks zu Hause, der gerne Witze aus dem Kindergarten mit heimbringt? Kin- der entwickeln mit knapp vier ihre ganz eigene Art von Humor. Sie werden sprachgewandter, spielen mit Wörtern und kontern schlagfertig: Früh am Morgen krabbelt Leon ins Elternbett. Papa sagt: „Ja, wer kommt denn da?“ Dar- auf tut Leon beleidigt: „Wenn mich hier keiner kennt, dann geh ich eben wieder!“ Ihr Kind wird Sie mit seiner Schlagfertigkeit noch öf- ters zum Lachen bringen. Gut so! Denn mit Humor und Fröhlich- keit lassen sich so manch schwie- rige Situationen besser meistern. In den letzten Elternbriefen haben Sie schon einiges zum Thema Kindergarten lesen können. Mit vier Jahren besucht der größte Teil der Kinder in Bayern eine Kindertagesstätte. Im letzten Jahr vor der Einschulung sind es sogar über 90%. Mit gutem Grund: Im Kindergarten lernen Kinder das Sozialverhalten, das sie später in der Schule brauchen. Sie lernen, sich in eine Gemeinschaft einzugliedern, zusammenzuarbeiten, Freundschaften zu knüpfen. In den letzten Jahren hat es sich der Kindergarten darüber hinaus auch mehr und mehr zur Aufgabe gemacht, Kinder gezielt auf den späteren Schulbesuch vorzubereiten. Das geschieht beispielsweise durch Sprachförderung und den Aufbau des Zahlen-

Gruppenleben ist eine wichtige Er fahrung für Ihr Kind . verständnisses ebenso wie durch kleine naturwissenschaftliche Experimente oder musische Anregungen. In speziellen Vorschulgruppen kann Ihr Kind im letzten Jahr vor der Einschulung noch weiter gehend gefördert und unterstützt werden. Wenn Ihr Kind also bislang noch keinen Kindergarten besucht, ist es jetzt höchste Zeit, ihm die Möglichkeit dazu zu geben. Sie erhöhen damit seine Chancen, in der Schule und auch später im Leben besser zu bestehen. Sie geben ihm aber auch die Möglichkeit, mit anderen Kindern zusammenzusein und Spaß zu haben. Wenn Ihr Kind sehr schüchtern ist und aus diesem Grund nicht unter anderen Kindern sein möchte, sprechen Sie mit den Erzieherinnen oder Erziehern des Kindergartens Ihrer Wahl. Sie haben Erfahrung mit schüchternen Kindern und können Ihrem Kind die Eingewöhnung erleichtern. Auch eine Erziehungsberatungsstelle weiß Rat. Bedenken Sie, dass spätestens bei Schuleintritt Ihr Kind in einer Klasse von bis zu dreißig Schülern zurechtkommen muss. Helfen Sie ihm, sich darauf vorzubereiten. Wenn es Ihnen finanziell nicht möglich ist, den Kindergartenbeitrag aufzubringen, wenden Sie sich an das Jugendamt. Die Mitarbeiter dort können Ihnen weiterhelfen. © luvmybry / Pixabay.com 2

