Elternbrief Nr. 44

- - - 13 Taschengeld & Kleidergeld 15 „Mein Kind hat geklaut!“ „Ich mache, was ICH will!“ B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Briefe 44 INHALT Alter: 14 Jahre 1 Keine Machtkämpfe! 4 Wenn die Nacht zum Tag wird 6 Wie viel Freiheit darf sein? 8 Schule schwänzen 11 Wohin mit Ihrer Wut? Harte Zeiten Fordert Sie Ihre Tochter täglich heraus? Ist Ihr Sohn auf - müpfig und respektlos? Haben Sie mindestens einmal in der Woche eine Krise? Die Pubertät ist nun einmal eine Zeit des Umbruchs. Die Kinder sind auf der Suche nach sich selbst und wissen oft nicht, wo oben und unten ist. Um herauszufinden, wer sie sind, müssen sie sich an den El tern reiben können. Und die Eltern müssen diese Reibungs fläche bieten, das ist ihr „Job“ in dieser Phase. Ihrem Kind helfen diese Auseinandersetzungen, sich vom Elternhaus zu lösen. Es braucht dabei Ihr Vertrauen und zunehmend mehr Freiheiten, um erwachsen werden zu können. Ihr Kind will ausgehen und woanders übernachten, hat aber einer Situation große Ratlosigkeit. Wie reagieren? Was tun? „vergessen“, Sie zu informieren und Genaueres mit Ihnen abzusprechen. Kurz bevor es das Haus verlässt, kommt es zur Konfrontation und einer unschönen Szene. Bei vielen Eltern herrscht in solch Das „Kind“ ist ja schon 14, man kann es schließlich nicht zu Hause einsperren. Und autoritäre Verbote würden mit Sicherheit zu wütenden Trotzreaktionen und weiteren Eskalationen führen. Aber

• • • • Ihrem Kind einfach nachzugeben ist zwar bequemer, aber falsch . einfach so hinnehmen geht auch nicht. Das ist übrigens ein Fehler, den jetzt viele Eltern machen: Sie lassen ihr Kind einfach laufen, in der Überzeugung, dass es jetzt alt genug ist und schon wissen wird, was es tut! Aber wissen das 14-Jährige wirklich? Nein, sie brauchen Unterstützung, sie brauchen klare Positionen und starke Eltern an ihrer Seite. Eltern, die mit dem Kind diskutieren, sich mit ihm auseinandersetzen und auch Nein sagen! Wie reagieren Sie also, wenn Ihr Kind auf eine große Party bei ihnen unbekannten Leuten gehen will? Sprechen Sie mit Ihrem Kind in Ruhe. Erklären Sie Ihre berechtigten Befürchtungen. Partys können wilder werden als gedacht und dann ziemlich aus dem Ruder laufen. Man weiß schließlich nicht genau, welcher Art die anderen Gäste sind, wie viele Personen letztendlich kommen werden, ob es Alkohol gibt und wie viel, ob der Gastgeber die Situation im Griff hat bzw. Erwachsene in der Nähe sind, die im Notfall für Ordnung sorgen können. © Luisella Planeta Leoni / Pixabay.com 2

