1 Perfekte Eltern gibt es nicht 3 Halten und Loslassen „Ich will nur das Beste für mein Kind!“ B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Briefe 45 INHALT 14 Jahre 6 Monate 4 Der Mittelschul- abschluss 6 Was willst du werden? 7 Ohne Schul- abschluss 8 Die Bewerbung 10 Das Ende aller Hobbys? 12 Jugendgruppen 13 Mofa-Führerschein 14 Kein Ausweg mehr Nähe und Abstand 14-Jährige sind keine Kinder mehr, und doch sind sie noch lange nicht erwachsen. Sie versuchen, ihren eigenen Weg zu finden und gehen auf Abstand zu den Eltern. Oft füh- - len sie sich unverstanden, und Meinungsverschiedenheiten und Konflikte sind jetzt fast an der Tagesord- nung. Sie als Eltern wiederum fühlen sich abgemeldet und nicht mehr gebraucht. Ihnen muss jetzt der Spagat zwischen rich- - tiger Nähe und richtigem Abstand gelingen. Lernen Sie, langsam loszu- lassen und darauf zu vertrauen, Ihrem Kind in den vergangenen Jahren das richtige Hand- werkszeug fürs Leben mitgegeben zu haben. Ein Kind soll glücklich sein. wachsen und später ein selbstbewusster und starker Erwachsener werden. Das wünschen sich Eltern für ihr Kind – sie wollen nur sein Bestes. Aber lassen sich diese hohen Ansprüche auch verwirklichen? Ist das nicht zu perfektionistisch gedacht? Leben wir in einer idealen Welt? Nein! Wir alle müssen uns Zwängen unterwerfen und versuchen, unseren Alltag zu meistern. Der besteht in der Regel aus Arbeiten und Geldverdienen, Familie und Haushalt versorEs soll gesund und zufrieden auf-
Entschuldigen Sie sich , wenn Sie im Unrecht waren. © rawpixel / Pixabay.com gen, und nicht selten kommt die Sorge um die eigenen Eltern hinzu, die älter werden und um die man sich kümmern muss. Zu viele Anforderungen, um allen gerecht zu werden. Wer trotzdem versucht, alles perfekt zu machen, muss früher oder später scheitern, denn niemand kann ständig allzu hochgesteckte Ziele erreichen. Das Scheitern ist vorprogrammiert. Das ist besonders während der Pubertät fatal, wenn Kinder ihre Eltern immer öfter infrage stellen. Sie kritisieren Mama und Papa und stoßen sie vom Sockel. Während früher deren Meinung immer gefragt war, wird sie jetzt häufig bewusst ignoriert. Was können Sie tun? Beugen Sie vor: Schrauben Sie Ihre Ansprüche zurück. Gestehen Sie sich ein, dass auch Sie nur ein Mensch sind, der Fehler macht. Ihr Kind wird Ihnen verzeihen. Seien Sie ehrlich! Wenn Sie etwas falsch gemacht haben, räumen Sie Ihren Fehler ein. Sagen Sie, dass Sie sich getäuscht haben. Und entschuldigen Sie sich bei Ihrem Kind. Es wird sich geachtet und wertgeschätzt fühlen. Gleichzeitig entlastet Ihr Verhalten Ihr Kind. Denn es erlebt durch Sie, dass niemand perfekt sein muss und Fehler machen erlaubt ist. 2
Nicht jeder Irrweg führ t gleich ins Unglü ck . Halten und Loslassen Die Pubertät ist die Zeit des Loslassens, aber auch des Haltens. Für Sie als Eltern gilt es nun, die richtige Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle zu finden, Ihrem Kind also Freiraum zu lassen und doch auch Grenzen zu setzen. Das ist ein schmaler Grat, auf dem Sie sich bewegen müssen. Für viele Eltern ist es schwierig, mit der wachsenden Selbstständigkeit Ihres Teenagers umzugehen. In der Pubertät gehen Kinder auf Distanz, und das bringt gerade jene Eltern in Schwierigkeiten, die gern