Briefe Freudig oder ängstlich ? B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T 14 INHALT Abschied und Aufbruch Sie haben Ihr Kind im Kindergarten angemeldet und bald geht es los – in Ihrer Familie stehen große Veränderungen an. Sicher sind Sie alle etwas aufgeregt! Das darf auch so sein, schließlich beginnt nun die schrittweise Loslösung Ihres Kindes weg von Mama und Papa – hinein in einen ganz eigenen Lebensbereich. Sie als Eltern werden stolz sein, aber vielleicht auch ein bisschen ängstlich und wehmütig. Erst kommt der Kindergarten, später die Schule und dann… Aber bis dahin wird noch viel passieren. Jetzt ist Ihr Kind erst einmal ein Kindergartenkind. Herzlichen Glückwunsch zum nächsten Schritt im Leben! Endlich hat das Warten ein Ihr Kind auf den großen Tag vorAlter: 3 Jahre 1 Kindergartenstart 4 Der Alltag ändert sich 5 Spielzeug ab 3 7 Papa wohnt jetzt woanders 9 Nach der Trennung 12 Die Adoptivfamilie 13 Adoption als Ausweg 14 Was bedeutet Adoption? 15 Vorsorgeuntersuchung U7a Ende. Morgen fängt der Kindergarten an. Ist Ihr Kind aufgeregt und möchte am liebsten schon morgens um sieben aus dem Haus? Oder ist es ängstlich und kommt gar nicht aus den Federn? In den letzten Wochen haben Sie bereitet. Sie sind vielleicht öfter einmal am Kindergarten vorbeigegangen, haben auch die Schnupperstunden genutzt, sodass sich Ihr Kleines in „seinem“ Kindergarten umschauen, vielleicht auch schon ein bisschen mitspielen
Nicht alle Kinder fühlen sich gleich im Kindergar ten wohl. konnte. Durch Aktionen wie diese ist der Kindergarten immer mehr ins Bewusstsein Ihres Kindes gerückt. Trotzdem ist an diesem Tag alles anders. In dem Moment, in dem Sie den Raum verlassen wollen, wird Ihr Kind möglicherweise weinen. Vielleicht klammert es sich an Sie und will gar nicht loslassen. Gehen Sie auf Augenhöhe zu Ihrem Kind und sprechen Sie mit ihm, erklären Sie ihm, dass Sie jetzt eine Weile weggehen, aber bald wiederkommen, um es abzuholen. Im Idealfall ist die Erzieherin in der Nähe, die Ihnen jetzt in dieser Situation zur Seite © Ionznt / Pixabay.com stehen wird. Sie wird Ihr Kleines in den Arm nehmen und trösten. Und Sie sollten dann auf jeden Fall gehen. Langes Hinauszögern verursacht bei Ihrem Kind und möglicherweise auch Ihnen nur unnötigen Trennungsschmerz! Die Eingewöhnungsphase ist bei jedem Kind anders. Während sich das eine vom ersten Tag an im Kindergarten wie zu Hause fühlt und seiner Mama keine Tränen nachweint, klammert sich das andere heftig schluchzend an Papas Hosenbein und will es gar nicht loslassen. In jedem Fall sollten Sie ein, zwei, vielleicht auch drei Wochen Eingewöhnungszeit einplanen. Es ist also ungünstig, Ihren ersten Arbeitstag mit dem Kindergartenbeginn zusammenzulegen. Denn vielleicht läuft es ja nicht so wie geplant. Nehmen Sie sich Zeit. Je sanfter der Einstieg, umso besser für Ihr Kind. – In den meisten Kindergärten ist es üblich, dass neue Kinder in den ersten Tagen nur wenige Stunden dort verbringen und von den Eltern entsprechend früher abgeholt werden. Seien Sie pünktlich und zuverlässig. Damit geben Sie Ihrem Kind die Sicherheit, die es braucht. – Bleiben Sie anfangs noch einige Zeit da: So hat Ihr Kind ei2