• • • • • • • • • Lieber eine kleinere Par ty zu Hause erlauben. Vielleicht ist Ihre Tochter trotz einleuchtender Argumente immer noch bockig und mault: „Ich darf nie was. Ich bin immer die Erste, die heimmuss!“. Bleiben Sie ruhig und sagen Sie, dass Sie ihren Ärger verstehen. Erklären Sie aber auch, dass man der Gruppe nicht immer nachgeben muss, sondern dass es stark macht, dem Gruppendruck auch mal standzuhalten. Argumentieren Sie ruhig und unaufgeregt. So kommen Sie einander wieder näher und können die jeweils andere Seite besser verstehen. Machen Sie auf jeden Fall einen versöhnlichen Gegenvorschlag, zum Beispiel, dass Ihr Sohn die Übernachtungsgruppe am nächsten Tag treffen kann, Ihre Tochter nach Verlassen der Party die beste Freundin zum Übernachten heimbringen darf, Ihr Kind eine eigene Übernachtungsparty (unter Ihrer zurückhaltenden Aufsicht) veranstalten darf. Die Pubertät ist eine stürmische Zeit. Ihr Kind ist kein Kind mehr, aber auch noch nicht erwachsen. Es bringt Sie durch seine aufmüpfige Art zur Weißglut und Sie geraten öfter an Ihre Grenzen, als Ihnen lieb ist. Vermeiden Sie Argumente wie „Solange du deine Füße unter meinen Tisch streckst, tust du, was ich dir sage!“ Damit werden Sie weder der Situation noch Ihrem heranwachsenden Kind gerecht. Ihr Kind braucht Sie auch in der Pubertät, aber anders als noch vor ein paar Jahren. Es braucht Sie als interessierten Gesprächspartner, kompetenten Ratgeber und Retter in der Not. Vorsicht, aufmüpfige Teenager! Nehmen Sie Ihr Kind ernst, sprechen Sie immer auf Augenhöhe mit ihm, gewähren Sie Freiräume, übergeben Sie mehr Verantwortung, ziehen Sie Grenzen, wo es nötig ist, und vermeiden Sie, dass eine Situation eskaliert. 3

~ * * Alle Jugendlichen bleiben abends gern länger auf. Wenn die Nacht zum Tag wird Wann geht ein Teenager abends ins Bett? Kennen Sie die Situation, dass es um drei Uhr morgens noch im Flur rumort, die Kühlschranktür auf- und zuklappt oder die Dusche rauscht? In der Pubertät sorgen Hormone dafür, dass sich das Schlafbedürfnis von Kindern und Jugendlichen grundlegend ändert. Nie wieder sind wir morgens so unfähig, aus dem Bett zu steigen, wie in der Jugendzeit. Viele Jugendliche werden in der Pubertät zu richtigen Nachteulen. Sie finden einfach nicht ins Bett. Der Computer spielt dabei oft eine große Rolle. Jungen hängen vorzugsweise an Spielen fest und können einfach nicht aufhören, weil sie unbedingt noch diesen oder jenen Highscore knacken müssen. Mädchen versenden bis tief in die Nacht Text- und Sprachnachrichten oder telefonieren mit ihren Freundinnen und Freunden. Ein Grund für das veränderte Schlafbedürfnis ist das Schlafhormon Melatonin. Es wird in der Pubertät abends sehr viel später ausgeschüttet und seine Produktion morgens auch erst später wieder eingestellt als im Kindes- oder Erwachsenenalter. Die Vorliebe für langes Aufbleiben und Ausschlafen ist also nicht einfach jugendliche Disziplinlosigkeit. Wenn sie die Nacht zum Tag machen, bekommen Jugendliche schnell einen völlig anderen Lebensrhythmus als der Rest der Familie. An Wochenenden mag das ja noch angehen, aber während der Woche, wenn sie um acht Uhr morgens in der Schule sitzen müssen, wird es problematisch. Die jungen Leute kommen morgens kaum aus den Federn, schleppen sich müde durch die Schulstunden, verschlafen daheim den ganzen Nachmittag und sind erst abends wieder putzmunter. Doch die Möglichkeit, tagsüber versäumten Schlaf nachzuholen, wird durch Nachmittagsunterricht oder auch Ganztagsschule inzwischen sehr eingeschränkt. Schlafmangel wirkt sich nachweislich negativ auf die schulischen Leistungen aus. Er führt zudem zu Gereiztheit, Unausgeglichenheit bis hin zu depressiver Verstimmung. 4