Im Kindergar ten bekommt ein Kind andere Anregungen als daheim. Kreativität fördern Kinder sind kreative Wesen. Kaum ein Kind, das nicht gern malt, bastelt, Höhlen baut oder in der Puppenecke kleine Rollenspiele spielt. Mit Hingabe spielt es Vater-Mutter-Kind oder erlebt als Ritter oder Pirat wilde Abenteuer. Im Kindergarten ist genügend Raum und Zeit, diese Kreativität auszuleben. Zusätzlich erwirbt Ihr Kind Fertigkeiten, mit denen es seine Ideen noch besser verwirklichen kann. Es lernt vielleicht, wie man aus Pappe einen Ritterhelm bastelt und dabei eine Schere oder einen Klebestift benutzt. Es bekommt Anregungen, was es tun kann, damit die gebaute Höhle nicht immer wieder einstürzt. Es erfährt Grenzen, etwa wenn die Piratenspiele so wild werden, dass sich jemand verletzen könnte und ein Erzieher einschreiten muss. Darüber hinaus bietet die sogenannte Freispielzeit, in der die Kinder selbst aussuchen dürfen, was sie spielen, eine gute Möglichkeit, aus sich selbst heraus kreativ zu werden und neue Spielideen zu entwickeln. An der einen oder anderen Stelle werden die Kinder durch die Erzieherinnen dabei unterstützt, ihre Ideen umzusetzen. Neben dem freien Spiel wird die Entwicklung der kindlichen Kreativität aber auch ganz gezielt gefördert: Zusammen mit den Spielgefährten übt Ihr Kind neue Lieder, Tänze und Kreisspiele ein und lernt mit einfachen Instrumenten wie Glockenspiel, Trommel oder Tambourin umzugehen. So wird es spielerisch an die Musik herangeführt und lernt auch, seine Schüchternheit zu überwinden, indem es zum Beispiel an kleinen Aufführungen beim Kindergartenfest mitwirkt oder in einer Gruppe von Kindern etwas vorführt. Es wird darin angeleitet zu malen und zu basteln und entwickelt dabei ganz nebenbei die Geschicklichkeit, die es später auch zum Schreibenlernen in der Schule brauchen wird. Wenn Sie als Eltern die Kreativität Ihres Kindes auch außerhalb des Kindergartens unterstützen wollen, hier einige Tipps: • Farbstifte und bunte Knetmasse sollten in keinem Haushalt mit Kleinkindern fehlen. Auch Fingerfarben und große Papierbögen bieten viele Möglichkeiten. Die Rückseite alter Tapeten ist eine kostengünstige Alternative. 3

Großer Aufwand ist meistens gar nicht nötig. • Erlauben Sie Ihrem Kind auch, Dinge des Alltags mit in seine Spiele einzubeziehen. So kann zum Beispiel aus alten Kochtöpfen ein Schlagzeug entstehen oder aus einem Karton ein Küchenherd zum Spielen. • Allgemein kann man sagen: Je einfacher das Ausgangsmaterial ist, desto mehr Raum gibt es für Kreativität. • Ermöglichen Sie es Ihrem Kind, draußen zu spielen – im Garten, im Park oder auf dem Spielplatz. Auch das regt die Kreativität an, zudem können sich Kinder dort freier bewegen als in der Wohnung. • Die entscheidende Maßnahme zur Förderung und Erhaltung kindlicher Kreativität jedoch ist es, den Medienkonsum der Kinder zu begrenzen. Kinder vor dem Fernseher und Computer Natürlich gehören Fernseher, Smartphone & Co zu unserem Alltag. Und natürlich lassen sich Kinder nicht davon fernhalten. Und sicher wissen Sie auch, welche TV-Sendungen angeblich besonders pädagogisch wertvoll sind. Das mag bis zu einem gewissen Grad stimmen. Aber richtig ist auch, dass die Zeit vor dem Bildschirm Ihrem Vierjährigen mehr schadet als nutzt. Wissenschaftler sind sich einig: Drei- bis fünfjährige Kinder sollten nicht länger als eine halbe Stunde pro Tag vor dem Fernseher oder Computer verbringen. Denn die frühe Kindheit ist entscheidend für die Entwicklung des Gehirns und die Entstehung von Verhalten. So wurde in einer kanadischen Langzeitstudie festgestellt, dass Kinder, die zwischen zweieinhalb und viereinhalb Jahren mehr als zwei Stunden pro Tag fernsahen, später in der Schule Probleme hatten: Sie meldeten sich weniger und waren in Mathematik deutlich schwächer als ihre Mitschüler. Sie waren sportlich weniger aktiv und wogen mehr als ihre Altersgenossen. Auch hatten die Vielgucker mehr Probleme mit ihren Mitschülern: Sie wurden ausgegrenzt und gehänselt. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind wirklich nicht länger als eine halbe Stunde pro Tag auf einen Bildschirm schaut, egal ob auf ein Smartphone-Display oder Fernsehgerät, und wählen Sie die Sendung oder Spiele-App selbst aus. Sie sollten sich dabei auf qualitativ hochwertige Angebote beschränken. Das Gleiche gilt für PC-Spiele. Achten Sie unbedingt auf die Altersangaben. Wichtig ist, dass sich das Kind nach seiner Medienzeit bewegt. Also raus aus dem Wohnzimmer, ab an die frische Luft! 4