Kontrolle haben. Groß ist die Versuchung, Taschen zu durchsuchen, Handys zu kontrollieren, in Schreibtischen zu kramen oder gar in Tagebüchern zu lesen. Verstärkte Kontrolle führt jedoch zu mehr Geheimhaltung und Distanziertheit seitens des Kindes, und dies wiederum bedingt noch mehr Kontrollzwang der Eltern. Schnell befindet sich die Familie in einem Teufelskreis. Denken Sie an Ihre eigene Pubertät und erinnern Sie sich, wie wichtig Freiräume waren. Vertrauen Sie Ihrem Kind. Es versucht nur, einen eigenen Weg zu finden und muss dabei auch Irrwege erkunden dürfen. Vertrauen Sie darauf, dass die Grundsteine, die Sie in den letzten 14 Jahren gelegt haben, Ihrem Kind am Ende den richtigen Weg weisen werden. Das andere Extrem ist die zu frühe Verselbstständigung. Diese betrifft Eltern, die ihre Kinder allzu früh sich selbst überlassen. In der Annahme, sie seien jetzt alt genug, lassen sie 14-, 15-Jährige zum Beispiel selbst bestimmen, wann, wohin und wie lange sie ausgehen wollen. Oder sie kümmern sich nicht darum, welchen schulischen oder beruflichen Weg ihre Kinder einschlagen. Hier haben die Jugendlichen Entscheidungen zu treffen, die sie eigentlich noch überfordern. Nicht selten bekommen sie das Gefühl, alleine gelassen zu werden, und – schlimmer noch – ihren Eltern gleichgültig zu sein. Lassen Sie es nicht so weit kommen. Übergeben Sie Ihrem Kind Verantwortung, aber nur so viel wie es tatsächlich übernehmen kann. Ihre Aufgabe als Eltern besteht jetzt darin, Ihrem Kind so viel Freiheit wie möglich zu geben und so wenig Kontrolle wie nötig auszuüben. 3
Schulabschluss nachholen ist möglich . Der Mittelschulabschluss Wenn Ihr Kind eine Mittelschule besucht, dann wird es am Ende der neunten Klasse den Abschluss machen. Doch der „Quali“ ist nicht nur für Mittelschüler: Auch Schüler von Realschule und Gymnasium und junge Menschen, die bereits im Arbeitsleben stehen (auch wenn sie gerade arbeitslos sind), können extern diese Prüfungen ablegen. Folgende Abschlüsse sind an der Mittelschule möglich: Erfolgreicher Abschluss der Mittelschule: Dazu ist keine Prüfung notwendig. Man muss nur die neunte Klasse der Mittelschule bestanden haben. Auch wenn Ihr Kind eine Praxisklasse besucht, kann es diesen Mittelschulabschluss bekommen. Qualifizierender Abschluss der Mittelschule („Quali“): Ihn bekommt nur, wer eine Prüfung ablegt. Man muss die 9. Klasse mit einem Notendurchschnitt von mindestens 3,0 bestehen. Schriftliche Prüfungen werden in Deutsch, Mathematik sowie Englisch oder Physik / Chemie / Biologie oder Geschichte / Sozialkunde / Erdkunde abgelegt. Im vierten Fach kann man zwischen den Fächern, die als benotetes Fach besucht wurden, wählen. Praktische sowie theoretische Prüfungen (jeweils schriftlich und / oder mündlich) gibt es in den berufsorientierten Wahlpflichtfächern im kommunikationstechnischen, gewerblich-technischen oder hauswirtschaftlich-sozialen Bereich. Mündliche bzw. schriftliche Prüfungen legen die Schülerinnen und Schüler wahlweise in einem der folgenden Fächer ab: Buchführung, Informatik, Religionslehre bzw. Ethik, Sport, Musik, Kunsterziehung, Werken / Textiles Gestalten. Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, können statt in Englisch die Prüfung in ihrer Muttersprache ablegen. Das geht aber nur auf Antrag und unter bestimmten Voraussetzungen. Wer weniger als sechs Jahre eine deutsche Schule besucht hat, kann die Prüfung im Fach Deutsch als Prüfung in Deutsch als Zweitsprache ablegen. 4