Häusliche Nachtschwärmer stören das Liebesleben. Auch mit einer Berufstätigkeit ist der verschobene Schlafrhythmus nicht vereinbar. Besonders Mittelschüler müssen sich mühsam wieder umgewöhnen, wenn sie ins Erwerbsleben eintreten. Auch als Eltern können Sie sich durch Ihren häuslichen Nachtschwärmer ziemlich gestört fühlen. Und zwar nicht nur in Ihrem Tipps gegen chronische Müdigkeit Mehr Licht Der Körper wird am Morgen eher wach, wenn es hell ist. Also: Jalousien hoch! Kleines Schläfchen Ein Mittagsschlaf sollte max. 30 min. dauern. Mehr macht wieder müde! Nicht zu spät aufstehen Auch wenn es schwer fällt: Am Wochenende um 10 Uhr raus aus den Federn, weil sich der Schlafrhythmus sonst komplett verschiebt. Der Körper gleicht versäumten Schlaf übrigens nicht nur durch die Länge der nächsten Schlafphase aus, sondern durch deren Intensität! Schlaf: Auch die Intimität von Paaren leidet, wenn nachts ständig jemand am Schlafzimmer vorbeischlurft. Eltern sind dadurch nur noch selten wirklich ungestört. Zudem haben sie oft die größte Mühe, ihre Kinder morgens überhaupt noch zum Aufstehen zu bringen. Auf jeden Fall sollten Sie das Problem ansprechen. Reden Sie über die Folgen, die chronischer Schlafmangel für Ihr Kind hat. Machen Sie klar, dass auch Sie als Eltern das Recht auf Ungestörtheit haben. Finden Sie einen gemeinsamen Kompromiss: Am Wochenende darf Ihr Kind ruhig mal lange aufbleiben, wenn es am folgenden Tag ausschlafen kann. Voraussetzung ist, dass es den Rest der Familie nicht ebenfalls wach hält. Während der Woche jedoch sollte zu einem bestimmten Zeitpunkt Ruhe sein. Auch der Computer muss dann ausgeschaltet werden. Dieser Zeitpunkt hängt davon ab, wann Ihr Kind morgens aufstehen muss. 14-Jährige brauchen rund acht bis neun Stunden Schlaf, sodass bei einem Jugendlichen, der um halb sieben aufstehen muss, spätestens um halb elf Uhr die Lichter ausgehen sollten. 5

Bier, Wein und Sekt sind ab 16 Jahren ohne elterliche Begleitung erlaubt . Wie viel Freiheit darf sein? Ihr Sohn, Ihre Tochter trifft sich vielleicht gerne mit Gleichaltrigen in der Stadt, möchte irgendwo mal eine Cola trinken oder auch schon richtig ausgehen. Bei vielen Eltern herrscht hier Verunsicherung. Abgesehen von den eigenen Ängsten und teilweise berechtigten Bedenken stellt sich die Frage: Ist Ausgehen in diesem Alter eigentlich schon erlaubt? Wie viel Freiheit dürfen Eltern ihren Kindern eigentlich gewähren? Wann riskiert ein 14-Jähriger, dass er von der Polizei nach Hause gebracht wird? Das Jugendschutzgesetz gibt den Rahmen vor. Sie als Eltern sind in der Pflicht, Ihr Kind im Rahmen dieses Gesetzes zu begleiten, ihm Freiräume zu geben und es vor Gefahren zu schützen. Der Gesetzgeber sagt dazu Folgendes: Ausgehen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren dürfen grundsätzlich nicht zu öffentlichen Tanzveranstaltungen oder in Gaststätten gehen – außer wenn Sie von Personensorgeberechtigten (also den Eltern) oder einer erziehungsbeauftragten Person begleitet werden. Erziehungsbeauftragt ist eine volljährige Person, die im schriftlichen Auftrag der Eltern dem Jugendlichen gegenüber für einen bestimmten Zeitraum, etwa einen Abend, die Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Allerdings dürfen Jugendliche bis 16 auch ohne entsprechende Begleitung zwischen 5 und 23 Uhr in einer Gaststätte eine Mahlzeit oder ein nichtalkoholisches Getränk zu sich nehmen. Ab 16 Jahren darf sich Ihr Kind ohne Begleitung in Gaststätten und bei öffentlichen Tanzveranstaltungen bis 24 Uhr aufhalten, zeitlich unbegrenzt in der Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person. Nachtclubs, Nachtbars und ähnliche Lokale sind für Jugendliche unter 18 Jahren generell verboten. Alkohol In Begleitung einer personensorgeberechtigten Person ist ab 14 Jahren das Kaufen und der öffentliche Konsum von Bier, Wein oder Sekt erlaubt. Jugendliche ab 16 Jahren dürfen in der Öffentlichkeit Bier, Wein oder Sekt konsumieren. Spirituosen, zum Beispiel Schnaps oder Mixgetränke wie etwa Cocktails, dürfen Jugendliche erst ab 18 Jahren kaufen und trinken. 6

