- - Versu chen Sie, jeden Tag gemeinsam Zeit zu verbringen. B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T efe INHALT 21 Bri Alter: 5 Jahre 1 Gemeinsame Unternehmungen 4 Wissen für Kinder 5 Die Einkindfamilie 7 Schüchterne Kinder 10 Die liebe Ordnung 13 Der Zahnwechsel 15 Die Vorsorgeuntersuchung U 9 Familie macht Spaß! Was halten Sie vom guten alten Sonntagsausflug? Oder vom Spielenachmittag an ei nem grauen Novembertag? Wann waren Sie zuletzt mit der Familie beim Schwimmen oder Drachen steigen lassen, im Zoo oder beim Eisessen? Versuchen Sie, wenigstens ab und zu Zeit dafür zu finden! Wenn Sie sich an Ihre eigenen Kindertage zurückerinnern, dann gehören die gemeinsamen Unternehmungen der Familie sicher mit dazu. Etwas Schönes zusammen zu erleben ist wichtig. Es schafft nicht nur ein Gefühl der Zusammengehörigkeit – für Ihre Kinder bedeutet es auch ein Stück Geborgenheit und ein Schatz kästlein mit wertvollen Erinnerungen für die Zukunft. Im Alltag findet sich leider oft zu wenig Zeit für Spiel und Spaß als Familie. Häufig begegnet sich die Familie erst am späten Nachmittag oder Abend und da sind andere Dinge zu erledigen: Haushalt, Abendessen, die Terminplanung für den nächsten Tag... Aber trotzdem gibt es auch eine halbe Stunde oder mehr, die Sie zusammen als Familie verbringen und in der Sie einfach Spaß haben können. Spielen Sie gemeinsam ein Brettspiel oder lesen Sie eine spannende Geschichte vor! Oder vielleicht möchte Ihr Kind gemeinsam mit Ihnen singen und dazu auf dem Kochtopf trommeln? Ja, vielleicht müsste eigentlich dringend die Küche aufgeräumt oder ein Te-
Lassen Sie ruhig einmal andere Aufgaben liegen. lefonat erledigt werden. Seien Sie trotzdem kein Spielverderber! Die Zeit, in der Sie alle als Familie etwas zusammen machen, ist so kostbar. Nutzen Sie sie und beziehen Sie ruhig einmal alle mit ein. Sie können sich bei Ihren Spielideen auch von Ihrem Kind leiten lassen. Warum nicht gemeinsam Kaufladen spielen? Oder aus Decken eine Höhle bauen? Im Sommer ist es oft auch nach Feierabend noch möglich, miteinander nach draußen zu gehen, um Rad zu fahren oder Ball zu spielen. Das macht nicht nur den Kindern Spaß, sondern tut auch den Erwachsenen gut. Das Wochenende bietet natürlich sehr viel mehr Möglichkeiten, zusammen als Familie etwas zu unternehmen. Sie sind ausgeruhter und haben auch etwas mehr Zeit zur Verfügung. Und auch Ihr Kind oder Ihre Kinder freuen sich über Beschäftigung, gerade an Tagen, an denen kein Kindergarten ist. Natürlich haben Sie auch am Wochenende viel zu tun. Einkäufe müssen erledigt werden und vieles mehr. Dennoch: Machen Sie es sich zur Regel, dass kein Sonntag einfach vor dem Fernseher verbracht wird. An wenigstens einem Tag der Woche könnte doch genug Zeit für die Kinder sein. Planen Sie die Wochenenden, sprechen Sie mit Ihrer Familie darüber, was Sie unternehmen möchten! Dafür muss man auch nicht unbedingt viel Geld ausgeben! Unternehmungen im Freien Lassen Sie sich von den Jahreszeiten anregen! So können Sie im Sommer an einen Badesee fahren oder mit Planschbecken oder Gartenschlauch für Abkühlung sorgen. Im Herbst können Sie mit den Kindern auf einem langen Spaziergang Kastanien und Herbstlaub sammeln, woraus Sie dann zu Hause gemeinsam etwas basteln können. Oder Sie lassen mal wieder einen Drachen steigen! Im Winter können Sie gemeinsam Schlittenfahren, einen Schneemann bauen oder aufs Eis gehen – sofern es richtig zugefroren ist. Der Frühling lockt dann wieder mit Sonne und Wärme. Gemeinsame Spaziergänge und Spielplatzbesuche sind jetzt besonders attraktiv. 2