Keine Angst vor dem technischen Bereich . © StockSnap / Pixabay.com Wenn man den Erfolgreichen Abschluss der Mittelschule extern erwerben will, kann man dazu jederzeit an einer Mittelschule die nötigen Prüfungen ablegen. Auch der Qualifizierende Abschluss der Mittelschule kann extern erworben werden. Dafür gibt es allerdings bestimmte Anmeldefristen. Wenn Ihr Kind die Realschule oder das Gymnasium besucht, kann es auch dort die entsprechenden Prüfungen machen. Das empfiehlt sich vor allem für Schülerinnen und Schüler, bei denen es unsicher ist, ob sie die Mittlere Reife erreichen werden. Nicht vergessen: Für den Quali bitte rechtzeitig an derjenigen Mittelschule anmelden, in deren Zuständigkeitsbereich man wohnt! Vielleicht klappt der Abschluss ja nicht auf Anhieb, dafür aber in ein oder zwei Jahren. Ermutigen Sie Ihr Kind dazu und unterstützen Sie es, auch wenn es erst später so weit ist. Übrigens, an vielen Volkshochschulen gibt es eigene Vorbereitungskurse. 5
Sich nicht auf ein einziges Ziel versteifen. Was willst du werden? Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz stehen in ganz Bayern gut (Stand: 2015). Rein rechnerisch stehen derzeit einem Jugendlichen bis zu 1,4 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Schülerinnen und Schüler sollten sich dennoch zeitig mit dem Thema auseinandersetzen. Qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber sind immer gesucht. Wichtig ist aber auch, dass sich junge Menschen nicht zu sehr auf einen sogenannten „Traumberuf“ festlegen. Sie sollten offen sein für Alternativen. Wenn es also mit der Lehre als Automechaniker nicht klappt, so bietet doch zum Beispiel der Beruf des Fertigungsmechanikers gute Einstiegschancen. Und vielleicht hat Ihre Tochter für den Beruf der Fachlageristin bessere Ausbildungschancen als für den als Schneiderin. Überhaupt sollten junge Frauen bei ihrer Berufswahl auch ruhig typische Männerberufe in Betracht ziehen, wenn sie dafür geeignet sind und Interesse daran haben. Ebenso wie junge Männer sich auch an Frauenberufe heranwagen sollten. Wer flexibler ist, hat bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Metallbauerin macht sicherlich einen ebenso guten Job wie ihr männlicher Kollege, und der Kinderpfleger wird sich um seine Zukunft auch keine Sorgen machen müssen – Männer sind im pädagogischen Bereich als Mitarbeiter sehr gefragt. Die Agentur für Arbeit bietet Schulabgängern kostenlose und qualifizierte Beratung an. Mithilfe von Gesprächen und Eignungstests kann herausgefunden werden, wo die individuellen Stärken und Fähigkeiten liegen. In der Regel wird eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Agentur auch in die Schule kommen. Doch ermuntern Sie Ihr Kind auf jeden Fall, sich trotzdem auch einen persönlichen Termin geben zu lassen. Helfen Sie ihm gegebenenfalls dabei, einen zu vereinbaren. Es ist wichtig, dass ganz individuell auf Ihr Kind, seine Berufswünsche und seine Möglichkeiten eingegangen wird. Für Schulabgänger, die nicht sofort ei6