Ihr Kind in die Beziehen Sie Vorbereitungen mit ein. Kindergeburtstag Bald wird Ihr Kind vier Jahre alt. Während die ersten Geburtstage eines Kindes eher im engeren Familienkreis gefeiert werden, ist mit vier Jahren meistens das Zeitalter der Kindergeburtstage angebrochen. Kinder wollen nun oft von sich aus Freunde einladen und mit ihnen feiern. Vielleicht sehen Sie als Eltern solch einem Fest mit gemischten Gefühlen entgegen. Werden Sie die Rasselbande bändigen können? Wird es dem eigenen Kind und seinen Gästen denn auch gefallen? Muss man da heutzutage nicht allerhand bieten? Seien Sie unbesorgt und erlauben Sie Ihrem Kind, wenn möglich, eine kleine Feier. Als Faustregel heißt es bei vielen Eltern: Pro Lebensjahr darf ein Kind eingeladen werden. Das wären also beim vierten Geburtstag vier Gäste. Es können natürlich auch weniger sein. Einladungen Wenn Sie möchten, können Sie mit Ihrem Kind zusammen die Einladungskarten basteln. Heute werden sie auch oft am PC erstellt. Nach dem Ausdrucken kann man die Einladungen dann immer noch individuell bemalen oder bekleben. Ort und Zeit der Veranstaltung sollten draufstehen und wann die Kinder wieder abgeholt werden sollen. Die Einladungen darf Ihr Kind seinen Freunden persönlich überreichen. Es empfiehlt sich jedoch, mit den Eltern der eingeladenen Kinder kurz telefonisch Kontakt aufzunehmen, um sicherzugehen, dass auch alle Eltern von der Party erfahren haben. Essen und Trinken So ein eigener Geburtstagskuchen ist natürlich immer eine feine Sache. Ob man ihn aber auch selbst backen muss, steht auf einem anderen Blatt. Sicher macht es Ihrem Kind Spaß, vor der Geburtstagsparty zusammen mit Ihnen etwas Leckeres zu backen. Aber genausogut können Sie auch einen Kuchen oder eine Torte kaufen oder die Oma bitten, etwas Feines zu machen. Beliebt bei Kindern und auch in größerer Menge schnell vorzubereiten sind Muffins, also kleine Kuchen, die man aus der Hand essen kann. Im Winter können es Lebkuchen sein, im Sommer Eis. Als Getränke sind Saftschorlen beliebt, sie sind schmackhaft und gesund. Im Winter können Sie auch Früchtetee oder Kakao anbieten. Auf zuckersüße Limonaden und Cola sollten Sie verzichten! 5

einmal der absolute Mittelpunkt Es ist so schön, sein zu dür fen. Geschenke Meist ist es üblich, zu einer Geburtstagsparty kleine Geschenke mitzubringen. Machen Sie die Eltern der Kinder darauf aufmerksam, dass es wirklich kleine Geschenke sein sollten. Es soll ja eine nette, unkomplizierte Feier werden, doch große, teure Geschenke lassen Rivalität unter den Kindern entstehen und bringen Sie und andere Eltern unter Zugzwang. Mehr als fünf Euro sollten für Geschenke bei Kindern in diesem Alter nicht ausgegeben werden. Auch etwas selbst Gebasteltes kommt meist gut an. Spiele Zum Kindergeburtstag gehören Spiele. Dabei kommt es darauf an, ob die Feier in der Wohnung oder im Freien stattfindet. Im Freien kann man natürlich mehr Bewegungsspiele anbieten, in der Wohnung muss alles etwas ruhiger zugehen. Im Alter von vier Jahren sind die klassischen Geburtstagsspiele noch sehr attraktiv, also Topfschlagen, Wattepusten, Luftballonspiele, Eierlauf, Sackhüpfen, Brezelschnappen oder eine Schatzsuche. Spiele helfen, die Kinder zu beschäftigen und ein wenig Struktur in den Nachmittag hineinzubringen. Preise Für die Geburtstagsgäste können Sie kleine Preise besorgen, die sie bei den Spielen gewinnen können. Wer zum Beispiel beim Topfschlagen schließlich fündig geworden ist und den Topf gefunden hat, findet darunter ein kleines Tütchen Gummibären oder einen lustigen Radiergummi. Auch hier muss man nicht übertreiben, ein bis zwei solcher Preise pro © Daria Shevtsova / pexels.com Kind genügen. 6