Kinder lieben es, gemeinsam an etwas zu werkeln. Unternehmungen in der Wohnung Auch in der Wohnung lässt es sich schön spielen. Die Eisenbahn mal ganz aufbauen, gemeinsam ein großes Plakat bemalen, mit Knete oder Ton modellieren, ein Haus aus Karton basteln, das Kinderzimmer umgestalten: Das alles sind Projekte, für die unter der Woche einfach nicht genug Zeit bleibt. Vielleicht möchte Ihr Kind mit Ihnen auch einmal gerne einen Kuchen oder Kekse backen oder mit Papa zusammen kochen. Kinder arbeiten gerne: In handwerkliche Tätigkeiten lassen sie sich gerne mit einbeziehen und freuen sich, wenn sie Mama oder Papa zur Hand gehen können. Planen Sie dafür aber vorsichtshalber etwas mehr Zeit ein als sonst. Ferien und Urlaub Ferien und Urlaub sind ideal, um gemeinsam schöne Dinge zu unternehmen. Wenn Sie im Urlaub zu Hause bleiben, können Sie mit Tagesausflügen oder Schwimmbadbesuchen Ihren Kindern eine schöne Ferienzeit bescheren. Viele Gemeinden bieten einen Ferienpass an, der Kindern freien oder verbilligten Eintritt zu den verschiedensten Veranstaltungen, Aktionen, aber auch in Museen gewährt. Nehmen Sie zur einen oder anderen Unternehmung auch die Freundin oder den Freund Ihres Kindes mit. Das macht zum einen den Kindern mehr Spaß, zum anderen ist es auch für Eltern eine Entlastung, wenn sie nicht den Alleinunterhalter spielen müssen. Solche Einladungen können ja durchaus auch auf Gegenseitigkeit erfolgen. Fragt man junge Erwachsene, woran sie sich gerne erinnern, wenn sie an ihre Kindheit zurückdenken, dann sind es nicht die Nachmittage, die sie vor dem Fernseher verbracht haben, oder die Spielsachen, die sie besessen haben. Es sind auch nicht teure Kinobesuche oder Ähnliches. Es sind Erlebnisse wie Spieleabende mit der Familie, Picknicks im Grünen oder die Sonntagnachmittage, an denen der Papa immer aus dem spannenden Lieblingsbuch vorgelesen hat. Sie müssen Ihrem Kind also nichts Teures oder Außergewöhnliches bieten. Was seine Kindheit schön macht, sind Ihre Zeit, Ihre Aufmerksamkeit, Ihre Energie und Ihre Unternehmungslust. 3
von interessanten Phänomenen. Der Alltag ist voll Wissen für Kinder Mathematik im Kindergarten? Ist das nicht übertrieben? Aber nein! Im Alter zwischen drei und sechs Jahren erschließt sich das Kind den Zahlenraum zwischen eins und zehn. Es lernt zählen und bekommt eine erste Vorstellung von Mengen. Ein Kind nähert sich Formen und Zahlen auf ganz natürliche Weise: Zum Beispiel zählt es, wie viele Kinder in der Puppenecke sitzen. Oder es sucht sich drei Spielpartner für ein Würfelspiel für vier Personen. Beim Spielen mit Bauklötzen erfährt es den Unterschied zwischen einem Würfel und einem Quader, bei Legespielen den zwischen Dreieck und Kreis. Es lernt also die geometrischen Formen kennen. Die Erzieherinnen können diese Fähigkeiten fördern und die Kinder an einfaches mathematisches Denken heranführen. Ebenso wird Naturwissenschaft ganz praxisnah für das Kind erlebbar gemacht: Kleine Experimente wecken das Interesse und den Spaß am Lernen. Eine Kerze erlischt, wenn man ein Glas darüberstülpt. Aus Weizenkörnern, die man in Blumentöpfe pflanzt, wächst grünes Ostergras. Die unmittelbare Umgebung ist voll von interessanten Dingen, anhand derer man Kindern etwas von der Welt erklären kann. Die