nen Ausbildungsplatz finden, gibt es Maßnahmen und Fördermöglichkeiten, die auf eine Ausbildung vorbereiten und den Übergang in einen Beruf erleichtern. Dazu gehören die sogenannten Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) sowie die Einstiegsqualifizierung (EQ). Auch hier kann die Agentur für Arbeit Ihnen weiterhelfen. Nutzen Sie Fördermöglichkeiten. Ohne Schulabschluss, was nun? Rund acht Prozent aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland verlassen die Schule ohne Abschluss. Die Chancen, trotzdem einen Ausbildungsplatz zu finden, sind sehr gering. Setzen Sie also alles daran, Ihr Kind von der Wichtigkeit eines Schulabschlusses zu überzeugen. Machen Sie Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter klar, dass ein Leben ohne Schulabschluss der direkte Weg in den Niedriglohnbereich ist. Zeigen Sie die Chancen im Berufsleben mit und ohne Abschluss auf und versuchen Sie, gemeinsam den richtigen Weg zu finden. Gehen Sie mit Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter zur Agentur für Arbeit und lassen sich beraten. Das Schulsystem in Deutschland ist inzwischen so flexibel, dass eigentlich jeder Schulabschluss auch auf dem zweiten Bildungsweg nachzuholen ist. Wichtig ist: Stehen Sie Ihrem Kind zur Seite, lassen Sie es nicht allein. Mit Ihrer Hilfe und Unterstützung wird es auch beruflich seinen Weg finden. Wenn Ihr Kind für Sie überhaupt nicht zugänglich ist, können Sie sich auch an die Jugendsozialarbeiterin oder den -sozialarbeiter der Schule wenden. Besprechen Sie sich mit ihm oder ihr und erklären Sie die Problematik. Oft haben Außenstehende mehr Einfluss auf Jugendliche als die eigenen Eltern (siehe Elternbrief 42). 7
Nach der Bewerbung beim Betrieb nachfragen. Die Bewerbung Zur Suche nach einem Ausbildungsplatz gehört auch das Schreiben von Bewerbungen. Dazu sollte man keinesfalls bis zum Schulabschluss warten – dann ist es meistens schon zu spät. Gerade große Firmen besetzen ihre Ausbildungsplätze sehr frühzeitig. Darum sollte man etwa ein Jahr vor dem Schulabschluss mit dem Bewerben beginnen und sich genau informieren, wie eine überzeugende Bewerbungsmappe auszusehen hat. Ihr Sohn oder Ihre Tochter muss nun eine Bewerbungsmappe zusammenstellen. In eine solche Mappe, die man im Schreibwarengeschäft kaufen kann, gehören ein Anschreiben, ein Lebenslauf, eine Kopie des letzten Zeugnisses sowie möglicherweise weitere Belege (etwa über ehrenamtliche Tätigkeiten oder Praktikumsbeurteilungen). Die Bewerbungsmappe ist die Visitenkarte der Bewerberin oder des Bewerbers und sagt natürlich auch etwas darüber aus, wie ernst man sein Anliegen nimmt. Die Mappe sollte darum sehr sauber, ordentlich und mit erkennbarer Sorgfalt erstellt sein. Wie ein Anschreiben und ein Lebenslauf aussehen sollten, lernen die Schülerinnen und Schüler in der Regel im Unterricht. Im Internet können Sie sich ebenfalls informieren, wenn Sie Ihr Kind bei seinen Bewerbungen unterstützen wollen. Neben der bisher üblichen schriftlichen Bewerbung per Post ist auch die Online-Bewerbung immer mehr auf dem Vormarsch. Sie besteht in der Regel aus einer kurzen E-Mail mit einem PDF-Anhang, der die erforderlichen Dokumente enthält. Bevor man jedoch eine Online-Bewerbung verschickt, sollte man sich erkundigen, ob diese Art der Bewerbung vom Arbeitgeber tatsächlich akzeptiert wird. Experten empfehlen, beim Betrieb anzurufen und nachzufragen, wenn man einige Wochen nach Verschicken der Bewerbung noch keine Rückmeldung bekommen hat. Nachfragen zeugt von Interesse und bringt den Bewerber oder die Bewerberin noch einmal in Erinnerung. 8