Vorgefertigte Feste In den letzten Jahren haben Fast-Food-Ketten, aber auch Schwimmbäder und andere Anbieter wie zum Beispiel Museen Kindergeburtstage als Marktlücke entdeckt. Sie bieten für nicht wenig Geld durchorganisierte Kindergeburtstage mit Essen, Trinken, Spielen und kleinen Preisen. Das klingt zunächst einmal sehr praktisch. Allerdings nehmen Sie sich als Eltern auch die Möglichkeit, solch einen Tag mit Ihrem Kind zusammen selbst zu gestalten. Auch Feiern will gelernt sein! Und Ihr Kind wird in seine neue Rolle als Gastgeber hineinwachsen, wenn Sie ihm zeigen, wie man Feste feiert. Damit der Kindergeburtstag gelingt und Sie nicht überfordert, hier noch einige Tipps: • Nichts übertreiben! Eine überschaubare Zahl an Gästen, drei bis vier Spiele, ein Kuchen oder ähnliches genügen vollkommen. • Planen Sie vorher und halten Sie alles, was Sie für die Spiele brauchen, bereit. • Führen Sie die Kinder durch den Nachmittag. Sie sind noch zu klein, um sich selbst zu organisieren, also müssen Sie ansagen, wann Geschenke ausgepackt werden, wann es Kuchen gibt und wann Spiele stattfinden. • Sorgen Sie dafür, dass die Kinder auch wieder abgeholt werden. Wenn eine Geburtstagsfeier um drei Uhr beginnt, darf sie um fünf, halb sechs Uhr auch zu Ende sein. • Überfordern Sie sich nicht! Mit fünf Kindern ins Schwimmbad? Eine groß angelegte Schnitzeljagd? Fangen Sie lieber klein an, für Steigerungen haben Sie noch viele Jahre Zeit. Bedenken Sie auch, dass vierjährige Kinder noch sehr viel Aufsicht benötigen. • Damit kein Stress aufkommt, ist es empfehlenswert, wenn noch ein Erwachsener mit dabei ist. Falls das innerhalb der Familie nicht funktioniert, kann vielleicht der Vater oder die Mutter eines der eingeladenen Kinder einspringen. 7

