Elternbrief Nr. 1 Extra - Krippenleitfaden

Briefe EXTRA B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Ab wann in die Kinderkrippe? Die Autorinnen: Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll und Dr. Monika Wertfein Staatsinstitut für Frühpädagogik Ministerialdirigentin Johanna Huber und Dr. Dagmar Berwanger Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales Fremdbetreuung ja oder nein? Und wenn ja, ab wann? Wie so oft gibt es auf diese Fragen keine einfachen Antworten. Eltern müssen für sich und ihr Kind selbst herausfinden, was der passende Weg ist. Mit diesem „Elternbrief EXTRA“ möchten wir Ihnen, liebe Eltern, eine Entscheidungshilfe geben. Leitlinien für Kinderkrippe & Tagespflege Entscheidungshilfe für Eltern I. Wann ist der beste Zeitpunkt für den Eintritt in die außerfamiliäre Betreuung? Den besten Zeitpunkt für den Eintritt in die Kinderkrippe oder Kindertagespflege gibt es nicht, es kommt auf das Kind z. B. sein Temperament) und seine Familie z. B. berufliche Planung, familiäre Unterstützung) an. Im ersten Lebensjahr baut das Kind die ersten Bindungsbeziehungen zu seinen Eltern auf und braucht besonders intensive Pflege und Fürsorge durch beständige feinfühlige Bindungspersonen in einem vertrauten Umfeld. Kinder in diesem Alter brauchen verlässliche Beziehungen und Tagesstrukturen.

Insbesondere zwischen dem 7. und 18. Lebensmonat zeigen einige Kinder das sog. „Fremdeln“. Das Kind kann dann nur durch den Körperkontakt zur Hauptbindungsperson (meist Mutter oder Vater) beruhigt werden. Den Kindern fällt vielfach der Übergang von der Familie in die außerfamiliäre Betreuung schwer. Die Umstellung wird durch eine behutsame Vorbereitung ( z. B. durch Schnuppertage) und eine meist längere, fachlich fundierte Eingewöhnungsphase gemeistert. Den Bedürfnissen mancher Kinder können aber möglicherweise familiennahe Betreuungsformen besser gerecht werden, als dies in größeren Gruppen in der Kinderkrippe oder in altersgemischten Einrichtungen möglich ist. Grundsätzlich stellt außerfamiliäre Betreuung immer eine Ergänzung der elterlichen Betreuung dar, denn das Kind entwickelt zu der Person die primäre Bindung, die sich am meisten um es kümmert. Jede Betreuung durch nicht vertraute Personen bedarf daher einer individuellen Eingewöhnung. Allgemeine Kriterien für Ihre Entscheidung, Ihr Kind in der Krippe oder Tagespflege betreuen zu lassen: • Ihr Kind ist durch kurzzeitige Trennungssituationen nicht auffallend gestresst. • Ihr Kind verhält sich im Umgang mit anderen Kindern aufgeschlossen und offen ( z. B. auf dem Spielplatz). • Ihr Kind ist den Umgang mit anderen Kindern gewöhnt (z. B. Geschwisterkinder, Mutter-Kind-Gruppen). • Ihr Kind kann sich auf neue Situationen einstellen ( z. B. verhält sich neugierig, orientiert sich an anderen Kindern). • Bei Ihnen als Eltern besteht die Bereitschaft, sich zeitweise von Ihrem Kind zu trennen, es in dieser Zeit in die Obhut einer anderen ihm vertrauten Person zu geben. • Sie haben eine positive Einstellung gegenüber außerfamiliärer Tagesbetreuung. 2