EFür das Bewerbungsgespräch sollte Ihr Kind gut über die jeweilige Firma oder den Betrieb informiert sein. Es ist wichtig, dass man beim Bewerbungsgespräch einen interessierten und engagierten Eindruck auf die Vorgesetzten macht. Ihr Kind sollte erklären können, warum es sich für gerade diesen Ausbildungsplatz interessiert und welche Fähigkeiten es hat, die dort gebraucht werden. Personalchefs beklagen immer häufiger, dass bei Lehrstellenbewerbern oft das Verständnis für grundlegende Formen der Höflichkeit fehlt – wie zum Beispiel Pünktlichkeit, korrektes Grüßen, Augenkontakt, ausgeschaltetes Handy, „Bitte“ und „Danke“ sagen. Hier können Sie Ihrem Kind sicher den einen oder anderen nützlichen Hinweis geben. Sie kennen es am besten und wissen auch, wo vielleicht Schwächen im Umgang mit anderen liegen. Unterstützen Sie Ihr Kind bei seinen Bewerbungen. Es sollte bei so wichtigen Dingen wie der Berufswahl und den Bewerbungen noch nicht auf sich allein gestellt sein. Wenn Sie nicht helfen können, begleiten Sie es wenigstens zur Agentur für Arbeit. Sie übernimmt übrigens unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für Bewerbungsmappen, Kopien, Porto und die Fahrt zum Vorstellungsgespräch. Die Agentur gibt dazu gerne Auskunft. © StartupStockPhotos / Pixabay.com 9 Online- un erbu d Mail- Bew bevor ngen werden oft zugt .
Die Freizeit wird immer weniger. Das Ende aller Hobbys? Hat Ihr Kind einmal ein Musikinstrument gespielt oder Sport getrieben? Hat es sich gern handwerklich betätigt oder sich für Tiere interessiert? Dann fragen Sie sich vielleicht, wo diese ganzen Interessen plötzlich geblieben sind. Es scheint, als hätte Ihr Kind seine früheren Neigungen völlig abgelegt. Das Wichtigste sind jetzt die Freunde, alles andere tritt in den Hintergrund. Eltern bedauern es meistens sehr, wenn ein langjähriges Hobby plötzlich brachliegt. Schließlich war das etwas, womit sich Sohn oder Tochter früher mit viel Eifer und Vergnügen beschäftigt haben. Nicht selten haben die Eltern viel Geld etwa in eine Sportausrüstung oder ein Musikinstrument gesteckt und auch in den dazugehörigen Unterricht investiert. Und was interessiert die jungen Leute nun stattdessen? Nach ihren Hobbys befragt, geben viele an, gern am PC zu sitzen. Shoppen, sich mit Freunden treffen oder ins Kino gehen sind ebenfalls allgemein beliebte Beschäftigungen. Manche Jugendliche bleiben ihrem Hobby allerdings treu: Wer als jüngeres Kind gut in seinem Verein integriert war, wird auch als Jugendlicher noch gerne dort aktiv sein, und wer als Kind Gitarre gelernt hat, hat später vielleicht die Möglichkeit, mit anderen zusammen in einer Band zu spielen. Jugendliche sind natürlich in der Schule sehr gefordert. Vorbei die Zeiten, wo man spätestens um 13 Uhr nach Hause gehen konnte und ein ganzer freier Nachmittag vor einem lag. Auch wenn Ihr Kind keine Ganztagsklasse oder -schule besucht, wird es nun mehrmals in der Woche Nachmittagsunterricht haben. Da bleibt nun mal nicht mehr viel Zeit für Hobbys. Jugendliche verbringen ihre spärliche Freizeit oft lieber in ihrer Clique – und das ist auch sinnvoll. Diese Freundesgruppe hilft ihnen, die Pubertät gut zu überstehen. Sie stützt sie in ihrer Entwicklung. Hier können Jugendliche soziale Fähigkeiten erlernen, die sie im späteren Leben gut brauchen können. 10