Natur erleben Kinder auf Spaziergängen oder im Freispielgelände des Kindergartens. Einen Käfer beobachten, Kastanien sammeln – hierbei lässt sich eine Menge erfahren, auch über den respektvollen Umgang mit Lebewesen und mit der Natur allgemein. So wird in Kindergärten das Thema Umweltschutz großgeschrieben. Praktisch umsetzen können dies die Kinder beim Abfallvermeiden oder beim Mülltrennen. Der Wechsel der Jahreszeiten wird auch bei Festen erlebbar: Martinsumzug, Wintersonnenwende, Fasching, Ostern, Sommerfest. Das Kind macht erste Erfahrungen mit der Zeit: Um zehn Uhr gibt es Brotzeit, um zwei Uhr kommt die Mama und holt mich ab. Montag ist Turnen, Mittwoch ist Musikgruppe und so weiter. Durch die äußere Ordnung und feste Abläufe bekommt das Kindergartenkind auch eine innere Orientierung und wird so auch auf die Schule vorbereitet. 4
Das „typische“ Einzelkind gibt es nicht . Die Einkindfamilie Vater, Mutter, Kind – Familien mit nur einem Kind sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Statistisch gesehen ist heute jedes dritte Kind ein Einzelkind. Ob Sie sich nun bewusst für „nur“ ein Kind entschieden haben, oder ob es andere Gründe gab, ist unerheblich – Ihre Familie ist genau so richtig, wie sie eben ist. Obwohl zahlenmäßig in der Überzahl, haben sogenannte Einkindfamilien nach wie vor mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Von den Müttern wird oftmals behauptet, sie seien entweder karriereorientiert oder gluckenhaft, die Väter leistungsorientiert, und egoistisch wären sowieso beide. Am stärksten aber trifft es die Kinder. „Typisch Einzelkind“ bedeutet nichts Positives. Einzelkinder gelten oftmals als verwöhnt, eigensinnig, launisch, altklug, zimperlich und vor allem unsozial. Es heißt, sie könnten nicht teilen, drängeln sich immer in den Vordergrund und wenn‘s eng wird, schreien sie nach Mama. Das mag für das eine oder andere Einzelkind schon zutreffen, aber auch Geschwisterkinder verhalten sich manchmal so. Alle Kinder – unabhängig davon, ob sie mit oder ohne Geschwister aufwachsen – müssen lernen, anderen Kindern mit Respekt, Toleranz und Rücksicht zu begegnen. Deutsche und amerikanische Studien haben ergeben, dass Ein- © StockSnap / Pixabay.com 5
sind oft früher Einzelkinder selbstständig. zelkinder, entgegen aller Vorurteile, freundlich, optimistisch und sozial sind. Oft sind sie sprachlich gewandter, ehrgeiziger und erfolgsorientierter als Kinder, die mit Geschwistern aufwachsen. Es heißt auch, sie seien extrovertierter und übernähmen in Gruppen öfter die Führung als Geschwisterkinder. Insgesamt sind auch Einzelkinder stabil und erfolgreich im Leben. Aus den Studien geht auch hervor, dass die Mütter mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen als Mütter mehrerer Kinder. Sie beobachten, loben und beschäftigen sich auch intensiver mit ihnen. Und ungeachtet aller Vorurteile fördert die intensive Beschäftigung nicht etwa die Unselbstständigkeit der Kinder, sondern führt zu einer überdurchschnittlichen Selbstständigkeit. Das mag neben der ungeteilten Aufmerksamkeit der Eltern auch daran liegen, dass Einzelkinder – statistisch gesehen – früher außerhalb der Familie betreut werden. Sind Einzelkinder also die „glücklicheren Kinder“? Nein, so weit wollten die Forscher dann auch nicht gehen. Ihre Erkenntnis war vielmehr, dass die Anzahl der Geschwister keinen auffälligen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern hat. Sie gehen sogar noch weiter und sagen: Was Kinder wirklich prägt, ist die gute Beziehung zu ihren Eltern. Natürlich haben Einzelkinder nicht nur Vorteile. Sie haben zwar die volle und ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern, aber das kann auch anstrengend sein. Zwangsläufig sind Einzelkinder öfter alleine. Auch wenn sie mit den Eltern unterwegs sind, gibt es kein anderes Kind zur Unterhaltung. Einzelkinder müssen aushalten, dass es in der Familie manchmal „zwei (Große) gegen einen (Kleinen)“ heißt. Da kann bei manchem Kind schon das Gefühl aufkommen, dass es seinen Eltern unterlegen ist. Denken Sie daran und nehmen Sie sich zurück. Auch müssen Sie nicht immer an Ihrem Kind „dran“ sein. Für eine gesunde Entwicklung brauchen Kinder auch Freiräume. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind mit anderen Kindern zusammenkommt. Es braucht Spielkameraden und Freunde. Freunde sind zwar keine Geschwister, aber fürs Leben unverzichtbar. 6
Schü chternheit ist nicht von vorneherein ein Grund zur Sorge. Schüchterne Kinder Kennen Sie solche Situationen? Sie sind mit Ihrem Kind auf einem Kindergeburtstag, alle amüsieren sich prächtig, nur Ihre Tochter oder Ihr Sohn klammert sich an Sie, als ginge es ums Überleben. Beim Abschied morgens im Kindergarten gibt es immer noch Tränen und wenn Besuch kommt, versteckt sich Ihr Kind hinter Ihnen und weigert sich standhaft, „Hallo“ zu sagen. Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, dann haben Sie höchstwahrscheinlich ein schüchternes Kind. Grundsätzlich ist Schüchternheit nichts Negatives. Es ist vielmehr eine Charaktereigenschaft. In anderen Kulturen sind schüchterne Kinder sehr beliebt. Sie gelten als intelligent und gut erzogen. In unserer Gesellschaft wird Schüchternheit oft als soziales Handicap betrachtet. Und tatsächlich leiden Kinder wie Eltern unter Situationen wie oben beschrieben. Sie fragen sich vielleicht: Was ist eigentlich Schüchternheit? Warum ist mein Kind schüchtern und wie kann ich ihm helfen? Schüchterne Kinder sind außerhalb der Familie sehr unsicher. Es fällt ihnen schwer, vor anderen zu sprechen. Sie vermeiden es oftmals, mit anderen Kindern zusammen zu sein. Bei Konflikten ziehen sie sich schnell zurück. Schüchterne Kinder sind oft sehr lärmempfindlich und haben darum auch wenig Freude an lauten, wilden Spielen. Sie stehen dann lieber abseits und beobachten das Geschehen um sie herum. Sie haben meist weniger Freundschaften, diese sind dann aber sehr eng. 7
Geschehen. Schü chterne Kinder abseits und beobachten das stehen lieber etwas Kinder leiden oft selbst unter ihrer Schüchternheit. Sie würden auch gerne lockerer mit anderen umgehen, sie beneiden die Kinder, die sich mutig zeigen, das große Wort führen und viele Freunde haben. Aber in sozialen Situationen fühlen sie sich gestresst und haben zu viel Angst, aus sich herauszugehen. © Rudy and Peter Skitterians / Pixabay.com Die Gehemmtheit kann sich auch körperlich zeigen: In Stresssituationen können beispielsweise Erröten oder schwitzige Hände, auch Stottern oder kleine Tics wie zum Beispiel Blinzeln auftreten. Schüchterne Kinder haben oft ein geringes Selbstwertgefühl. Sätze wie: „Das schaffe ich nie“ oder „Immer erwischt es mich“ können darauf hinweisen. Mit Zeit, Geduld, sanfter Förderung und Zuwendung wird Ihr schüchternes Kind langsam, aber sicher seinen Weg finden, mit anderen Menschen umzugehen. Tiefe Freundschaften, die Fähigkeit, mit anderen mit zu empfinden wie auch eine gewisse Nachdenklichkeit sind oftmals positive Wesensmerkmale schüchterner Kinder. In einer Gesellschaft, die so sehr wie die unsere nach außen orientiert ist, sind sie also eine echte Bereicherung. 8