Hinweise für eine familienähnliche Betreuung könnten sein: • Ihr Kind hat beispielsweise ein Problem mit Kindergruppen, es ist übermäßig lärmempfindlich und auffallend schüchtern und introvertiert ( z. B. hat es Angst vor anderen Kindern). • Ihr Kind war beispielsweise in der vergangenen Zeit übermäßig belastet ( z. B. häufiger Krankenhausaufenthalt, lang anhaltende Krankheit, Tod oder Trennung von Bezugspersonen). • Sie benötigen individuell flexibel zu vereinbarende Betreuungszeiten für Ihr Kind. Die Auswahl der geeigneten Betreuungsform richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen der gesamten Familie - des Kindes und der Eltern. II. Worauf ist bei der Auswahl der Krippe bzw. Tagespflege zu achten? Kriterien für die Auswahl der Krippe bzw. Tagespflege: • Es besteht ein Angebot für Schnuppertage für neue Kinder und deren Eltern, um sich vorab kennenzulernen. • Die Fachkraft bzw. die Tagespflegeperson kann auf die individuellen Bedürfnisse Ihres Kindes angemessen eingehen. • Es herrscht eine positive Atmosphäre in der Einrichtung oder in der Tagespflegestelle (auch Sie als Eltern fühlen sich dort wohl). • Der Tagesablauf für die Kinder wird flexibel gestaltet (z. B. es wird angemessen darauf reagiert, wenn Ihr Kind früher müde oder hungrig wird). • Die Einrichtung oder Tagespflegestelle verfügt über eine hohe Betreuungsqualität, d. h. es besteht eine enge emotionale Beziehung zwischen dem Kind und seinen Bezugserzieherinnen. • Die pädagogische Fachkraft bzw. Tagespflegeperson verfügt über die notwendigen Kompetenzen, eine qualifizierte Bildungsbegleiterin des Kindes zu sein (z. B. geht sie auf die Fragen des Kindes ein und spricht viel mit ihm, greift seine Interessen auf, unterstützt es 3

beim Erkunden, stärkt entwicklungsangemessen seine Kompetenzen, geht feinfühlig auf seine Bedürfnisse ein, stellt eine positive Gruppenatmosphäre her, tauscht sich partnerschaftlich mit den Eltern aus). • Es gibt z. B. ausreichend Platz für Bewegung, Rückzugsmöglichkeiten für die Kinder, anregungsreiche Materialien auf Augenhöhe des Kindes und damit eine gute Lernumgebung. • Die Eingewöhnung wird einfühlsam und individuell geplant und vorgenommen. Jede Betreuung durch nicht vertraute Personen bedarf der Eingewöhnung. Fremde Umgebungen und Personen sowie die Trennung von der primären Bindungsperson (= Mutter oder Vater) können beim Kleinkind Stress erzeugen. Das Kleinkind muss sich an die neue Umgebung der Kinderkrippe bzw. Tagespflegestelle gewöhnen und Vertrauen in seine neue pädagogische Bezugsperson aufbauen. Dieser Prozess der Eingewöhnung erfordert Zeit, Geduld und einen regelmäßigen Austausch zwischen Eltern und pädagogischer Bezugsperson, um den jeweiligen Bedürfnissen des Kindes möglichst gerecht werden zu können. Denn: Jedes Kind ist anders! 4

Die Eingewöhnung in eine außerfamiliäre Betreuung (Krippe und Tagespflege!) geschieht über einen Zeitraum von 4-6 Wochen elternbegleitet, bezugspersonenorientiert und abschiedsbewusst. Sie wird gemeinsam mit den Eltern geplant und durchgeführt: Elternbegleitet: In Anwesenheit seiner primären Bindungsperson lernt das Kind die fremde Umgebung der Krippe ganz allmählich durch regelmäßige kurze Besuche kennen. Die familiäre Bezugsperson dient dem Kind dabei als sichere Basis, von der aus es die neue Umgebung erkundet und zu der es bei Stress zurückkehrt, um sich wieder zu beruhigen. Bezugspersonenorientiert: In der Kinderkrippe bekommen das Kind und seine Familie eine Bezugspädagogin (und eine verlässliche Vertretung) zugewiesen. Diese plant mit der Familie die Eingewöhnung und nimmt sich während der Eingewöhnung Zeit für das Kind und seine Eltern und beginnt, eine Beziehung zu diesem Kind aufzubauen. Abschiedsbewusst: Nach den Bedürfnissen des Kindes werden in der zweiten Phase der Eingewöhnung kurze Abschiede der Mutter oder des Vaters ausprobiert. Der Elternteil verabschiedet sich von dem Kind und entfernt sich für kurze Zeit und kommt wieder. So lernt das Kind, dass zum Abschied die zuverlässige Wiederkehr des Elternteils dazugehört. Weiterführende Informationen finden Sie in den vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales herausgegebenen Broschüren „Stark durch Bindung. Tipps zur elterlichen Feinfühligkeit in den ersten drei Lebensjahren.“ und „Bildung und Betreuung in der Kindertagespflege. Informationen für Eltern mit Fluchterfahrung“. 5