Gemeinsam „abhängen“ ist au ch eine Freizeitbeschäftigung. Insofern ist es vielleicht gar nicht so schlimm, wenn Ihr Kind nicht jedes Hobby, das es einmal angefangen hat, auch weiterhin pflegt und ausübt. Das, was es gelernt hat, ist ja nicht verloren. Eine musikalische Grundausbildung ist ein gutes Fundament, wenn man Jahre später sein Instrument wieder zur Hand nehmen, ein neues erlernen oder in einem Chor singen möchte. Und wer in seiner Kindheit Sport getrieben hat, hat seinen Körper gut ausgebildet und wird sich als Erwachsener leichter damit tun, sich zu bewegen und zu trainieren. Das gilt auch für viele andere Bereiche. Zwingen Sie Ihr Kind also nicht, ein Hobby weiter zu verfolgen, wenn es keine Lust mehr dazu hat. Vielleicht können Sie ihm Anregungen geben, wie das Hobby weniger zeitaufwändig betrieben werden kann oder wie es für ihr Kind generell wieder interessanter werden kann. Vielleicht kann man die Musikstunden auf einen 14-tägigen Rhythmus umstellen, den Sportverein wechseln oder eine andere Sportart anfangen. Wenn das allerdings nichts hilft, gönnen Sie Ihrem Kind eine Ruhepause und vertrauen Sie darauf, dass nichts, was es einmal gelernt hat, umsonst war. 11
Ob Greenpeace, Pfarrei oder Alpenverein – die Auswahl an Jugendgruppen ist groß. Jugendgruppen machen stark Jugendgruppen sind die Basis der Jugendarbeit. Sie haben das Ziel, wichtige soziale Fähigkeiten zu fördern, und machen fit für das Zusammenleben in der Gesellschaft. So ergänzen sie die Erziehung in Elternhaus und Schule. Jugendgruppen sind in der Regel in Jugendverbänden, wie zum Beispiel dem Bayerischen Jugendring, zusammengeschlossen. Manche entstehen in Kirchengemeinden, andere als Jugendabteilungen der verschiedensten Vereine und Organisationen – das kann zum Beispiel die Katholische Landjugendbewegung sein oder der Bund Naturschutz, die Sportjugend oder das Rote Kreuz. Oft entwickeln sie sich auch aus Initiativgruppen junger Leute, die sich für ein bestimmtes Einzelprojekt einsetzen und auch nach dem Erreichen des ursprünglichen Ziels zusammenbleiben. So kann zum Beispiel eine Gruppe junger Leute, die sich für eine Skaterbahn stark macht, hinterher dort auch einen kleinen Jugendtreff organisieren. Jugendgruppen sind häufig pädagogisch betreut. Sie sollen zum sozialen Engagement anregen und zur Selbstbestimmung befähigen. Die Jugendlichen bringen weitgehend selbstständig ihre persönlichen Wünsche und Neigungen ein. Regelmäßige Treffen, Ausflüge und gemeinsame Aktivitäten machen Spaß und lassen die Gruppe zusammenwachsen. Das Schöne an einer Jugendgruppe ist, dass Ihr Kind hier mit anderen zusammen etwas Sinnvolles tun, sich engagieren und seine Umwelt aktiv gestalten kann. Gerade wenn Ihr Kind nicht so leicht mit anderen in Kontakt kommt und sich lieber hinter seinem Computer versteckt, könnte eine Jugendgruppe genau das Richtige sein. Machen Sie ruhig einmal einen Vorschlag in diese Richtung. Vielleicht erfahren Sie von anderen Eltern, ob und wo deren Kinder sich in Gruppen engagieren. © rawpixel / Pixabay.com 12