• • • • • • • • • • • Wie unterstütze ich mein schüchternes Kind? Machen Sie Ihrem Kind keinen Druck. Es könnte sich unverstanden fühlen und sich völlig verschließen. Lassen Sie Ihr Kind sein eigenes Tempo finden. Es hat vielleicht eigene Methoden, seine Schüchternheit zu überwinden. Schüchterne Kinder sind bei ihren Freunden und Erziehern oft recht beliebt. Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Kind seinen Weg finden wird. Loben Sie Ihr Kind für die Dinge, die es gut macht. Wenn es an sich zweifelt, erinnern Sie es an seine Stärken und an Situationen, die es gemeistert hat. Spielen Sie mit Ihrem Kind Rollenspiele wie „Einkaufen“ oder „Essen gehen“: Im Schutz seiner Rolle kann Ihr Kind frei sprechen und trainiert dabei normale Alltagssituationen. Stellen Sie Ihrem Kind Fragen und interessieren Sie sich dafür, was es zu sagen hat! Beziehen Sie es in Gespräche mit ein und motivieren Sie es, seine Meinung frei zu äußern. Machen Sie mit Ihrem Kind auch ruhig einmal wilde Spiele wie Kissenschlachten oder Um-dieWette-Schreien. In der Familie fühlt es sich sicherer als außerhalb und kann sich angstfrei ausprobieren. Geben Sie Ihrem Kind Aufgaben, die sein Selbstbewusstsein stärken. Ermutigen Sie es, Dinge zu tun, bei denen es seine Schüchternheit ein wenig überwinden muss: Den Nachbarn die Zeitung vorbeibringen zum Beispiel, oder sich selbst am Kiosk ein Eis holen. Denken Sie an Ihre eigenen Erfahrungen mit dem Thema Schüchternheit. Eltern, die früher selbst unter ihrer Schüchternheit gelitten haben, möchten ihre Kinder gern davor bewahren. Sie neigen dazu, sie zu sehr anzuspornen und damit zu überfordern. Sprechen Sie vor Ihrem Kind nicht mit anderen Menschen über seine Schüchternheit. Das beschämt Ihr Kind und schadet seinem Selbstwertgefühl. Wenn Ihr Kind sehr unter seiner Schüchternheit leidet oder wenn Sie selbst anfangen, deshalb ungeduldig zu reagieren, suchen Sie sich Rat und Unterstützung bei einer Erziehungsberatungsstelle. 9
Die liebe Ordnung Der Boden ist übersät mit Bausteinen, auf dem Tisch türmen sich bemalte Blätter, schmutzige Kleidung liegt auf dem Bett, irgendwo steht ein halbvolles Saftglas… So sieht es in vielen Kinderzimmern aus. So etwas treibt Mütter und Väter gerne zur Verzweiflung. Ein Glück, dass Kinderzimmer eine Tür zum Zumachen haben. Trotzdem ist es für uns Erwachsene nicht immer einfach, über das kindliche Chaos hinwegzusehen. Für Sie als Eltern ist es vielleicht schwer vorstellbar, dass Ihr Kind sich in einem völlig unaufgeräumten Zimmer wohlfühlen kann. Und damit liegen Sie gar nicht so verkehrt: wenn das Chaos im Kinderzimmer zu groß wird, werden die Spiele meistens in Gemeinschaftsräume verlagert. Da wird dann im Wohnzimmer gebaut, in der Küche gemalt oder im Flur mit den Autos gespielt. Zunächst einmal: es ist normal, dass spielende Kinder Unordnung machen. Zu enge Grenzen können Ihr Kind daran hindern, Spielideen zu entwickeln und zu verwirklichen. Ein Kind, das nicht spielt, macht zwar weniger Unordnung. Spielen ist jedoch viel besser, als beispielsweise vor dem Fernseher zu hängen. Kinder haben auch oft eine andere Vorstellung von Ordnung als Erwachsene. Vielleicht