Tausend und ein Wunsch T-Shirts mit Monsteraufdruck, überdimensionierte Spielzeugpistolen, Glitzer-Barbies oder lila Lackschuhe mit Klackerabsatz: Nicht alles, was Kinder gerade ganz toll finden, gefällt auch den Eltern. Spielfiguren wie etwa Barbie sind vor allem bei Mädchen sehr beliebt. Sie dienen eigentlich als Zubehör für sogenannte Rollenspiele. Aus pädagogischer Sicht sind Spielsachen vorzuziehen, die weniger vorgefertigt sind und daher mehr Möglichkeiten bieten: So könnten sich Kinder zum Beispiel auch selbst verkleiden und Rollenspiele erfinden. Dann sind sie weniger festgelegt und können ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Barbie steht zudem für ein unrealistisches Schönheitsideal. Figur, Frisur und Kleidung spielen eine zentrale Rolle. Kleine Mädchen sind oftmals sehr fasziniert von diesen Dingen und haben auch in Bezug auf ihr eigenes Äußeres ganz spezielle Vorstellungen – die nicht immer mit denen der Eltern übereinstimmen. Wie zum Beispiel beim rosa Prinzessinnenkostüm oder beim Megaglitter Kinderschminkset. © Denise Husted / Pixabay.com Noch mehr Bauchschmerzen haben manche Eltern, wenn ihr Kind eine Spielzeugpistole tragen möchte. Auch Pfeil und Bogen oder ein Schwert sind für Jungs meist interessant. Und ein Kleidungsstück, auf dem der gerade angesagte Actionheld abgebildet ist, ist schon im Kindergartenalter cool. Hier stehen das Kämpfen und das Siegen im Vordergrund. Auch hier gilt: Ein selbst gebasteltes „Laserschwert“ (etwa ein kurzer Stock, der mit Alufolie umwickelt ist) lässt der Fantasie mehr Raum und kann kurzfristig auch in etwas anderes umfunktioniert werden. Und ein T-Shirt kann mit Textilfarben auch selbst sehr abenteuerlich bemalt werden. Doch nicht immer können Eltern die Wünsche ihrer Kinder so umlenken. Also was tun, wenn Ihr Kind unbedingt eins dieser Spielsachen oder Kleidungsstücke haben will? Wenn nun mal der innigste Wunsch eine Barbiepuppe ist? Oder ein Cowboycolt? Schenken Sie Dinge, von denen Sie nicht überzeugt sind, nicht von sich aus. 8

von Kindern deckt sich nicht unbedingt Der Geschmack mit dem eigenen... Warten Sie ab, dass Ihr Kind wirklich sagt, dass es zum Beispiel unbedingt rosa Lackschuhe haben möchte. Sprechen Sie auch mit den Großeltern und anderen Menschen, die Ihrem Kind Geschenke machen. Bitten Sie sie, entsprechende Sachen nicht ohne Absprache mit Ihnen zu schenken. Sprechen Sie mit Ihrem Kind. Fragen Sie es, warum es dieses bestimmte Spielzeug, dieses oder jenes Kleidungsstück gerne haben will. Hören Sie ihm gut zu und versuchen Sie auch, seine Argumente ernst zu nehmen. Oft geht es Kindern eher um die Anerkennung durch Gleichaltrige. Um die Möglichkeit beispielsweise, mit der eigenen Barbiepuppe bei anderen Mädchen mitspielen zu können. Erklären Sie Ihrem Kind aber auch, warum Sie etwas, das es sich wünscht, weniger gut finden. Etwa, weil das Wunsch-Spielzeug nur auf eine bestimmte Art gespielt werden kann. Oder weil Sie sich vor den Monstern auf dem begehrten T-Shirt gruseln. Oder weil Sie es für überteuert halten. Sollte jedoch etwas ein Herzenswunsch Ihres Kindes sein, lehnen Sie ihn nicht rundweg ab. Suchen Sie nach einem Kompromiss. Vielleicht kann man eine Pistole kaufen, „Munition“ aber nur zu besonderen Anlässen erlauben? Vielleicht reicht auch eine einzige Barbiepuppe und nicht gleich zehn? In jedem Fall ist es sinnvoll, solche Wünsche nicht gleich zu erfüllen, sondern ein wenig zu warten, bis zum Geburtstag vielleicht oder bis Weihnachten. So mancher Wunsch hat sich bis dahin erledigt. Wenn nicht, lernt Ihr Kind, dass es auf manche Dinge auch einmal warten muss, dass nicht alles gleich erfüllt wird. Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang von der „Frustrationstoleranz“: Das ist die Fähigkeit, auch kleinere Enttäuschungen zu verschmerzen, sich Dinge zu „erarbeiten“ oder eben auf die Erfüllung von Wünschen zu warten. Das ist wichtig für Ihr Kind, damit es auch zukünftige Herausforderungen gut bewältigen kann. 9