Au ch beim Mofa gilt: immer mit Helm! • • • • • Der Mofaführerschein Mit 15 Jahren darf Ihr Kind Mofa fahren, vorausgesetzt, es hat einen Mofa-Kurs und eine theoretische Prüfung absolviert. Diesen Kurs samt Prüfung kann man an einer Fahrschule, aber auch an einer dafür anerkannten allgemeinbildenden oder weiterführenden Schule machen. Ein Mofa fährt mit seinen maximal 25 Stundenkilometern nicht sehr viel schneller als ein Fahrrad. Vielleicht ist Ihr Kind schon deshalb gar nicht daran interessiert – dann sind Sie als Eltern fein raus. Falls aber doch, stellt sich die Frage, ob Sie Ihrem Kind ein Mofa erlauben sollen oder nicht. Neben Kurs und Prüfung ist die Anschaffung eines Mofas ein nicht unbeträchtlicher Kostenpunkt. Außerdem sehen viele Eltern eine erhöhte Unfallgefahr. Hier einige Entscheidungshilfen: Hat Ihr Kind genügend Verantwortungsgefühl sowie die entsprechende Reife, dass es sich an die Verkehrsregeln hält und keine Risiken eingeht? Wird es zuverlässig den Helm aufsetzen und auf Alkohol verzichten, wenn es Mofa fährt? Kann Ihr Kind selbstständig darauf achten, dass sein Mofa verkehrssicher ist, das heißt dass die Lichter funktionieren und die Reifen nicht abgefahren sind? Kann und will es etwas zu den Kosten beisteuern, beispielsweise die Fahrerlaubnis selbst bezahlen und auch etwas zum Unterhalt beitragen, etwa die Benzinkosten übernehmen? Ist das Mofa für Ihr Kind kein reines Spielzeug, sondern dient es auch als sinnvolles Transportmittel, weil Sie etwa abgelegen auf dem Land wohnen? Wenn all dies zutrifft, können Sie sich die Anschaffung überlegen. Allerdings kann Ihr Kind bereits in einem Jahr den Mopedführerschein machen und in zwei Jahren den Führerschein für das begleitete Autofahren. Beide beinhalten übrigens auch die Fahrerlaubnis für Mofas. Und nicht zuletzt gibt es ja immer noch das kostengünstige Fahrrad. 13
• • • • • • Kein Ausweg mehr Der Selbstmord ist bei Kindern und Jugendlichen leider keine Seltenheit. Im Gegenteil, im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ist Suizid die zweithäufigste Todesursache. Es sterben fast ebenso viele Kinder und Jugendliche von eigener Hand wie im Straßenverkehr. Die Pubertät ist eine Phase des Umbruchs, die von vielen Kindern und Jugendlichen als schwierige Zeit erlebt wird. Manche sind verunsichert und haben ein geringes Selbstwertgefühl. Sie fühlen sich nicht verstanden und alleingelassen. Kommen dann noch Probleme in der Familie, im Freundeskreis oder in der Schule dazu, erscheint die Situation ausweglos. Sie geraten immer tiefer in die Krise, erleben innere Not und Verzweiflung, aus der sie alleine nicht mehr herausfinden. Selbstmord scheint der einzige Ausweg zu sein. In einer Langzeitstudie zur Kindergesundheit stellt das Robert-KochInstitut bei jedem fünften Kind oder Jugendlichen Hyperaktivität, Verhaltensstörungen, Ängste oder auch Depressionen fest. Während die einen anfangen, sich zu ritzen oder eine Essstörung zu entwickeln, schlagen andere mit dem Kopf gegen die Wand, reißen sich die Haare aus oder ver- © PDPics / Pixabay.com Was macht Jugendliche depressiv? Häufiger Streit in der Familie, oder mit dem Freund oder der Freundin kein Zusammenhalt in der Familie keine ausreichende Unter- stützung oder Zuwendung Schulversagen Schwangerschaft Alkohol-/Drogenprobleme 14