legen sie alle roten Gegenstände in die eine Ecke und alle blauen in die andere, vielleicht sind die Plüschtiere, die aus Ihrer Sicht durcheinander am Boden liegen, für Ihr Kind Teil eines Tiergeheges oder Zoos, den es liebevoll aufgebaut hat. Auf der anderen Seite ist es verständlich, dass Sie sich als Eltern auch noch wohlfühlen möchten. Im dunklen Flur barfuß auf einen Baustein oder eine Murmel zu treten, das Sofa erst freiräumen zu müssen, ehe man darauf Platz nehmen kann, macht keinen Spaß und sorgt für Konflikte. Was also tun gegen diese allgegenwärtige Unordnung? Was wenig bringt, ist Schimpfen und den Kindern hinterherzuräumen. Das macht das Ordnung halten für Kinder auch nicht attraktiver, im Gegenteil. Das Thema Ordnung wird damit zu einer Art Machtfrage zwischen Eltern und Kind. Hinter den Kindern herzuräumen macht sie unselbstständig und 10
hinterlässt bei den Eltern auch kein gutes Gefühl. Wenn Sie Ihrem Kind immer die Sachen hinterhertragen, kann es sein, dass Sie bis ins Jugendalter hinein dafür verantwortlich gemacht werden, nach dem Motto: „Wo hast du jetzt schon wieder meine Turnschuhe hingeräumt?“ ZEHN REGELN für ein (mehr oder weniger) ordentliches Miteinander 1. Zusammen macht Aufräumen mehr Spaß als alleine. Ein fünfjähriges Kind ist oft noch überfordert, wenn es ganz alleine sein Zimmer aufräumen soll. Helfen Sie Ihrem Kind, aber lassen Sie es nicht zu, dass es sich nach kurzer Zeit wieder in ein Spiel vertieft und Sie alleine weiter aufräumen lässt. 2. Um Ihr Kind bei der Stange zu halten, lassen Sie es lieber in Etappen aufräumen. Zuerst wird alles verstaut, was auf dem Boden liegt. Später dann nimmt man sich den Spieltisch vor. Größere Bauwerke dürfen auch einmal eine Zeit lang stehen bleiben. 3. Das Kinderzimmer darf gerne etwas chaotischer sein als der Rest der Wohnung. Es ist ein Stück Eigenständigkeit für Ihr Kind, wenn es hier mehr Freiraum hat. Allerdings sollte vor dem Zu-Bett-Gehen ein Weg zur Tür freigeräumt sein, damit Ihr Kind nachts sicher auf die Toilette kommt. 4. Es muss eine gewisse Hygiene herrschen. Alte Joghurtbecher oder schmutzige Kleidung gehören nicht ins Kinderzimmer. Einmal in der Woche sollte so weit aufgeräumt werden, dass das Zimmer ordentlich geputzt werden kann. 5. Ihr Kind braucht zumAufräumen viel Stauraum. Neben Regalen und Schränken können Kisten oder Kartons dazu dienen, die Spielsachen zu organisieren. Sie können Fotos der Spielsachen auf die Kisten kleben, damit Ihr Kind für alles den richtigen Platz findet. 11
Sor tieren Sie immer wieder einmal Spielsachen aus! © congerdesign /Pixabay.com 6. Weniger ist mehr: Sortieren Sie mit Ihrem Kind alte und kaputte Spielsachen aus. Ein Kind muss nicht in Spielzeug ertrinken. Viele Dinge können vorübergehend im Keller untergebracht werden. 7. Lassen Sie Ihr Kind die Folgen seiner Unordnung selbst ertragen: Wenn es etwas verlegt hat oder etwas im Kinderzimmerchaos unter-gegangen ist, dann lassen Sie Ihr Kind ruhig eine Weile alleine suchen. Und wenn es sich in seinem unaufgeräumten Zimmer nicht mehr wohl fühlt, gewähren Sie nicht gleich Asyl im Wohnzimmer. 8. Wenn sich Kinder ein Zimmer teilen, müssen sie aufeinander Rücksicht nehmen. Teilen Sie die Arbeiten ein. Jedes Kind räumt auf, was es liegen gelassen hat. Oder das eine Kind räumt Kleider auf, das andere Spielsachen. 9. Wohnzimmer, Küche und Flur sollten so aufgeräumt sein, dass alle Familienmitglieder sich dort wohlfühlen. 