Verschiedene Betreuungsmöglichkeiten Allgemeine Informationen zu Kinderbetreuungsmöglichkeiten Wenn Sie sich für eine Kindertagesbetreuung entscheiden, stellt sich für Sie die Frage, wie Sie den für Ihr Kind richtigen Platz finden. Sie wollen nicht irgendeine Aufbewahrung, Sie brauchen einen Platz, an dem Sie Ihr Kind gut aufgehoben und gefördert wissen. Denn nur dann können Sie beruhigt Ihrer Arbeit nachgehen. Erste Anlaufstelle ist Ihre Wohnortgemeinde. Dort können Sie klären, welche Art der Betreuung für Sie und Ihr Kind am besten geeignet ist und welche Plätze zur Verfügung stehen. Dort erhalten Sie auch Antwort auf Ihre Fragen nach Anmeldefristen, nach der Höhe der Elternbeiträge oder nach der Wegstrecke zwischen Wohnung und Einrichtung. Zur Auswahl stehen jeweils in kommunaler, freier oder sonstiger Trägerschaft (z. B. Elterninitiativen oder Betrieben): • Tagespflege (Tagesmutter /Tagesvater) • Großtagespflege • Kinderkrippen • Häuser für Kinder und altersgeöffnete Kindergärten, jeweils in kommunaler, freier oder sonstiger Trägerschaft (z. B. Elterninitiativen oder Betrieben) Tagespflege ist eine besonders familiennahe Betreuungsform, denn dort werden von der Tagesmutter oder dem Tagesvater gleichzeitig maximal fünf Kinder betreut. Die Betreuung findet meist in der Wohnung der Tagespflegeperson statt. Die Betreuungszeiten werden individuell vereinbart, so dass Sie Ihr Kind unter Umständen schon früh morgens bringen oder es auch einmal über Nacht dort lassen können. Bei der Großtagespflege arbeiten zwei bis drei Tagespflegepersonen in meist angemieteten Räumen zusammen. Es werden maximal zehn Kinder gleichzeitig betreut. Über eine Ersatzbetreuung ist bei Krankheit oder Urlaub einer der Tagespflegepersonen eine regelmäßige Betreuung der Kinder gewährleistet. Die Kosten für einen Ganztagesplatz in der Tagespflege sind regional unterschiedlich. Wer unter eine bestimmte Einkommensgrenze fällt, kann beim zuständigen Jugendamt einen Antrag auf Übernahme der Kosten stellen. 6

für Eltern sind geDie Kosten staffelt In Kindertageseinrichtungen sind pädagogische Fachkräfte tätig. Sie arbeiten verbindlich nach dem Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan auf der Basis entwicklungspsychologischer und pädagogischer Konzepte. Je nach Ausgestaltung handelt es sich um Einrichtungen, die nur Kinder unter drei Jahren aufnehmen oder altersgemischt betrieben werden. Kindertageseinrichtungen haben in der Regel feste Öffnungszeiten und legen Wert auf eine Vernetzung mit anderen Kindertageseinrichtungen, Schulen, Elternberatungsstellen, Frühförderstellen. Die Größe der Einrichtungen variiert von der eingruppigen Kinderkrippe mit in der Regel 12 Plätzen bis zur mehrgruppigen altersgemischten Einrichtung mit zum Teil bis zu 200 Kindern. Die Elternbeiträge sind entsprechend der Buchungszeit gestaffelt. Wie bei der Tagespflege können auch die Kosten für einen Krippenplatz – egal ob kommunal, freigemeinnützig oder privat – je nach Einkommen vom Jugendamt ganz oder teilweise übernommen werden. Wichtige Anhaltspunkte für die Auswahl einer Kindertageseinrichtung finden Sie ab Seite 3. Neben den gemeindlichen Einrichtungen gibt es auch Krippen oder Krabbelstuben, die von anderen Trägern betrieben werden, etwa von Wohlfahrtsverbänden, Elterninitiativen oder privaten Unternehmen. Dementsprechend verschieden sind die Schwerpunkte der Bildungs- und Erziehungsarbeit. Ob Tagespflege oder Kindertageseinrichtung, die Qualität der Betreuung wird über die Aufsicht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gewährleistet. Einrichtungen verfügen über eine Betriebserlaubnis von Bezirksregierung bzw. Jugendamt, Tagesmütter und -väter benötigen vom Jugendamt eine Pflegeerlaubnis. 7

D FSC www.'9c.org Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Sozia les MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber "BAER", www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Kinderbetreuung Wenden Sie sich dazu an Ihr örtliches Jugendamt. Auch die Webseiten der Jugend- und Landratsämter informieren über die Möglichkeiten und Verfügbarkeiten der Einrichtungen in Ihrer Stadt oder Ihrem Landkreis. Die Elternbriefe werden gefördert durch: Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202100

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