Bleiben Sie konsequent! nen sanften Übergang in die neue Situation. Versuchen Sie in dieser Zeit, Ihr Kind in ein Spiel mit anderen Kindern oder einer Erzieherin einzubinden. – Wichtig ist, nach dem Bringen konsequent zu gehen. Weint Ihr Kind, trösten Sie es liebevoll, aber gehen Sie trotzdem. Bitten Sie in schwierigen Situationen einen Erzieher, sich um Ihr Kind zu kümmern. – Führen Sie ein kleines Abschiedsritual ein: Bleiben Sie beim Ausziehen der Jacke und beim Anziehen der Hausschuhe noch da, begleiten Sie das Kind vor den Gruppenraum, winken Sie noch mal und gehen dann. – Ein kleiner Talisman kann Ihrem Kind den Rücken stärken, wenn es sich im Kindergarten einmal nicht so glücklich fühlt: Vielleicht ein bunter Glasstein oder ein Figürchen, also etwas, das Sie mit „magischen Kräften“ ausstatten können und das in die Hosentasche passt. – Geben Sie ihrem Kind nicht die Möglichkeit, jeden Morgen zu entscheiden, ob es in den Kindergarten gehen möchte oder nicht. Je verbindlicher der Kindergarten ist, desto leichter wird es sich eingewöhnen. – „Heute bringt dich mal der Papa“ (oder die Mama). Abwechslung tut manchmal gut. – Oft fällt den Eltern selbst die Trennung schwer. Kinder spüren das und können sich umso schwerer lösen. – Fragen Sie Ihr Kind beim Abholen, wie es im Kindergarten war. Rechnen Sie aber nicht unbedingt mit einem ausführlichen Bericht. Was Ihr Kind Ihnen erzählen will, fällt ihm oft erst später wieder ein. Schenken Sie ihm auch dann Ihre Aufmerksamkeit. – Nutzen Sie das Gespräch mit Erzieherin oder Erzieher. Der gute Draht zu ihnen stärkt Ihrem Kind den Rücken. So erfahren Sie aus erster Hand, wie es Ihrem Kind geht, wie gut es sich in die Gruppe einfügt, oder ob es möglicherweise Probleme gibt. – Zeigen Sie Interesse und gehen Sie zu den Elternabenden. Hier erfahren Sie Neuigkeiten, können Einfluss nehmen, lernen die Erzieherinnen und andere Eltern kennen. 3
Schon vor dem Kindergar tenstar t den Zeitablauf in der Familie umstellen. Der Alltag ändert sich Wenn Ihr Kind in den Kindergarten kommt, verändert sich der Alltag der ganzen Familie, besonders wenn Sie Ihr Kind bislang zu Hause betreut haben. Wenn es vormittags den Kindergarten besucht, muss es zeitig aufstehen und sich mehr oder weniger zügig fertig machen. Das ist vor allem für Langschläfer-Kinder nicht einfach. Es ist sinnvoll, schon einige Wochen vor dem Kindergartenstart mit der zeitlichen Umgewöhnung zu beginnen: Wecken Sie Ihr Kind jeden Tag ein wenig früher auf und bringen Sie es auch entsprechend früher zu Bett, damit es langsam in den neuen Rhythmus hineinwächst. Vielleicht müssen auch Sie Ihre innere Uhr entsprechend umstellen! Jedenfalls ist es gut möglich, dass das Frühstück und die morgendlichen Abläufe wie Duschen und Anziehen etwas länger dauern als gewohnt. Planen Sie also in jedem Fall genügend Zeit ein, damit möglichst wenig Hektik entsteht. Wenn Ihr Kind vom Kindergarten nach Hause kommt, wird es vielleicht müde oder erschöpft sein, vielleicht ist es auch besonders aufgedreht. Es hat einen halben Tag oder länger mit anderen Kindern verbracht, ist herumgetobt, war gefordert und hat viele Anregungen bekommen. Was es zu Hause braucht, sind in erster Linie Ruhe und Geborgenheit, nicht aber weitere Aktionen. Schon der Einkauf im Supermarkt gleich nach Kindergartenschluss kann manch sensiblen Dreijährigen überfordern. Soweit es mit Ihren Aufgaben vereinbar ist, gönnen Sie Ihrem Kind jetzt Zeit mit sich und mit Ihnen. Wenn Ihr Kind bereits eine Krabbelstube besucht hat oder von Tagesmutter oder -vater betreut wurde, ist die Umstellung auf den Kindergarten nicht gar so groß. Aber auch dann erlebt Ihr Kind eine neue Situation, ist mit viel mehr Kindern und mit Kindern, die es noch nicht kennt, in einer Gruppe, hat eine neue Erzieherin, bewegt sich in einem neuen Umfeld. 4