10. Wenn Ihr Kind jedoch kein eigenes Zimmer hat, sollte es zumindest in einemWohnraum eine Spielecke haben, in der es auch mal unordentlich sein darf. Fast alle Eltern finden, dass ihre Kinder zu unordentlich sind. Viele Eltern haben sogar Angst, dass ihr Kind es nicht lernt, Ordnung zu halten und dadurch als Erwachsener Probleme bekommt. Dennoch sind fast alle jungen Erwachsenen in der Lage, ihr Leben zu meistern und so weit wie nötig Ordnung zu halten. Irgendwie lernen es am Ende dann doch die meisten. 12
nicht oft genug Zähneputzen ist wiederholen: SEHR wichtig! Man kann es Der Zahnwechsel Im Laufe des sechsten Lebensjahres beginnen bei den meisten Kindern die Schneidezähne zu wackeln: Der Zahnwechsel steht an. Dies ist ein einschneidendes Ereignis im Leben eines Kindes, denn jetzt kann jeder sehen, dass es schon bald groß ist! Die erste Lücke zeigt sichmeist vorne am Unterkiefer. Nach und nach werden dann alle vorderen Milchzähne durch die größeren bleibenden Zähne ersetzt. Hinter den Milchbackenzähnen bricht ein ganz neuer Zahn („Sechsjahresmolar“) durch. Er ersetzt keinen Milchzahn, sondern wächst zusätzlich, denn der Kiefer Ihres Kindes ist nun so weit gewachsen, dass für neue Zähne genug Platz ist. Der Zahnwechsel tut Kindern in der Regel nicht besonders weh. Wichtig ist, dass sie die neuen, bleibenden Zähne gut putzen und pflegen. Kinderzahnpasta reicht dazu nicht mehr aus. Den meisten Kindern sind die Erwachsenenzahnpasten jedoch zu scharf. Seit einiger Zeit gibt es Junior-Zahnpasten, die einen deutlich höheren Fluorid-Anteil haben als Kinderzahnpasten, aber mild und kindgerecht schmecken. Ihr Kind kann sich natürlich schon länger die Zähne alleine putzen. Aber Zahnärztemachen immer wieder darauf aufmerksam, dass Kinder erst im Laufe der Grundschulzeit motorisch in der Lage sind, sich die Zähne selbstständig ganz korrekt zu reinigen. Bitte kontrollieren Sie ab und zu nach! Wichtig ist die richtige Technik: So sollten die Kauflächen Zahn für Zahn nach vorwärts und rückwärts geschrubbt, dann die Außenflächen mit kreisförmigen Bewegungen gereinigt und schließlich die Innenflächen – in Richtung vom Zahnfleisch zum Zahn – mit senkrechten Bewegungen „ausgebürstet“ werden. Der ganze Vorgang sollte drei Minuten dauern. Stellen Sie eine Sand- oder Eieruhr ins Badezimmer, das wird Ihrem Kind das Einhalten der drei Minuten erleichtern. Danach sollten Sie auf jeden Fall kontrollieren und eventuell nachputzen. Der nächste Zahnwechsel steht mit neun Jahren an, dann werden die seitlichen Schneidezähne ausfallen und durch bleibende ersetzt werden. Zwischen dem 12. und dem 13. Lebensjahr kommen die Eckzähne und die ersten Backenzähne. Weisheitszähne wachsen meist im Alter zwischen 16 und 20 Jahren. 13
Der Zahnwechsel markier t den Abschied von der Kleinkindphase. Für Kinder ist besonders der erste Zahnwechsel mit etwa sechs Jahren ein wichtiger Entwicklungsschritt. Es ist die Zeit, in der das kleine Kind zum großen, zum Schulkind wird. Die ersten wackelnden Zähne können zwar auch verunsichern und nerven, aber meistens sind Kinder sehr stolz auf ihr neues Gebiss und können über die Lücken lachen. Die großen Zähne sehen in den kleinen Kindergesichtern oft ein wenig eigentümlich aus. Die Zähne haben schon ihre bleibende Größe, der Kopf des Kindes muss noch wachsen. Es dauert also noch ein paar Jahre, bis sich Kopf- und Kiefergröße und die neuen