„Mit eu ch spiel‘ ich NIE wieder!“ -=- Gewinnen und verlieren Kleine Kinder lieben Gesellschaftsspiele. Vor allem einfache Karten- und Bildlegespiele können sie ziemlich bald, und mit der Zeit entdecken sie auch immer mehr Brettspiele (am besten solche mit Farbwürfeln) für sich. Diese Art von Spielen mögen Kinder besonders gern, weil sie mit der ganzen Familie gespielt werden können. Aber was passiert, wenn der Papa oder die große Schwester schon wieder gewonnen haben? In so einem Fall kann es gut sein, dass – je nach Temperament – Tränen fließen oder die Fetzen fliegen. Spielbretter werden quer durchs Zimmer geworfen und die Würfel gleich mit hinterher. Ihr Kleines brüllt: „Ihr seid alle doof!“ und verlässt wutschnaubend den Raum. Oder es sitzt tieftraurig in der Ecke und will nicht mehr mitspielen. Was tun? Hinterhereilen und das Kind trösten oder es in Ruhe lassen, nach dem Motto „Es beruhigt sich schon wieder“? Gewinnen und verlieren will gelernt sein. Trotzdem kann man ein kleines Kind mit diesem Frusterlebnis nicht alleine lassen. Es hat sich Mühe gegeben und trotzdem verloren. Jetzt fühlt es sich schwach und allein. Gehen Sie ihm nach und trösten es. Zeigen Sie Mitgefühl und Verständ- © Rudy and Peter Skitterians / Pixabay.com 10

Die Wut dar f raus! nis für seinen Ärger und seine Enttäuschung. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Sie es trotzdem lieb haben, egal ob es gewonnen oder verloren hat. Gesellschaftsspiele sind wichtig. Dabei lernen Kinder fürs Leben. Sie lernen: • Regeln einzuhalten • bei der Sache zu bleiben • sich zu konzentrieren • mit Erfolg und Misserfolg umzugehen. Was aber kann man tun, um bei seinem Kind den großen Spiel-Frust zu vermeiden? Lassen Sie Ihr Kind ruhig schimpfen. Schließlich hat es eine gehörige Wut im Bauch, die raus muss. Wichtig ist auch, Spiele, bei denen Gewinnen oder Verlieren im Vordergrund stehen, nicht allzu oft auf den Familienplan zu setzen. Und geben Sie Ihrem Kind eine Chance, indem Sie Spiele auswählen, bei denen es punkten kann. „Memory“ zum Beispiel beherrschen schon kleine Kinder in Nullkommanichts und sind dabei immer besser als die Großen. Manchmal lassen sich auch die Spielregeln vereinfachen, sodass auch Ihr Kleines eine Chance hat zu gewinnen! 1001 Spielmöglichkeit: Der Karton Sie haben gerade einen neuen Kühlschrank gekauft? Steht er schon an seinem Platz und muss jetzt nur noch die Verpackung entsorgt werden? Halt! Stopp! Werfen Sie den Karton nicht weg, Ihr Kind wird sich mit Begeisterung darauf stürzen. Ganz schnell wird es ihn zu seiner neuen Wohnung, zum Piratenschiff oder zur Ritterburg erklären. Sie können Ihrem Kind auch behilflich sein und Tür und Fenster hineinschneiden und einen Blumentopf für den Vorgarten liefern. Oder Sie stellen ein Tuch als Segel zur Verfügung. Vielleicht will Ihr Kind die neue Burg auch bemalen und mit kleinen Türmchen ausstatten. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das Tolle an großen Kartons ist, sie sind – im Gegensatz zu anderen Spielsachen – größer als das Kind. Problemlos kann es hineinkrabbeln, sich darin verstecken und sich in seine eigene kleine Welt zurückziehen. 11