mit oder ohne Fahrrad Stützen? Spielzeug ab 3 Ihr Kind ist jetzt schon ein großes „Spielkind“. Mehr und mehr kann es sich alleine beschäftigen. Sei es, dass es hingebungsvoll baut und bastelt, oder dass es sich in ein Rollenspiel vertieft. Die ersten Babyspielsachen haben Sie wahrscheinlich schon beiseite geräumt. Ihr Kind braucht jetzt anderes Spielzeug, das es in seiner Entwicklung fördert und ihm Spaß macht. Der Tretroller ist für Kinder ab drei Jahren geeignet. Mit ihm kann Ihr Kind seinen Gleichgewichtssinn trainieren. Die meisten Kinder haben nach kurzer Zeit den Dreh raus und können selbst das Gleichgewicht halten. Deshalb ist es wichtig, die Verkehrserziehung, die Sie mit Ihrem Kind schon seit geraumer Zeit durchführen, zu verstärken. Stellen Sie ganz klare Regeln auf: Nur auf dem Bürgersteig fahren, nicht alleine um die Ecke biegen und Rücksicht auf andere Fußgänger nehmen. Und natürlich darf Ihr Kind nur mit Helm lossausen! Im nächsten Schritt kann Ihr Kind auf ein kleines Fahrrad ohne Stützräder umsteigen. Stützen würden nur einen Rückschritt bedeuten. Das mühelos erlernte Halten des Gleichgewichts ginge so schnell wieder verloren. Wenn ein Kind allerdings statt mit Laufrad oder Roller mit einem Dreirad begonnen hat, weil dieses am Anfang einfacher zu fahren ist, dann empfiehlt sich der Umstieg auf ein Fahrrad mit Stützrädern. Der Gleichgewichtssinn muss dann erst noch trainiert werden. Es ist nicht sinnvoll, alles Fahrbare anzuschaffen und für Ihr Kind einen kleinen „Fuhrpark“ anzulegen. Überlegen Sie gut, welches Gefährt für Ihr Kind jetzt das Richtige ist. Am Spielplatz, bei Freunden oder im Kindergarten ergeben sich genug Gelegenheiten, auch andere Fahrzeuge auszuprobieren. Spielzeugautos sind bei Dreijährigen schon sehr beliebt. Achten Sie aber darauf, dass diese nicht zu klein und empfindlich sind, damit keine Teile abfallen, die dann möglicherweise verschluckt werden können. Interessant ist auch ein sogenannter „Verkehrsteppich“. Das ist ein Teppich oder eine Stoffbahn, auf die Straßen und Verkehrszeichen aufgemalt sind: Das Kind kann mit seinen Autos auf diesen Straßen entlangfahren und lernt so spielerisch etwas über die Verkehrsre5
geln – vorausgesetzt Sie spielen mit und erklären ihm die Zeichen. Die Geschicklichkeit Ihres Kindes fördern Sie mit Steckspielen und Nagelspielen; Puzzles fördern neben der Geschicklichkeit auch noch die Kombinationsfähigkeit. Konzentration ist beim Memory-Spiel gefragt. Hierbei muss man aus einer Menge verdeckter Kärtchen zwei gleiche zusammenfinden. Sie können mit wenigen Memory-Paaren beginnen und das Spiel entsprechend den Fähigkeiten Ihres Kindes aufstocken. Würfelspiele (mit Farbwürfeln) können jetzt ebenfalls schon nach und nach gespielt werden – vorausgesetzt, Sie als Eltern spielen mit Ihrem Kind. Zwei Kinder mit knapp drei Jahren werden damit noch nicht zurechtkommen. Mit solchen Spielen lernt Ihr Kind, Regeln einzuhalten und zu akzeptieren, es lernt zu gewinnen und zu verlieren. Manchmal wird es ärgerlich oder wütend werden, wenn es verliert, und doch ist es ein wichtiger Lernschritt für sein weiteres Leben. Für Rollenspiele gibt es unterschiedliches Zubehör, je nach Interessen und Vorlieben Ihres Kindes: ein Puppenhaus mit Zubehör zum Beispiel oder einen Zoo aus verschiedenen Tierfiguren. Solch aufwendiges Spielzubehör muss nicht neu gekauft werden: Viele Eltern sind froh, wenn sie für die Spielsachen, aus denen ihre Kinder herausgewachsen sind, noch ein paar Euro bekommen. Manches lässt sich mit ein wenig Fantasie auch selber herstellen: Ein Zoo zum Beispiel kann auch gut mit selbst bemalten Tieren, die auf Pappe geklebt wurden, ausgestattet werden. Die Bücher, die Ihr Kind jetzt gerne vorgelesen bekommt, können schon ein wenig mehr Text haben als noch vor einem Jahr. Hörspiele und Kinderlieder auf CD sind ebenfalls sehr willkommen, sollten aber nicht zu Dauerberieselung führen. Achten Sie auch immer auf die Altersangaben der Herausgeber, damit Sie Ihr Kind nicht überfordern. Und noch eins: Ihr Kind braucht nicht alle Spielsachen, die hier genannt sind. 6