Zu streng sein ist genauso falsch wie zu locker sein. © StockSnap / Pixabay.com Rauchen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen in der Öffentlichkeit nicht rauchen. Der Verkauf von Tabakwaren, anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen sowie E-Zigaretten oder E-Shishas an Kinder oder Jugendliche ist verboten. Jugendschutzkontrollen Die Einhaltung der Jugendschutzgesetze wird stichpunktartig kontrolliert, entweder von den Beamten der Kreisverwaltungsbehörden, von der Polizei oder auch von beiden gemeinsam. In Lokalen oder Diskotheken kontrollieren sie die Ausweise der Besucher. Auch Händler werden dahin gehend überprüft, ob sie Alkohol an Minderjährige abgeben. Eventuelle Geldbußen bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz werden nur gegenüber ErwachseWird Ihr Kind bei einer Jugendschutzkontrolle aufgegriffen, werden Sie informiert und müssen Ihr Kind in der Regel bei der Polizei oder an einem anderen Ort abholen. Bei einem einmaligen und relativ geringfügigen Verstoß werden Sie und Ihr Kind durch die Beamten entsprechend belehrt. Bei wiederholten oder extremen Verstößen kann eine Geldbuße gegen Sie verhängt werden. Auch das Jugendamt wird tätig werden, wenn Verdacht auf eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt. Wenn Sie es für notwendig halten, können Sie auch strengere Regeln aufstellen als vom Gesetz vorgegeben. Allerdings ist die Balance zwischen Verbieten und Gewährenlassen, zwischen Vertrauen und Kontrolle nicht imnen verhängt. mer ganz so einfach. 7

Schwänzen steckt an. Schule schwänzen Macht nicht jeder hin und wieder blau? – So fragen viele, wenn es um Schulschwänzer geht. In der Tat gibt es kaum einen Erwachsenen, der in seinem Leben nicht wenigstens ein Mal einer ungeliebten Unterrichtsstunde ferngeblieben wäre. Doch es gibt Kinder und Jugendliche, die über ganze Wochen hinweg nicht mehr in der Schule auftauchen. Sie laufen Gefahr, dadurch den Anschluss zu verlieren. Notorische Schwänzer kommen schulisch über kurz oder lang ins Hintertreffen. Wenn sie denn einmal anwesend sind, können sie dem Unterricht nicht mehr folgen, sind frustriert und bleiben dann erst recht weg. Sie rutschen so eher unabsichtlich in eine typische „Schulschwänzer-Karriere“. Der Kontakt mit anderen jugendlichen Schulverweigerern verstärkt dieses Verhalten noch. Langfristig verbauen sich die jungen Menschen damit ihre Zukunft. Denn oft schaffen sie keinen Schulabschluss und bekommen deshalb auch keinen Ausbildungsplatz. Doch was steckt eigentlich dahinter, wenn Jugendliche hartnäckig die Schule schwänzen? Die Pädagogen unterscheiden verschiedene Gruppen von Schulverweigerern: Eine große Gruppe von Jugendlichen hat häusliche Probleme. Sie sind dadurch so gefordert, dass ihnen die Kraft zum Lernen fehlt. Auch ihre Eltern haben mittlerweile resigniert und sehen keine Möglichkeit, auf ihr Kind einzuwirken. Dann gibt es Schülerinnen und Schüler, die in der Schule soziale Probleme haben. Sie werden gemobbt und ausgegrenzt, leiden sehr darunter und meiden deswegen die Schule. Eine dritte Gruppe bilden die schwierigen und auffälligen Schüler mit schlechten Schulleistungen. Ihnen fehlt es in der Schule an Erfolgserlebnissen, und oft werden sie aufgrund ihres Verhaltens getadelt oder bestraft. Bei dieser Gruppe können auch psychische Probleme die Ursache für das 8