Abendritual ist Ein festes hilfreich . „Ich will noch nicht ins Bett!“ Gibt es bei Ihnen auch jeden Abend den gleichen Kampf? Ihr Kind will noch nicht ins Bett, obwohl ihm längst die Augen zufallen! Das Zu-Bett-Gehen ist in vielen Familien ein Problem. Immer wenn es Zeit zum Schlafen ist, fällt dem Kind noch etwas ein: Der Bauernhof muss noch fertig gebaut, das Puppenhaus noch schnell umgeräumt oder ein Bild für Oma gemalt werden. Am Abend laufen viele Kinder noch einmal zur Hochform auf. Ist es die Angst vor dem Einschlafen oder findet Ihr Kind einfach keine Ruhe? Die Gründe sind so unterschiedlich wie die Kinder selbst (siehe Elternbrief 11, Kindliche Ängste). Es gibt Kinder, die gehen mit vier Jahren pünktlich um 19 Uhr ins Bett und stehen morgens um sieben Uhr wieder auf. Sie legen sich mittags zur gleichen Zeit hin und machen jeden Tag eine Stunde Mittagsschlaf. Andere wiederum sind um 22 Uhr immer noch auf und stehen zur Freude ihrer Eltern morgens um sechs schon wieder senkrecht im Bett. Sie wissen inzwischen, welcher „Schlaftyp“ Ihr Kind ist, wann es in der Regel müde ist und wie viel Schlaf es braucht. Es macht wenig Sinn, einen Vierjährigen abends um sechs ins Bett zu stecken, obwohl er eigentlich erst um neun Uhr müde wird. Egal ob Ihr Kind normalerweise früh oder eher spät ins Bett geht, legen Sie eine Zu-Bett-gehZeit fest (an die Sie sich natürlich nicht sklavisch halten müssen, sinnvolle Ausnahmen sollte es immer geben!) und wiederholen Sie jeden Abend das gleiche Ritual – Waschen, Zähne putzen, Schlafanzug anziehen, Hinlegen, Geschichte vorlesen oder singen. Wenn Sie all diese Stationen erledigt haben und Ihr Kind hoffentlich müde in seinem Bett liegt, geben Sie ihm noch einen Gute-Nacht-Kuss und verlassen Sie danach das Zimmer. Vielleicht lassen Sie auch ein kleines Nachtlicht brennen, damit es im Raum nicht ganz dunkel ist. Doch was tun, wenn zehn Minuten später Ihr Kleines plötzlich wieder in der Tür steht und verkündet „Ich kann aber nicht einschlafen!“? Bleiben Sie auf jeden Fall ruhig, nehmen Sie Ihr Kind auf den Arm und bringen Sie es zurück in sein Zimmer. Legen Sie es wieder ins Bett, streicheln es noch einmal kurz und gehen dann aber wieder raus. Dieses Spiel lässt sich natürlich unzählige Male wiederholen. Darauf 12

Kinder von Rau chern schnarchen häuf iger. Wussten Sie, dass jedes zweite Kind schnarcht? Wenn Kinder zwischen ein und vier Jahren gelegentlich schnarchen, so ist das nicht ungewöhnlich. Häufiger Grund sind vergößerte Rachenmandeln oder „Polypen“. Manchmal sind es auch die Gaumenmandeln, die zu groß sind. Übrigens, Kinder von Rauchern sind deutlich häufiger betroffen. Das nächtliche „Sägen“ hat nicht selten zur Folge, dass das Kind nachts häufiger unsollten Sie sich aber auf keinen Fall einlassen. Erklären Sie Ihrem Kind, dass seine Schlafenszeit gekommen ist und jetzt „Mama-und Papa-Zeit“ ist. Natürlich wird das nicht immer klappen und Sie werden die eine oder andere Schleife drehen, aber verlieren Sie nicht Ihre Geduld! ter chronischem Husten leidet und für Erkältungskrankheiten anfälliger ist. Außerdem beeinflusst das Schnarchen die Leistungsfähigkeit des Kindes. Wer nachts nicht tief und ruhig schläft, fühlt sich am nächsten Morgen oft erschöpft und unausgeschlafen. Wenn sich das Schnarchen nach einer Weile nicht von selbst legt, sollten Sie mit Kinderarzt oder Kinderärztin darüber sprechen. 13