Erklären Sie Papa wohnt jetzt woanders Trennung und Scheidung sind in unserer Gesellschaft zu etwas fast Alltäglichem geworden. Obwohl eine Trennung für beide Partner durchaus die richtige Lösung sein kann, ist sie dennoch ein einschneidendes und belastendes Ereignis, und zwar für alle Beteiligten. Wenn eine Trennung oder Scheidung bevorsteht, sollten Sie möglichst beide mit Ihrem Kind sprechen. Erklären Sie ihm, dass Sie als Paar nicht mehr zusammen sein möchten, dass Sie aber beide seine Eltern bleiben, es lieb haben und sich kümmern werden. Kinder dieses Alters empfinden sich noch sehr als Mittelpunkt der Welt: Was auch passiert, so denken sie, hat mit ihnen zu tun. Darum glauben viele Kinder, dass sie schuld sind an der Trennung ihrer Eltern: Weil sie ihr Zimmer nicht aufgeräumt haben oder ungezogen waren zum Beispiel. Darum ist es wichtig, Ihrem Kind zu erklären, dass diese Trennung nichts mit ihm zu tun hat – und dass sie auch nicht zu ändern ist. Viele kleine Kinder versuchen in der Krise durch Wohlverhalten oder auch durch Aggression die Eltern wieder zusammenzubringen. Das ist eine viel zu große Last für ein so kleines Kind. Nehmen Sie ihm diese ab, indem Sie erklären, dass so eine Trennung eine Sache zwischen ErIhrem Kind, dass es keine Schuld an der Trennung hat! © congerdesign / Pixabay.com 7
Sorgen Sie für möglichst viel Normalität im Alltag! wachsenen ist, die das Kind nicht rückgängig machen kann. Warten Sie nicht zu lange, mit Ihrem Kind über die Trennung zu reden. Es hat feine Antennen und spürt die Spannungen ohnehin. Wenn es keine Erklärung dafür hat, wird es noch mehr verunsichert. Erklären Sie Ihrem Kind, was sich zukünftig ändern wird, aber betonen Sie ganz besonders, was an Gewohntem genauso bleiben wird wie bisher. Möglicherweise wird Ihr Kind nach der Trennung sehr klammern, vor allem an den Elternteil, der im Alltag mit ihm zusammenlebt: Es hat Verlustängste. Manchmal nässen Kinder auch wieder ein und verlangen nach dem Schnuller – Verhaltensweisen, die zeigen sollen, dass doch alles wieder so wie früher sein soll. Sehen Sie solche Reaktionen Ihres Kindes nicht als Störung an, sondern als das starke Bemühen, mit einer sehr schwierigen und veränderten Situation fertig zu werden. Bemühen Sie sich, Ihrem Kind möglichst viel gefühlsmäßige Unterstützung zu geben und vor allem für eine verlässliche, tägliche Routine zu sorgen. Kinder brauchen das Gefühl von Beständigkeit. Zu viele Veränderungen überfordern gerade in dieser Situation Ihr Kind. Auch wenn es noch so schwer fällt, verzichten Sie bei Ihrem Kind auf Kritik am anderen Elternteil. Für eine gesunde Entwicklung ist es notwendig, dass Kinder beide Elternteile achten können. Versuchen Sie nicht, vor Ihrem Kind als der bessere Elternteil dazustehen. Zwingen Sie es nicht, für Sie und gegen den anderen Elternteil Partei zu ergreifen. Versuchen Sie, sich in die Lage Ihres Kindes hineinzuversetzen und die ganze Situation einmal mit seinen Augen zu betrachten. Vielleicht verstehen Sie nun, warum es gerade jetzt Ihre gesamte Zuwendung und Aufmerksamkeit benötigt. Wie Kinder langfristig mit der Trennung und Scheidung ihrer Eltern fertig werden, ist weniger von der Tatsache der Trennung selbst abhängig, sondern hauptsächlich von den Bedingungen vor und nach der Trennung. 8