Schwänzen führ t zu Leistungsproblemen und noch weniger Motivation. Schwänzen sein. Das Fernbleiben setzt eine Negativspirale in Gang: Denn wer Unterricht versäumt, hat Leistungsprobleme und wird von den anderen immer mehr ausgegrenzt. Doch genau deshalb sinkt gleichzeitig die Motivation, wieder zur Schule zu gehen. Schulverweigerer sind meistens lernschwache Schüler. Das häufige Fehlen hat ihre Leistungen noch weiter absinken lassen. Experten raten dazu, früh einzugreifen, um Schulschwänzerkarrieren gar nicht erst entstehen zu lassen. Denn wenn sich ein Jugendlicher erst einmal so weit von der Schule abgesetzt hat, dass er so In Bayern versucht man in den letzten Jahren verstärkt, jugendliche Schulverweigerer wieder in den normalen Schulablauf zu integrieren: Wenn ein Schüler des Öfteren unentschuldigt fehlt, sucht die Schule das Gespräch mit ihm, aber auch mit seinen Eltern. Wenn das keinen Erfolg hat, wird ihm der sogenannte Schulzwang angedroht und schließlich bei erneutem Schwänzen auch angewendet. Dabei wird der Schüler morgens entweder von einem Pädagogen oder aber von der Polizei zu Hause abgeholt und bis ins Klassenzimmer gebracht. gut wie nicht mehr hingeht, ist er nur noch schwer zurückzuholen. © Wokandapix / Pixabay.com 9

• • • • • EB EE:31:H SCtflJL Geben Sie Ihr Kind nicht auf ! Auch Jugendliche, die sich am Vormittag in der Öffentlichkeit aufhalten und offenbar die Schule schwänzen, werden von der Polizeistreife aufgegriffen. Diese informiert die Schule und liefert den Schulschwänzer dort ab. Falls sich dies zeitlich nicht mehr lohnt, wird er den Eltern übergeben. Mein Kind schwänzt die Schule! Was tun? Reden Sie mit Ihrem Kind. Versuchen Sie, die Gründe herauszufinden, warum es nicht zur Schule gehen mag. Versuchen Sie, Ihren Sohn oder ihre Tochter davon zu überzeugen, dass es notwendig ist, die Schule zu besuchen. Machen Sie Ihrem Kind das Schuleschwänzen nicht zu einfach. Stehen Sie morgens mit Ihrem Kind auf, wecken Sie es beharrlich, frühstücken Sie gemeinsam und schicken Sie es in die Schule. Vielleicht haben Sie auch die Möglichkeit, Ihr Kind zur Schule zu fahren oder zu begleiten. Arbeiten Sie mit der Schule zusammen. Decken Sie das Verhalten Ihres Kindes nicht und unterschreiben Sie nachträglich keine Entschuldigungen, die es Ihnen vorlegt. Wenn es an Ihrer Schule eine Sozialpädagogin oder einen Sozialpädagogen, etwa der Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS), gibt, suchen Sie das Gespräch und holen Sie sich Unterstützung (siehe auch Elternbrief 42). Wenn Ihr Kind aufgrund von Mobbing oder psychischer Belastungen dem Unterricht immer wieder fernbleibt, suchen Sie Unterstützung für Ihr Kind. Rat und Hilfe gibt es bei den Fachkräften der Jugendsozialarbeit (JaS) an der Schule Ihres Kindes, bei Schulpsychologen, Kinder- und Jugendpsychiatern oder bei den Erziehungsberatungsstellen. 10