Familien mit besonderen Kindern brau chen mehr Kraft als andere. Besondere Kinder Nicht alle Kinder sind gleich. Die einen entwickeln sich schneller, die anderen langsamer, wieder andere sind stark eingeschränkt. Kinder mit Entwicklungsverzögerungen sind in einem oder mehreren Bereichen deutlich „später dran“ als ihre Altersgenossen. Das kann beim Sprechen sein, in der geistigen Entwicklung, bei der motorischen Entwicklung, wenn es also um Bewegung geht, aber auch im Umgang mit anderen oder in ihrem eigenen Gefühlsleben. Ein Kind mit einer Entwicklungsverzögerung kann seinen Rückstand aufholen, wenn es entsprechend gefördert wird. Von „Behinderung“ spricht man, wenn bei einem Kind eine erhebliche und dauerhafte Beeinträchtigung vorliegt. Wenn die Bewegungsfähigkeit wie etwa Gehen oder Greifen oder aber die Sinneswahrnehmungen wie Sehen und Hören stark eingeschränkt ist, spricht man von einer „Körperbehinderung“. Der Begriff „geistige Behinderung“ ist eine Art Sammelbezeichnung für vielerlei Arten intellektueller Einschränkung. Als geistig behindert wird ein Kind bezeichnet, wenn seine intellektuellen Fähigkeiten unterhalb eines bestimmten Grenzwertes liegen und dadurch die Anforderungen des täglichen Lebens nicht oder kaum bewältigt werden können. Es wäre aber ganz falsch, Kinder nur unter dem Blickwinkel dessen zu sehen, was sie nicht können. So sind geistig behinderte Kinder oftmals der Sonnenschein der Familie, bringen Wärme und Heiterkeit hinein und lehren uns, eigene Leistungsmaßstäbe auch einmal zu hinterfragen. Andere Kinder sind nur in einem Teilbereich eingeschränkt und haben dafür in anderen Bereichen großartige geistige oder körperliche Fähigkeiten. Für Familien mit besonderen Kindern ist es dennoch oft nicht leicht, mit der Situation zurechtzukommen. Diese Kinder brauchen sehr viel Zuwendung. Darunter kann die Partnerschaft leiden, aber auch Geschwisterkinder kommen dabei oft zu kurz. Manchmal werden hohe Erwartungen an sie gestellt. Sie müssen mit ungewöhnlichen, manch14

Unterstützung! Holen Sie sich © Katrina S / Pixabay.com mal auch belastenden Situationen zurechtkommen. Auch die Umwelt reagiert oft recht verkrampft auf behinderte Menschen. Besondere Kinder, die eine besondere Förderung brauchen, können diese in heilpädagogischen Einrichtungen oder der Förderschule erhalten. Immer öfter aber wird versucht, diese Kinder im Sinne eines inklusiven Ansatzes in Regeleinrichtungen zu fördern. Inklusion nimmt die Unterschiedlichkeit der Menschen als besondere Chance wahr. Erziehungs- und Bildungseinrichtungen versuchen zunehmend, behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam zu bilden und zu betreuen. Alle Beteiligten können dabei voneinander lernen und viel gewinnen. Eltern von besonderen Kindern sollten sich beraten lassen, welche Form der Förderung für ihr Kind am besten ist (siehe auch Adressen auf S.16). 15

ClimatePartner 0 klimaneutral Druck 110: 10822-1-408·1001 FSC www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 IJ Bayerisches Staatsministerium für Famil ie, Arbeit und Sozia les B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunter-laden oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Anlaufstellen zum Thema Behinderung sind die jeweiligen Kommunalverwaltungen. Auf der Webseite www.kindernetzwerk.de finden Sie Hilfe. Weitere Hilfe finden Sie auf der Webseite www.intakt.info, außerdem bei den Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, www.behindertenbeauftragte.bayern.de, Winzerer Straße 9, 80797 München, Tel. 089-1261-27 99 oder Behindertenbeauftragte@stmas.bayern.de Im nächsten Elternbrief: – Brauchen Kinder Märchen? – Lernen im Kindergarten: Sprachförderung – Wie ist das mit der Langeweile? – Diva oder Draufgänger? – Rollen unter Kindern – „Mir ist so langweilig!“ – „Ich war’s nicht!“ – Lügt mein Kind? – Familie hat viele Gesichter: Pflegefamilien – Mein Kind ist heute krank – Kind im Krankenhaus – Braucht Ihr Kind eine Brille? Die Elternbriefe werden gefördert durch: 17 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202117

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