Große Dinge gemeinsam entscheiden! Nach der Trennung Im Falle einer Trennung oder Scheidung ist es für die Eltern besonders wichtig, darüber Bescheid zu wissen, was künftig mit den Kindern geschehen soll. Rechte und Pflichten sind vom Gesetzgeber zwar genau geregelt, trotzdem sind individuelle Lösungen möglich. Das Sorgerecht Vorausgesetzt es sprechen keine gewichtigen Gründe dagegen, geht der Gesetzgeber bei verheirateten Paaren vom gemeinsamen Sorgerecht aus. Unverheiratete Paare können, wenn sie sich einig sind, das gemeinsame Sorgerecht wählen. Was das heißt? Beim gemeinsamen Sorgerecht müssen alle wichtigen, die Kinder betreffenden Entscheidungen von den Eltern gemeinsam getroffen werden. Kleinere Entscheidungen, etwa ob Ihr Kind zum Kindergeburtstag gehen darf oder nicht, trifft der Elternteil, bei dem das Kind hauptsächlich lebt. Wohnsitz und Umgang In der gerichtlichen Entscheidung oder in der Einigung zwischen den Eltern wird festgelegt, wo das Kind hauptsächlich lebt und wann es sich beim anderen, getrennt lebenden Elternteil aufhält. Auch der Wechsel von einem zum anderen Elternteil ist möglich. Hat ein Elternteil das alleinige Sorgerecht, so steht ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu. Der andere, getrennt lebende Elternteil hat das Recht auf Umgang, das heißt das Recht, sein Kind regelmäßig zu sehen. Ebenso hat das Kind das Recht, Vater oder Mutter, wenn es nicht mit ihnen zusammenlebt, regelmäßig zu sehen und Zeit mit ihm oder ihr zu verbringen. Für Kinder ist der Kontakt zu beiden Elternteilen wichtig. Ebenso wichtig ist es, dass der Umgang mit dem „anderen“ Elternteil möglichst klar geregelt ist und es darum möglichst weni9
Nehmen Sie Beratung in Ankostenlose spru ch . ge Auseinandersetzungen zwischen den Eltern gibt. Der Umgang sollte für das Kind verlässlich geregelt sein. Auch wenn Sie einander als Partner verletzt haben – Sie werden doch beide immer Eltern bleiben und das Beste für Ihr Kind wollen. Hier finden viele Elternpaare ihre individuellen Lösungen. Manche teilen sich die Zeit mit ihren Kindern nahezu je zur Hälfte auf, bei anderen läuft es eher auf ein gemeinsames Wochenende im Abstand von zwei Wochen hinaus. Die Lösungen variieren auch, je nachdem, wie eng die Beziehung vom Kind zum getrennt lebenden Elternteil vor der Trennung war und wie viel Zeit die Eltern für ihre Kinder aufbringen können. Wenn Sie sich nicht einigen können, wie Sie den Umgang regeln wollen, lassen Sie sich beraten: Es gibt bei manchen Familiengerichten sogenannte Beratungsstellen bei Trennung und Scheidung, die auf solche Themen spezialisiert sind. Ebenso wird Ihnen das Jugendamt hier beratend zur Seite stehen. Ehe-, Familien und Lebensberatungsstellen sowie Erziehungsberatungsstellen können Sie bei der Regelung des Umgangs ebenfalls unterstützen. All diese Beratungsangebote sind kostenlos. Das Jugendamt berät natürlich auch in allen Unterhaltsfragen. Dort können Sie auch eine Unterhaltsbeistandsschaft beantragen. Der Unterhalt Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die früheren Ehepartner nach einer Scheidung wirtschaftlich für sich selbst verantwortlich sind. Vom Zeitpunkt der Trennung gerechnet hat der (noch) nicht oder geringfügig erwerbstätige Partner in der Regel ein Jahr lang Anspruch auf Unterhaltszahlungen. Kindesunterhalt muss in Was ist ein „bereinigtes Einkommen“? Als „bereinigtes Einkommen“ und die berufsbedingten Aufbezeichnet man das Einkom- wendungen abgezogen, ebenso men, das zur Unterhaltsberech- die etwaige Tilgung berücksichnung zur Verfügung steht. Dazu tigungsfähiger Schulden. werden vom Nettoeinkommen (Stand 2018) der Eigenbedarf (ca. 900 Euro) 10