Beschimpft und angelogen zu werden, ist für Eltern schlimm. • • Wohin mit Ihrer Wut? Mehr als alle anderen Menschen können Jugendliche ihre Eltern völlig aus der Fassung bringen. Sie haben den Schlüssel zu unseren Gefühlen – und in der Pubertät ganz besonders den Schlüssel zu unserer Wut. Es gibt bestimmte Themen im Familienleben, die alle Eltern erfahrungsgemäß ganz besonders auf die Palme bringen: Respektlosigkeit: Wenn Eltern von ihren jugendlichen Kindern abgewertet werden. Wenn die Einwände der Eltern lässig mit dem Kommentar „Was weißt du denn schon?“ beiseitegeschoben werden, oder wenn sie gar mit Schimpfwörtern bedacht werden, dann reagieren viele Eltern verletzt und wütend. Unehrlichkeit: Wenn jugendliche Kinder sich nicht an die getroffenen Vereinbarungen halten. Wenn sie die Eltern anlügen beziehungsweise ihnen wichtige Informationen vorenthalten (dass etwa die Eltern der Freundin, bei der man übernachtet, verreist sind), fühlen sich Eltern hintergangen und ihr Vertrauen missbraucht. Faulheit und Schlampigkeit: In den meisten Familien ist mangelnder Ordnungssinn ein großes Konfliktthema. Wenn Jugendliche sich zudem vor Gemeinschaftsaufgaben drücken und auch in der Schule mehr schlecht als recht mitarbeiten, platzt vielen Eltern der Kragen. Darüber hinaus gibt es in jeder Familie natürlich noch genügend andere Themen, die die Gefühle hochkochen lassen. Was aber tun, wenn Sie kurz davor sind, einen Wutanfall zu bekommen? Wenn Sie sogar nahe dran sind, Ihrem großen Kind einmal eine richtige Ohrfeige zu geben? Vermeiden Sie die Eskalation. Wenn es hoch hergeht, machen Sie eine Pause und atmen Sie tief durch. Versuchen Sie, sich zu beruhigen. Wenn es zu schwierig ist, brechen Sie die Unterredung ab und vertagen Sie sie auf einen späteren Zeitpunkt. Sie könnten zu Ihrem Kind sagen: „Ich bin jetzt so wütend, dass ich hier nicht mehr weiterreden möchte. Lass uns das heute Abend noch einmal in Ruhe ansprechen.“ 11

Lassen Sie Dampf ab – aber beim Spor t! • • • • • Bewegung und Sport sind gute Mittel, wieder „herunterzukommen“ und negative Gefühle abzubauen. Anschließend haben Sie den Kopf frei, um die Diskussion mit Ihrem Kind wieder neu aufzunehmen. Hören Sie Ihrem Kind zu und nehmen Sie seine Argumente ernst. Werten Sie sie nicht ab. Ihre Argumente oder Ihre Person sollten aber ebenfalls nicht abgewertet werden. Erklären Sie Ihrem Kind auch die Hintergründe, also die Ziele oder auch Ängste, die hinter bestimmten Regeln oder Verboten stehen. Etwa, warum es Ihnen Angst macht, wenn Ihre vierzehnjährige Tochter nachts allein nach Hause radelt. Machen Sie deutlich, auf welchen Regeln des Umgangs Sie auch bei Auseinandersetzungen bestehen. Reden Sie ruhig auch von eigenen Erfahrungen: Wie schwer es etwa war, sich das Rauchen abzugewöhnen, und dass es Ihnen darum sehr leid täte, wenn Ihr Sohn, der gerade damit beginnt, dasselbe durchmachen müsste. Oder wie viel Mühe es bereitete, einen Schulabschluss nachzuholen, den Sie mit etwas mehr Fleiß auch gleich hätten erreichen können. Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass Ihr Kind jetzt mitten in der Ablösung von den Eltern steckt. Dazu gehört auch, dass es das eine oder andere kleine Geheimnis vor Ihnen hat. Dazu gehört auch, dass es rebelliert, Sie infrage stellt und sich von Ihnen abgrenzt. Sie als Mutter oder als Vater sind vielleicht enttäuscht, dass das Verhältnis, das bisher zu Ihrem Kind so gut war, jetzt oft so schwierig ist. Eltern von Jugendlichen fühlen sich gelegentlich ausgenutzt. Wenn alles gut geht, wird man in der Regel nicht gebraucht. Erst wenn Probleme auftauchen, sind die Eltern wieder gefragt. Das mag vielleicht als egoistisch empfunden werden, ist aber Realität und normal in der Beziehung zwischen Jugendlichen und ihren Eltern. Sie treten mit Ihrem Kind jetzt in eine neue Phase ein. Die Beziehung löst mehr und mehr die Erziehung ab. Aber dass eine Beziehung aus Nehmen und Geben besteht, muss Ihr Kind erst lernen. 12