• • • • • • schlucken Gegenstände. Während Signale wie diese unübersehbar sind, gibt es bei anderen Jugendlichen keine so deutlichen Anzeichen. Sie werden einfach immer stiller, ziehen sich zurück und lassen niemanden mehr an sich heran. Nicht selten suchen Jugendliche Hilfe im Internet. In Selbstmordforen treffen sie auf Gleichgesinnte. Doch statt dort Rat und Unterstützung zu finden, werden Was können Alarmsignale sein? kaum noch Schlaf wenig oder gar kein Appetit Alkohol-, Drogenkonsum Medikamentenabhängigkeit Antriebslosigkeit, Depressivität Sterben und Tod sind häufiges Gesprächsthema Wenn es ohne ersichtlichen Grund zu plötzlichen Stimmungsaufhellungen kommt und Ihr Kind anfängt, persönliche Gegenstände zu verschenken, ist allerhöchste Zeit, etwas zu unternehmen. sie nicht selten in ihrem Wunsch, sich umzubringen, noch bestärkt. Der Tod erscheint plötzlich als die bessere Alternative. Gleichzeitig entsteht ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Der gefährdete Jugendliche fühlt sich endlich verstanden. Dass er dabei in Abhängigkeit gerät, bemerkt er zu spät oder gar nicht. Wenn Sie sich Sorgen um Ihr Kind machen, müssen Sie aktiv werden. Suchen Sie sich eine Person Ihres Vertrauens – das kann zum Beispiel der Hausarzt, die Lehrerin Ihres Kindes oder auch ein Geistlicher sein. Oder Sie nehmen direkt Kontakt zu Erziehungsberatungsstellen, Krisendiensten oder einem Kinder- und Jugendpsychiater auf. Diese Personen sind Experten und wissen, was zu tun ist. Auf jeden Fall muss Ihr Kind therapeutische Hilfe erhalten. Bei akuter Gefährdung ist eine Einweisung in die Klinik oft die einzige Lösung. Dort wird Ihr Kind rund um die Uhr überwacht und hat keine Möglichkeit, sich etwas anzutun. Mit Hilfe von Gesprächen und Medikamenten gelingt es in der Regel, den jungen Patienten aus der Gefahrenzone zu bringen und für eine spätere Therapie empfänglich zu machen. 15
ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 D FSC www.'9c.org 13 v,-in!!('.h $ Sr ~!$ i1'1 ll,i ~ enu ,,, rur 1111i h I Arl I vnr l S~ i.1 1 • MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Erziehungsberatung Erziehungs-, Familien- oder psychologische Beratungsstellen gibt es in nahezu jeder Stadt. Auf www.erziehungsberatung.bayern.de bzw. www.lagbayern.de/erziehungsberatung finden Sie eine regionale Übersicht. Schulabschluss / Berufswahl Auf der Webseite www.schulberatung-bayern.de finden Sie Informationen, wenn es um die Berufswahl geht. Jugendgruppen Informationen finden Sie auf www.bjr.de, dem Bayerischer Jugendring. Selbstmordgefahr Sprechen Sie mit Ärztinnen und Ärzten, Psychologinnen und Psychologen, Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiater sowie Telefonseelsorge-, Erziehungs- oder Lebensberatungsstellen. Im nächsten Elternbrief: – Phasen der pubertären Entwicklung: Spätpubertät und Adoleszenz – Sexualität: Das erste Mal – Beieinander übernachten – Der Realschulabschluss – Berufseinstieg – Jobben – Wo trifft sich die Jugend? – „Was ist eigentlich Ritzen?“ Die Elternbriefe werden gefördert durch: 45 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202145
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