kann UnterhaltsDas Jugendamt vorschuss gewähren. jedem Fall bezahlt werden. Wenn Sie sich eine Vorstellung davon machen möchten, wie hoch der Kindesunterhalt ausfallen wird, finden Sie im Internet die sogenannte „Düsseldorfer Tabelle“: Wenn Sie dort Ihr bereinigtes Einkommen (siehe Kasten) sowie das Alter des Kindes eingeben, erhalten Sie den ungefähr zu erwartenden Betrag. Es ist aber in jedem Fall sinnvoll, bei der Berechnung des Kindesunterhalts einen Anwalt oder das örtliche Jugendamt hinzuzuziehen, die sogenannte Beistandsschaft, um den Betrag genau festzulegen und auch entsprechend einzufordern. Wer plötzlich alleinerziehend ist, ist oft auf Unterstützung von außen angewiesen. Fällt dann in einer derartigen Situation vielleicht auch noch ganz oder teilweise die finanzielle Unterstützung des unterhaltspflichtigen Elternteils aus, drohen finanzielle Probleme. Mithilfe des Unterhaltsvorschusses lässt sich diese Situation bis zum vollendeten 18. Lebensjahr etwas abmildern. Unterhaltsvorschuss kann beim zuständigen Jugendamt beantragt werden. Das Jugendamt streckt den Unterhalt vor und holt sich das Geld dann beim säumigen Elternteil wieder. Wenn dieser kein Einkommen vorweisen kann, wird der Betrag gestundet und gegebenenfalls später eingefordert. Unterhaltsforderungen sollten möglichst schnell gestellt werden. Sie müssen genau beziffert sein, auch für die Kinder. Wichtig ist auch zu wissen, dass Unterhalt grundsätzlich nur für die Zukunft geschuldet wird. Unterhalt kann also nur dann rückwirkend verlangt werden, wenn die Forderung beim zahlungspflichtigen Partner geltend gemacht wurde. Dazu müssen Sie den Ehepartner „in Verzug setzen“. Die Berechnung von Unterhaltszahlungen ist sehr kompliziert und sollte auf jeden Fall von Fachleuten (zum Beispiel Fachanwälten für Familienrecht) durchgeführt werden. Wenn Sie kein Geld für einen Anwalt haben, können Sie beim für Sie zuständigen Amtsgericht gegen eine geringe Gebühr einen Rechtsberatungsschein beantragen. Damit können Sie ein erstes, kostenloses Informationsgespräch mit einem Anwalt Ihrer Wahl führen. 11
Adoptivkinder können anlehnungsbedür ftig und ablehnend zugleich sein. Die Adoptivfamilie Adoptivfamilien sind besondere Familien. Paare, die ein Kind adoptieren, haben oft einen langen und schwierigen Weg hinter sich, denn die Entscheidung, ein fremdes Kind als sein eigenes anzunehmen, ist weitreichend und bedeutet große Verantwortung. Im Interesse des Kindes müssen sich die Eltern im Vorfeld über ihre Gründe, Wünsche und Vorstellungen klar werden, sich auf ihre Eignung prüfen lassen und sich auch gegenüber ihrem Umfeld rechtfertigen. Auch die adoptierten Kinder sind in einer besonderen Situation. Sie haben schon einmal Eltern oder einen Elternteil verloren. Darum brauchen sie besonders viel Sicherheit und Zuwendung. Oft wechseln sie in ihrem Verhalten zwischen Anpassung und Ablehnung. Provokationen sind nicht selten ein unbewusster Versuch herauszufinden, ob die neuen Beziehungen auch wirklich tragfähig sind. Viele Kinder haben einen großen Nachholbedarf im Hinblick auf frühkindliche Erfahrungen. Sie brauchen Zärtlichkeit, Nähe und Zuwendung in besonderem Maße. Andererseits möchten sie sich auch ihrem Alter entsprechend verhalten und entwickeln. So kommt es gelegentlich zu starken Schwankungen in den Bedürfnissen nach Nähe und Distanz. Manche älteren Kinder haben Konzentrationsstörungen und Rückstände