• Geldes schätzen Den Wer t des lernen. Taschengeld & Kleidergeld Ihr Kind bekommt schon seit einigen Jahren ein festes Taschengeld. Während der Grundschulzeit haben Sie das Taschengeld wöchentlich ausbezahlt, inzwischen bekommt es Ihr Kind einmal im Monat. Für die Höhe des Taschengeldes gibt es keine Norm, aber Orientierungswerte. Aber eins ist klar: Egal, wie viel Sie geben, der Betrag wird niemals ausreichen. Taschengeld Bei den 14- bis 15-Jährigen sollte sich der Betrag zwischen 22 und 25 Euro pro Monat bewegen (s. Elternbrief 35). Doch wenn Sie als Familie in angespannten finanziellen Verhältnissen leben, geht die Versorgung der ganzen Familie vor. Trotzdem sollten Sie überlegen, ob und wie viel Sie an Geld erübrigen können, damit Ihr Kind wenigstens einen kleinen Anteil vom gemeinsamen Familieneinkommen zur freien Verfügung hat. Taschengeld ist wichtig. Indem junge Menschen über ihr eigenes Geld verfügen, lernen sie den Wert des Geldes kennen. Sie lernen, sich das Geld einzuteilen und damit auszukommen. Sie lernen einzuschätzen, was teuer oder günstig ist. Sie lernen eigene Entscheidungen zu treffen, wofür sie ihr Taschengeld ausgeben und ob eine Anschaffung sinnvoll ist oder nicht. Und letztlich entwickeln sie Verantwortlichkeit und zunehmende Selbstständigkeit. Für Kinder und Jugendliche kann man übrigens ein spezielles Kinder- oder Jugendgirokonto einrichten. Es ist in der Regel gebührenfrei und kann nicht überzogen werden. Und was sagt das Gesetz? Ab dem siebten bis zum 18. Lebensjahr sind Kinder und Jugendliche beschränkt geschäftsfähig. Rechtsgeschäfte wie etwa der Abschluss eines Handyvertrages sind grundsätzlich nur mit der Erlaubnis der Eltern wirksam. Beim Taschengeld, das ihnen zur freien Verfügung steht, können sie auch ohne Einwilligung der Eltern rechtswirksam Leistungen in Anspruch nehmen oder Dinge kaufen – aber nur, wenn sie ihre Gegenleistung vollständig erbracht haben, also nichts schuldig geblieben sind. Foto oben: © Skitterphoto / Pexels.com 13

Sehen Sie es ein: Sie haben keine Ahnung! Kleidergeld Mit zunehmendem Alter steigen natürlich auch die Ansprüche, etwa bei der Kleidung. Während Ihr kleineres Kind noch bereitwillig anzog, was Sie besorgt hatten, wird Ihr Teenager jetzt vermutlich seine Eigenheiten entwickeln. Jugendliche haben ganz bestimmte Vorstellungen von Kleidung. Sie wollen entweder nur noch Sachen einer bestimmten Marke tragen oder in einem ganz bestimmten Stil. Natürlich hat die Kleiderfrage auch immer etwas mit dem gerade angesagten Modetrend zu tun, aber auch die Gruppe oder Clique, in der sich Ihr Kind bewegt, spielt eine große Rolle. Es will dazugehören und das äußert sich Wenn Ihre Vorstellungen stark voneinander abweichen und Sie das Gefühl haben, es überhaupt nicht mehr recht machen zu können, sollten Sie überlegen, ob Kleidergeld eine Lösung ist. Kalkulieren Sie durch, wie viel Geld Sie in einem Jahr für die Kleidung Ihres Kindes ausgeben können oder wollen, legen Sie diese Summe auf zwölf Monate um und zahlen Sie diesen Betrag mit dem Taschengeld aus. Damit ist Ihr Kind auch fürs Einkleiden verantwortlich. Größere Anschaffungen wie Wintermantel oder Stiefel sollten davon aber nicht bestritten werden müssen. auch in der Kleiderwahl. 14