Zähne zu einem harmonischen Ganzen verbunden haben. Manchen Kindern erleichtert die sogenannte Zahnfee den neuen Entwicklungsschritt. Da der Zahnwechsel auch den beginnenden Abschied von der Kleinkindzeit bedeutet und mit der Schule mehr und mehr Pflichten auf Ihr Kind zukommen, ist die Zahnfee ein willkommenes Zauberwesen aus einer anderen Welt: Sie erleichtert Ihrem Kind den Übergang, indem sie noch einmal an die magische Phase anknüpft, die Ihr Kind durchlebt hat und deren Ende sich jetzt ankündigt. Wenn also Ihrem Kind ein Zahn ausgefallen ist, dann kann es ihn abends auf das Fensterbrett oder einen anderen festen Platz legen. Die Zahnfee kommt in der Nacht, nimmt den Zahn an sich und hinterlässt dafür einen Brief oder ein kleines (!) Geschenk. © Pezibear /Pixabay.com 14
Bitte die U9 VOR der NICHT VERGESSEN: Einschulungsuntersu chung machen lassen. Vorsorgeuntersuchung U9 Zwischen fünf und fünfeinhalb Jahren findet wieder eine Vorsorgeuntersuchung, die U9, statt. Wie immer untersucht der Kinderarzt die körperliche Entwicklung Ihres Kindes und kontrolliert, ob es sich weiterhin gut und gesund entwickelt. Bei der U9 werden erneut das Gewicht, die Körpergröße und der Kopfumfang Ihres Kindes gemessen. Die Ärztin kontrolliert Blutdruck, Urin und Zähne Ihres Kindes, ebenso wie Gehör und Sehvermögen. Außerdem wird Ihr Kind auf seine Geschicklichkeit hin getestet: Bestimmte Bewegungsabläufe wie das Hüpfen auf einem Bein zeigen, wie weit Ihr Kind in seiner Körperbeherrschung fortgeschritten ist. Der Arzt wird auch wissen wollen, wie gut Ihr Kind sprechen kann: Dazu stellt er ihm Fragen oder zeigt Ihrem Kind Bilder, die es benennen soll. Ein besonderes Augenmerk gilt der geistigen und seelischen Reife Ihres Kindes. Darüber wird sich die Ärztin ein Bild machen, indem sie Ihr Kind beobachtet und mit ihm spricht. Aber auch an Sie hat sie möglicherweise Fragen: Etwa ob sich Ihr Kind alleine ausund anziehen kann, ob es eher ruhig oder eher wild ist, wie es sich im Kindergarten zurechtfindet. Beobachten Sie im Vorfeld ruhig einmal Ihr Kind und machen Sie sich Notizen, wenn Sie etwas unsicher macht oder Sie Fragen haben. Die U9 ist nämlich die letzte Vorsorgeuntersuchung vor der Einschulung. Nehmen Sie auch dieses Mal wieder das Impfbuch mit und lassen Sie überprüfen, ob noch Impfungen ausstehen. 15
ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 FSC www.'9c.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 D !l;l'\'~rlil(.'h $ s r @!$1lillii ~ CnlJ ~) ru, n1 iht 1 Acl 1 \,Jnr l StJ..Ci.1 1 L°' B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Erziehungsberatungsstellen Beratungsstellen finden Sie in fast jederStadt. Qualifizierte Fachkräfte beraten Sie dortkostenlos. Eine regionale Übersicht finden Sie unter: www.erziehungsberatung.bayern.de Im nächsten Elternbrief: – Ihr Kind verändert sich – Kinder brauchen Ehrlichkeit – Lernen im Kindergarten: Medienerziehung – Rund um die Schule: Einschulungsuntersuchung, Schuleinschreibung, der erste Elternabend, zu Besuch in der Schule – Was braucht mein Kind für die Schule? Erstausstattung und finanzielle Hilfen – In welche Schule kommt mein Kind? – Ich schlaf heut‘ woanders! – Die Großfamilie – Sprachstörungen – Infos & Anlaufstellen Die Elternbriefe werden gefördert durch: 21 Herausgegeben vom Zentrum Bayer n Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202121
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