in der Sprachentwicklung, wenn sie in die Adoptivfamilie kommen. Mit Geduld und konstanter Unterstützung gehen diese Eingewöhnungsschwierigkeiten im Laufe der Zeit zurück. Inwieweit ein Kontakt zwischen Adoptiveltern und leiblichen Eltern gepflegt werden soll, ist abzuwägen. Die Adoptiveltern haben allerdings das Recht, gegenüber den leiblichen Eltern anonym zu bleiben. Welche Form für alle Beteiligten die richtige ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Die Adoptionsvermittlungsstelle des zuständigen Jugendamtes kann Sie beraten. Ein adoptiertes Kind sollte so früh wie möglich erfahren, dass es adoptiert wurde. Je jünger es ist, umso natürlicher wird es mit dieser Information umgehen. 12
elt In manchen Situatio Nicht jedes Baby wir in eine heile W hineingeboren. d kann deshalb die nen eine Lösun Adoption g Freigabe zur sein. Adoption als Ausweg Nicht immer kann ein Kind von den Eltern so gut versorgt werden, wie es nötig wäre. Manchmal ist auch ein weiteres Kind unterwegs und die Eltern sehen sich nicht in der Lage, auch für dieses Kind noch die Verantwortung zu übernehmen. Die Gründe, ein Kind zur Adoption freizugeben, sind vielfältig. Wenn Hilfsangebote wie etwa finanzielle Unterstützung, gesicherte Kinderbetreuung oder auch die Unterbringung in einer Mutter-Kind-Einrichtung nicht ausreichend sind oder gar nicht erst infrage kommen, kann die Adoption des Kindes durch ein anderes Elternpaar eine sinnvolle Lösung sein. Die Entscheidung einer Frau oder eines Paares, ihr Kind zwar auf die Welt zu bringen und ihm die Chance auf das Leben zu geben, gleichzeitig aber bereit zu sein, das Kind für immer in eine andere Familie zu geben, ist ihnen hoch anzurechnen, denn sie beweist großes Verantwortungsbewusstsein. Eine solche Entscheidung ermöglicht einem Kind das Aufwachsen in der Geborgenheit einer neuen Familie mit festen Bezugspersonen. Da die Einwilligung in die Adoption eine endgültige Entscheidung ist, sollte sie auf jeden Fall gut überlegt sein. Lassen Sie sich bei der Adoptionsvermittlungsstelle des zuständigen Jugendamtes oder eines anderen Trägers beraten und lassen Sie sich vor allem genug Zeit für Ihre Entscheidung. © Kathrin Pienaar / Pixabay.com 13
Leibliche Eltern haben keinerlei Rechte mehr. Was bedeutet Adoption? Bei der Adoption eines fremden Kindes ändert sich die gesamte rechtliche Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern grundlegend und unwiderruflich. Die verwandtschaftlichen Beziehungen sowie die Unterhalts- und Erbansprüche des Kindes zu den leiblichen Eltern und Verwandten erlöschen vollständig; es wird rechtlich zum Kind der Adoptiveltern. Das Kind erhält den Familiennamen der Adoptiveltern, manchmal auch einen neuen oder zusätzlichen Vornamen. In der Geburtsurkunde, die neu ausgestellt wird, werden die Adoptiveltern als Eltern eingetragen. Das Kind wird vollständig in seine neue Familie und Verwandtschaft integriert. Adoptionen erfolgen häufig „inkognito“. Das bedeutet, dass die leiblichen Eltern weder den Namen noch den Wohnort der Adoptiveltern erfahren. Möglich ist auch die offene Adoption. Bei dieser Form der Adoption werden Informationen über die Vermittlungsstelle ausgetauscht. Oft bestehen auch persönliche Kontakte zwischen den leiblichen Eltern und der Adoptivfamilie. Eine Adoption bedeutet für die leiblichen Eltern eine endgültige und oft schmerzliche Trennung von ihrem Kind. Sobald deren notarielle Einwilligung zur Adoption beim Gericht eingegangen ist, kann sie nicht mehr widerrufen werden. Ab diesem Zeitpunkt ruhen die elterliche Sorge, das Umgangsrecht mit dem Kind und die Unterhaltspflicht. 14