Nicht sofor t losschimpfen. „Mein Kind hat geklaut!“ Die Welt des Konsums lockt überall, im Kaufhaus, in Boutiquen oder in den großen Elektromärkten. Kinder und Jugendliche sind dafür besonders zugänglich, denn sie wollen mit den anderen mithalten können. Sie träumen von angesagten Klamotten und dem neuesten technischen Schnickschnack. Um sich diese oft teuren Wünsche erfüllen zu können, greifen manche schon mal ins Regal und lassen etwas unter der Jacke verschwinden. Viele Kinder und Jugendliche handeln spontan – einfach weil sie die Gelegenheit dazu haben. Andere klauen, weil sie sich ihre Wünsche finanziell nicht leisten können. Wieder andere reizt eher der Nervenkitzel. Schätzungsweise anderthalb Millionen Kinder und Jugendliche werden pro Jahr beim Stehlen erwischt, doch die Dunkelziffer ist wesentlich größer. Was tun, wenn Ihr Kind beim Stehlen erwischt wird? Wie reagieren Sie, wenn Sie den Anruf eines Kaufhausdetektivs oder Polizeibeamten erhalten, dass Ihr Kind beim Ladendiebstahl erwischt wurde? Sie können es kaum glauben, sind total aufgebracht und enttäuscht? Eine verständliche Reaktion, doch versuchen Sie trotzdem, sich nicht aufzuregen. Es hilft Ihrem Kind nicht weiter, wenn Sie die Beherrschung verlieren und es wütend beschimpfen. Bleiben Sie ruhig und stehen Sie Ihrem Kind bei. Ertappte Ladendiebe dürfen auf das nächste Polizeirevier gebracht oder in manchen Fällen auch erkennungsdienstlich behandelt werden. Das heißt auch, dass Fingerabdrücke genommen werden dürfen. Das finden Sie befremdlich und überzogen? Nein, denn Fachleute sind sich einig, dass jeder, der einmal seine Fingerabdrücke hat abgeben müssen, sich bei der nächsten Gelegenheit sehr genau überlegen wird, ob sich ein erneuter Diebstahl wirklich lohnt. Erwischt zu werden ist also auch eine Chance. Auch wenn es noch nicht erwischt worden ist – suchen Sie gemeinsam nach den Gründen, warum Ihr Kind klaut. Bekommt es seiner Meinung nach nicht genug Taschengeld? War es vielleicht eine Mutprobe, um in der Schule Anerkennung zu finden? Oder wird es von anderen Jugendlichen erpresst? Dann sollten Sie weitere Schritte einleiten (siehe dazu Elternbrief 43). 15

13 v,-in!!('.h $ Sr ~!$ i1'1 ll,i ~ enu ,,, rur 1111i h I Arl I vnr l S~ i.1 1 • D FSC www.'9c.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Erziehungsberatung Wenn Sie in der Pubertät massive Probleme mit Ihrem Kind erleben, wenden Sie sich an eine der Erziehungs- oder Familienberatungsstellen, www.erziehungsberatung.bayern.de oder www.lagbayern.de/erziehungsberatung und psychologischen Beratungsstellen. Hier finden Sie kostenlos Unterstützung. Die Mitarbeitenden stehen unter Schweigepflicht. Rufen Sie an und vereinbaren einen Termin. Die Adressen finden Sie im Internet. Auch Ihr zuständiges Jugendamt hilft gerne weiter. Jugendschutz Interessante Informationen finden Sie zum Beispiel unter: www.jugendschutzaktiv.de Auch Ihr zuständiges Jugendamt weiß Rat. Im nächsten Elternbrief: – Perfekte Eltern gibt es nicht – Halten und Loslassen – Der Mittelschulabschluss – Was willst du werden? – Ohne Schulabschluss – was nun? – Die Bewerbung – Das Ende aller Hobbys? – Jugendgruppen – Mofaführerschein – Kein Ausweg mehr Die Elternbriefe werden gefördert durch: 44 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202144

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