Kind gibt Aufschluss über Das Gespräch mit Ihrem Sprachentwicklung und Sozialverhalten. Zeit für die U7a Die U7a findet in einer wichtigen Entwicklungsphase statt. Ihr Kind kommt spätestens jetzt in den Kindergarten. Bei der Untersuchung wird deshalb unter anderem auch festgestellt, ob Ihr Kind sprachlich gut entwickelt ist und es Aufforderungen verstehen und sich altersgerecht ausdrücken kann. Wie bei jeder Vorsorgeuntersuchung wird Ihr Kind wieder gewogen und gemessen, und seine inneren Organe werden abgehört und abgetastet. Schwerpunkte bei der Untersuchung sind dieses Mal unter anderem das Gewicht, die Sehfähigkeit, Zahn- und Kieferstellung und das Wirbelsäulenwachstum. Im Gespräch mit Ihnen werden sich Arzt oder Ärztin danach erkundigen, ob es in der Entwicklung oder im Verhalten Ihres Kindes Auffälligkeiten gibt, die Ihnen Sorgen machen: Schläft es gut in der Nacht? Ist es zur Zeit ungewöhnlich nervös oder ängstlich? Neben dem körperlichen © ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt Wohlbefinden soll schließlich sichergestellt sein, dass es Ihrem Kind auch seelisch gutgeht. Im Gespräch mit Ihrem Kind macht sich der Arzt schließlich ein Bild von seinem geistigen Entwicklungsstand. Dabei stellt er zum Beispiel fest, ob Ihr Kind schon Drei- bis Fünfwortsätze bilden kann, ob es die Körperteile kennt („Zeig mir doch mal deine Nase!“) und ob es seinen Vornamen weiß. Sollte Ihr Kind etwas entwicklungsverzögert sein, wird die Ärztin mit Ihnen die geeigneten Therapie- und Fördermaßnahmen besprechen. Nehmen Sie auch zu diesem Untersuchungstermin wieder das Impfbuch Ihres Kindes mit, damit die nötigen Impfungen gemacht und eingetragen werden können. 15
D FSC www.'9c.org Bayerisches Staatsministerium für Famil ie, Arbeit und Sozia les MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC• C108626 ClimatePartner0 klimaneutral DruckllD:10822-1408-1001 B A Y E R I S C H E S L A N D E S J U G E N D A M T Weitere Informationen: Die Elternbriefe können Sie auch online lesen, herunterladen oder als Newsletter abonnieren: beim Online-Ratgeber „BAER“, www.baer.bayern.de, des Bayerischen Landesjugendamtes. Dort finden Sie auch weitere ausführliche Informationen zu vielen der hier genannten Themen. Bei Ehe- und Beziehungs- und Familienproblemen sind die Beratungsstellen für Ehe-, Familien- und Lebensfragen Ansprechpartner. Bei Problemen mit Trennung und Scheidung, insbesondere das Umgangsrecht betreffend, helfen gerichtsnahe Beratungsstellen bei Trennung und Scheidung, das zuständige Jugendamt, Ehe-, Familien und Lebensberatungsstellen sowie Erziehungsberatungsstellen. Auch die Familienbildungsstätten haben die Themen Partnerschaft und Ehe sowie Trennung und Scheidung in ihren Programmen: www.familienbildung-by.de Weitere Informationen zur Adoption finden Sie bei der Adoptionsvermittlungsstelle Ihres zuständigen Jugendamtes. Im nächsten Elternbrief: – Das Fragealter – Lernen im Kindergarten – alles anders, alles neu – Das sagt man nicht – schlimme Wörter – Zeit der Infekte – Gesunde Ernährung – Arbeitsteilung in der Familie – Allein erziehen Die Elternbriefe werden gefördert durch: 14 Herausgegeben vom Zentrum Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) V.i.S.d.P.: Hans Reinfelder Postanschrift: Postfach 400260 80702 München www.blja.bayern.de Überreicht durch Ihr Jugendamt Illustrationen: Birgit Baude, München – Druck: MKL Druck © Bayerisches Landesjugendamt, Stand: Januar 2022 ISBN 3-935960-23-9 Artikelnummer: 10202114
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